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14
09
2016

Der Afrika-Express rollt beim Alsterlauf mit Deutschere Meisterschaft ©Wilfried Raatz/ wus-media

Deutsche 1o km-Meisterschaften/ 27. BARMER GEK Alsterlauf Hamburg – Florian Orth gewinnt Straßen-DM und redet Klartext – Wilfried Raatz berichtet

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+ Vergoldetes Straßendebüt für den 5000 m-Olympiastarter in zu dem einer Klassezeit von 28:59 Minuten
+ Diskussion um die Zulassung von ausländischen Athleten im Trikot von deutschen Vereinen bei Deutschen Meisterschaften und Integrierung von Meisterschaften in einen großen Stadtlauf entbrannt
+ Melat Yisak Kejeta gewinnt Frauentitel vor Melina Tränkle und Jana Sussmann
+ Mannschaftssiege an die LG Telis Finanz Regensburg (Männer) und Lauf-Team Haspa Marathon Hamburg (Frauen)
+ Beim starken U23-Nachwuchs gewinnt Amanal Petros vor den LG Telis Finanz-Athleten Tobias Blum und Tim Ramdane Cherif – Inga Hundeborn bei den U23-Läuferinnen vorne
+ Neue Streckenrekorde beim Alsterlauf durch Kalipus Lomwai (28:15) und Antonia Kwambai (31:52)

Mit leichten Misstönen wurde die Siegerehrung im Jacobikirchhof zwischen den beiden Startpunkten Mönkebergstraße und Steinstraße begleitet.

Dem aufmerksamen Beobachter dürfte es nicht entgangen sein, dass die ausschließlich aus Ostafrika stammenden Laufperlen die ausgelobten Prämien kassierten, die deutschen Läufer im gebührenden Abstand dahinter für die Ehre und die bereitliegenden Medaillen im Wert von vielleicht zwei, drei Euro Einkaufspreis liefen.

Der Beifall für die pfeilschnellen kenianischen Sieger Kalipus Lomwai und Antonia Kwambai hielt sich in der Tat in Grenzen, auch wenn diese mit 28:15 bzw. 31:52 Minuten zwei neue, absolut vorzeigbare Streckenrekorde auf dem Rundlauf um die Außenalster schafften.

In den Managergruppen der Hempels, Abmayrs, Chalgoums, Krejcis und Sochanskis hatte es sich längst herumgesprochen, dass der Alsterlauf eine schnelle, AIMS zertifizierte Strecke hat, dementsprechend groß war der Andrang unter den sogenannten Topathleten. Wenn man die Startlisten durchliest, dann kommt man ohne Wenn und Aber auf rund 30 Athleten aus Ostafrika, die dem Feld des 27. Alsterlaufs den Stempel aufdrückten.

Eingerechnet auch diejenigen, die inzwischen für deutsche Vereine starten und in entscheidendem Maße den Takt im Kampf um die Medaillen maßgeblich bestimmten.

Karsten Schölermann, Veranstaltungsleiter vor ausrichtenden BMS Sportrveranstaltungs GbR, hatte als Moderator auf der Bühne einen wahrlichen Spagat zu leisten, denn „sein Alsterlauf“ ist längst eine absolute Größe in der deutschen 10 km-Lauflandschaft geworden, andererseits musste er den Leistungen der besten deutschen Läufer aller Altersklassen Beifall zollen, denn mit 726 Nennungen zeigte sich Hamburg als absoluter Magnet zum Saisonende bzw. vor den großen Herbstmarathonläufen.

Mit 5492 Meldungen total hat der Alsterlauf einen Quantensprung geschafft („Darauf bin ich mächtig stolz!“) – und dies auf der Trainingsstrecke vieler Hamburger. Klar, dass man mit der Mönkebergstraße und der Steinstraße gleich zwei Startkorridore schaffen musste, um dem Riesenandrang einigermaßen gerecht zu werden, trotz Brutto- und Nettozeit.

Und Schölermann musste sich zudem für einen Lapsus entschuldigen, denn im Trubel um den neuen Streckenrekord von Kalipus Lomwai hatte er als Zielmoderator am Ballindamm den als Gesamtachten einlaufenden Florian Orth als deutschen Meister 2016 schlichtweg übersehen.

