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06
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2009

Franka Dietzsch aus Neubrandenburg, geboren in Wolgast, ist dreimalige Weltmeisterin, sie ist eine große Sportlerin. Den letzten Weltmeistertitel gewann sie als 39-Jährige 2007 in Osaka.

Der letzte Wurf – Die ehemalige Weltmeisterin Franka Dietzsch beendet heute in Elstal ihre Karriere. Frank Bachner im Tagesspiegel

By GRR 0

Erst heulten die anderen los, erzählt Franka Dietzsch, dann erst heulte sie auch. Als ob das einen Unterschied gemacht hätte, wer zuerst in Tränen ausbricht, ihre Gegnerinnen oder die dreimalige Weltmeisterin. War doch klar, dass sie am Ende alle heulen würden. Irgendwo da hinten auf dem Rasen lag der Diskus, den Franka Dietzsch geworfen hatte, 58,20 Meter, aber das interessierte keinen so richtig hier in Köstritz.

Franka Dietzsch hatte gerade zum letzten Mal einen Diskus geworfen, wirklich zum letzten Mal, deshalb heulten alle. Und Nadine Müller aus Halle an der Saale, die Siegerin vor Dietzsch, hatte als eine der ersten damit angefangen. Das Köstritzer Werfer-Meeting hatte seinen großen Moment. Es war Sonntag, 30. August. Seitdem ist Franka Dietzsch keine Diskuswerferin mehr.

Heute wird sie noch in Elstal, beim DKB-Cup-Finale im Olympischen Dorf von 1936, offiziell verabschiedet. Sie wird noch ein bisschen Diskus-Zielwerfen machen, aber das ist Show für die Fans. Sie wird vermutlich nicht mehr weinen.

Irgendwie gehört sich das ja nicht für eine 41-Jährige, so empfindet das Franka Dietzsch jedenfalls. Heute wird sie wieder als Frau auftreten, die schon länger die Mutter ihrer Gegnerinnen hätte sein können. Die abgeklärte Athletin, das ist die eine Rolle der Franka Dietzsch. Die andere ist die Frau, die sich anstecken lässt von der Unbekümmertheit und Lockerheit der Jungen.

Vermutlich hat sie einerseits tatsächlich so gefühlt, andererseits hat sie diese emotionale Nähe zu den Jüngeren bewusst entwickelt, damit sie überhaupt noch werfen konnte. Wenn sie sich nur noch als Oldie empfunden hätte, der in den Ring steigt, um die eigene Größe zu konservieren, dann hätte sie bald aufgeben müssen.

Franka Dietzsch aus Neubrandenburg, geboren in Wolgast, ist dreimalige Weltmeisterin, sie ist eine große Sportlerin. Den letzten Weltmeistertitel gewann sie als 39-Jährige 2007 in Osaka. Sie spürte genau, wie viele Beobachter sich fragten, was diese Frau noch im Ring wollte. Sie wollte noch mal eine Medaille bei der Weltmeisterschaft im August in Berlin. Sie überstand nicht mal die Qualifikation. Danach sagte sie: „Ich bin froh, dass es vorbei ist.“

Franka Dietzsch ist immer auch eine weiche, sensible Athletin gewesen. Im Leistungszentrum Kienbaum redete sie eine Woche vor der Weltmeisterschaft über die schönen Momente ihrer Karriere. „2007 durfte ich Frau Merkel kennenlernen“, sagte sie. Frau Merkel ist immerhin Bundeskanzlerin, das ging ja noch. Aber dann erzählte die dreimalige Weltmeisterin auch noch, dass sie „Fabian Hambüchen kennenlernen durfte“. Kunstturner Hambüchen ist 20 Jahre jünger als sie.

In diesem Moment war sie nicht mehr so furchtbar weit von jenem Bild entfernt, von dem sie auch erzählt: Wie die 13-jährige Franka ein halbes Jahr lang nur heulte, weil sie auf dem Sportinternat so großes Heimweh hat. Und wie sie ihrem ersten Trainer gesagt hätte: „Du spinnst wohl.“ Wenn dieser ihr prophezeit hätte: „Du wirst mal eine ganz Große.“ In Wirklichkeit hätte die kleine Franka „Sie“ gesagt und vermutlich nur ungläubig geblickt.

