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06
11
2008

Auf der Gala hat sie gute Chancen, als Behinderten-Sportlerin des Jahres ausgezeichnet zu werden.

Der Sport lässt sie nicht los – Leichtathletin Marianne Buggenhagen hat ihre Karriere bei den Paralympics in Peking beendet – eigentlich – Annette Kögel im Tagesspiegel

By GRR 0

Berlin/Bernau – Auch Behindertenleistungssportler beherrschen die Rolle rückwärts. Eigentlich hatte sich Marianne Buggenhagen bei den Paralympics in Peking mit Bronze im Kugelstoßen und Gold im Diskuswerfen von der Leistungssportlerkarriere verabschiedet. Jetzt hat sich die 55-jährige Leichtathletin aus Bernau vom SC Berlin das noch einmal genauer überlegt. „Einmal Sportler, immer Sportler“, sagt Buggenhagen lächelnd.

„Ich trainiere zwar nicht mehr nach Plan auf Wettkämpfe. Aber wenn die Leistung stimmt, kann ich mir vorstellen, noch mal bei Weltmeisterschaften anzutreten.“ Wie sagte ein Schüler kürzlich zu ihr? „Meine Oma ist genauso alt wie du, aber bei ihr kann ich mir überhaupt nicht vorstellen, dass sie es schaffen würde, bei den Paralympics mitzumachen.“ Ob Oma oder nicht – sie will es jetzt noch mal wissen.

Neunmal Paralympics-Gold, 46 Medaillen insgesamt, und dann der letzte Auftritt in Peking im mit fast 90 000 Zuschauern voll besetzten Nationalstadion – eigentlich hätte es keinen würdigeren Abschied geben können. „Wenn es am schönsten ist, sollte man aufhören“, hat die infolge einer Krankheit seit 1976 mit dem Rollstuhl lebende Ikone des paralympischen Sports in China gesagt. Doch offenbar kann es immer noch schöner werden – auch wenn es sich Buggenhagen jetzt schon mal erlaubt, „das Training ausnahmsweise zu schwänzen“.

Das passiert aber selten, denn die Athletin dreht gerade noch mal richtig auf. Sie arbeitet als Rehabilitationstherapeutin im Klinikum Buch, stundenweise, „in der Früh-Reha mit Amputierten, Schädel-Hirn-Trauma- und Schlaganfall-Patienten“. Mit ihnen übt sie etwa, wie man sich vom Rollstuhl aufs Bett umsetzt. Die gelernte Krankenschwester spielt jetzt auch Rollstuhlbasketball, „just for fun“. Außerdem will sie ihren Übungsleiterschein auffrischen. Dann wäre da noch der Sportunterricht, den sie nicht nur in den nach ihr benannten Marianne-Buggenhagen-Schulen in Sachsen-Anhalt und in Berlin-Pankow auf Anfrage gibt. „Ich bin gern in Integrationsschulen mit vielen Ausländern“, sagt sie. Wenn dann coole Jungs sich erst auf keinen Fall zum Einfühlen in einen Rollstuhl setzen wollen – und nachher gar nicht mehr herauszubekommen sind.

Für ihr Engagement während ihrer Karriere bekam Buggenhagen vor ein paar Tagen von Bundessportminister Wolfgang Schäuble in Düsseldorf den Preis für Toleranz und Fairplay überreicht. Die nächste Ehrung könnte sie bei der Paralympics-Gala „Nacht der Stars“ am 11. November in Berlin ereilen. Wie vergangenes Jahr will auch Angela Merkel als Schirmherrin des Förderkreises Behindertensport wieder zur Benefiz-Gala kommen: „Ich habe die Kanzlerin noch nie so locker erlebt wie da.“ Vielleicht wird sie Frau Merkel ihren Missmut über das „ungerechte Punktesystem“ bei den Paralympics-Startklassen schildern.

Auf der Gala hat sie gute Chancen, als Behinderten-Sportlerin des Jahres ausgezeichnet zu werden. „Ich fände es aber besser, wenn bei der Wahl nicht zwischen Nichtbehinderten und Behinderten unterschieden würde“, sagt sie. So wie noch 1994. Damals war Marianne Buggenhagen Sportlerin des Jahres – vor Steffi Graf und Franziska von Almsick.

Karten für die Benefiz-Paralympics-Gala (400 Euro) unter 330 99 8941.

Annette Kögel im Tagesspiegel, Donnerstag, dem 6. November 2008

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