Der inzwischen als Zahnarzt praktizierende 27jährige Regensburger nahm artig die Entschuldigung und die Glückwünsche für den Meistertitel entgegen, hatte aber mit einem aufrichtigen Statement vielen der im Spitzenbereich platzierten Meisterschaftsläufer aus dem Herzen gesprochen: „Für mich ist dies eigentlich keine Deutsche Meisterschaft, wenn vorne so ein Elitefeld Tempo macht. Das verzerrt den Wettbewerb!“

Musste aber zugleich zugeben, dass er wohl kaum in einem separaten Wettbewerb auf eine derart schnelle Endzeit gekommen wäre. „Aus dieser Warte heraus ist dies natürlich ein Gewinn. Ich habe gar nicht gewusst, dass ich der drittschnellste Läufer bislang bei deutschen 10 km-Meisterschaften bin. Das ist schon cool!“

Übrigens, nach ersten Verlautbarungen soll es bereits für 2017 eine Neuordnung bei der Zulassung zu Deutschen Meisterschaften geben, für die künftig nur noch deutsche Staatsbürger eine Startberechtigung haben. Dies beträfe die jeweils zweitplatzierten Teams von LAC Quelle Fürth (Männer) und PSV Grün-Weiß Kassel (Frauen) bei den Mannschaftsmeisterschaften, die mit jeweils zwei Ostafrikaner in die Wertung kamen.  

Dabei musste Florian Orth mächtig Gas geben, um den deutlich vorauseilenden Amanal Petros noch einzuholen, der zwar unterwegs schon einmal fast 100 Meter enteilt war – aber im furiosen Finale ein- und überholt wurde. Im Ziel trennten beide sieben Sekunden. Im schnellen Rennen hatte der zum Hattrick nach den Meistertiteln über Halbmarathon und 10.000 m greifende Mitku Seboka keine Chance und musste deutlich zurück mit 29:20 und Rang drei zufrieden sein.

Mit 29:59 blieb lediglich noch der Vierte Tom Gröschel unter der 30-Minuten-Marke. Im störenden Gegenwind („gefühlt die gesamte Strecke“, so zahlreiche Läufer) wurde Tobias Blum Fünfter und U23-Zweiter vor einem weiteren Äthiopier Getachew Erdisu Etana (im Dress des LAC Quelle Fürth), Jonas Koller und Fynn Schwiegelshohn.

Damit war allerdings auch schon die Mannschaftsmeisterschaft an die LG Telis Finanz Regensburg vergeben, für den LAC Quelle Fürth gab es Rang zwei, gefolgt vom zweiten Team der LG Telis Finanz. Mit den Youngstern Blum, Koller und dem nach seinem Überraschungssieg beim Bietigheimer Silvesterlauf wegen eines Ermüdungsbruchs lange pausierenden Simon Boch gab es zudem U23-Gold.

Bei den Frauen wähnte sich zunächst Melina Tränkle auf Platz 12 des Gesamteinlaufes als neue 10 km-Meisterin, bis die für den PSV Grün-Weiß Kassel startende Äthiopierin Melat Yisak Kejeta als DM-Teilnehmerin ausgeguckt war, die mit 33:19 Minuten satte 55 Sekunden vor der Karlsruher Läuferin inmitten einer ostafrikanischen Phalanx im Ziel war.

Ein starkes Rennen gelang zum Saisonabschluss Jana Sussmann, die den Wechsel vom Hindernisrennen beim ISTAF zum schnellen Straßenasphalt offenbar bestens meisterte und mit 34:23 die Bronzemedaille gewann. Sie legte zudem auch den Grundstock für den allgemein erwarteten Sieg beim Heimspiel an der Außenalster für das Lauf-Team Haspa Marathon, für das zudem die Sechste Agata Strausa (34:55) und die Neunte Mona Stockhecke (35:04) punktete.

Während die Kolleginnen in die wohlverdiente Regeneration gehen, steht für Mona Stockhecke das Hauptereignis an. „Ich bin noch unentschieden, ob ich in Berlin oder wieder in Frankfurt meinen Herbstmarathon laufen werde“, äußerte sie sich zumindest öffentlich noch unentschlossen.

„Ich wäre gerne Dritte geworden“, ärgerte sich zunächst die Viertplatzierte Laura Hottenrott, „zumindest ist es aber eine Straßenbestzeit!“ Die Zweite der 10.000 m-Meisterschaften wird in den nächsten Tagen nach Abschluss ihres US-Aufenthalts ihr Studium in Köln fortsetzen. Zufrieden aber auch Fabienne Amrhein, der als Siebte mit 34:56 Minuten ein versöhnlicher Abschluss gelang.

Schnellste Mastersläuferin im Feld der 231 Meisterschaftsläuferinnen wurde Christl Dörschl (W40/ 35:47) vor Julia Galuschka (W35/ 35:57) und Simone Raatz (W40/ 36:34). Bei den Männern waren dies übrigens der HSV-Läufer Mourad Bekakcha (M35/ 31:35), gefolgt von Fabian Borggrefe (M40/ 31:36) und Georg Diettrich (M45/ 31:42).    

Wilfried Raatz

    

author: GRR

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