Sie sagt ja auch heute noch „Sie“ zu Dieter Kollark, ihrem Trainer. Seit 18 Jahren arbeiten sie zusammen, aber das „Sie“ ist für Dietzsch eine Frage des Respekts. Kollark hatte sie an die Weltspitze geführt. Begriffe wie Dankbarkeit und Respekt waren für die Sportlerin Dietzsch immer von großer Bedeutung.

Den Respekt, den sie anderen zollte, den erwartete sie auch für sich. Deshalb fühlte sie sich so verletzt, als sie merkte, dass ihre Medaillen lange diesen Anschein von Second-Hand-Ware hatten. Stets strahlten die Medaillen ihrer Kolleginnen für Medien und Sponsoren heller als die der Franka Dietzsch. Die bündelte ihre Enttäuschung irgendwann mal in dem Satz: „Ich leiste genauso viel wie andere, aber die werden mehr beachtet.“

Franka Dietzsch setzte ihre Karriere auch fort, um endlich aus dem Schatten der anderen zu kommen. Die anderen sind irgendwann abgetreten, sie war noch da. Und mit ihren WM-Titeln von 2005 und 2007 rechtfertigte sie ihr Durchhalten.

Sie hat inzwischen den Respekt erhalten, den sie sich immer gewünscht hat, jetzt kann sie problemlos andere anerkennen. Den jungen Kugelstoßer David Storl, von Experten als deutsches Jahrhunderttalent gelobt, hat Franka Dietzsch ins Herz geschlossen. „Du bist eine Granate“, hat sie zu ihm gesagt. Sie meinte seine Lockerheit und seine Unbekümmertheit.

Im Frühjahr waren die beiden gemeinsam in Bulgarien im Trainingslager. Franka Dietzsch ließ sich dort von ihm ein Autogramm geben. „Vorsorglich“, sagt sie.

Frank Bachner, Der Tagesspiegel, Sonntag, dem 06. September 2009 

Franka Dietzsch

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

 

Medaillenspiegel
 
 
DDR DDR, Deutschland Deutschland
Weltmeisterschaften
Gold 1999 Sevilla 68,14 m
Gold 2005 Helsinki 66,56 m
Gold 2007 Ōsaka 66,61 m
Europameisterschaft
Gold 1998 Budapest 67.49 m
Silber 2006 Göteborg 64,35 m
Junioren Weltmeisterschaften
Gold 1986 Athen  

Franka Dietzsch (* 22. Januar 1968 in Wolgast, Bezirk Rostock) ist eine deutsche Diskuswerferin, die dreimal Weltmeisterin wurde.

 

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Sportliche Laufbahn 

Franka Dietzsch wuchs in Koserow auf Usedom auf, wo sie bis 1981 bei der örtlichen Armeesportgemeinschaft trainierte. Anschließend besuchte sie die Kinder- und Jugendsportschule in Rostock und startete bis 1990 für den SC Empor Rostock.

Ihr erster internationaler Erfolg war der zweite Platz bei den Junioren-Weltmeisterschaften 1986 im Diskuswerfen. Dort musste sie sich im Trikot der DDR nur ihrer Mannschaftskameradin Ilke Wyludda geschlagen geben. Danach gelangen ihr angesichts der Dominanz anderer DDR-Diskuswerferinnen jahrelang keine Erfolge bei internationalen Höhepunkten. An den Olympischen Spielen 1992 und an den Weltmeisterschaften 1991 und der WM 1993 nahm sie teil, ohne eine vordere Platzierung zu erreichen. Bei der WM 1995 belegte sie Rang sieben.

Ihre großen Erfolgen folgten erst wieder Ende der 1990er Jahre. Von 1997 bis 2001 wurde sie stets Deutsche Meisterin. Ihren ersten internationalen Titel auf der Seniorenebene fuhr sie bei der Europameisterschaft 1998 in Budapest ein. Außerdem wurde sie 1998 Weltcup-Siegerin.

Der große Karrieresprung folgte schließlich im Jahr 1999. In Wiesbaden stellte sie am 8. Mai mit 69,51 Metern ihre persönliche Bestmarke auf, und bei der Weltmeisterschaft in Sevilla holte sie Gold. Bei den Olympischen Spielen 2000 und den Spielen 2004, sowie bei den Weltmeisterschaften 2001 in Edmonton und 2003 in Paris kam sie nicht in die Medaillenränge.

Der nächste internationale Titel folgte 2005, als sie bei der Weltmeisterschaft in Helsinki überlegen gewann. Sie erzielte eine Weite von 66,56 Metern. Auch mit vier von ihren fünf weiteren Würfen hätte sie die Silber- und Bronzemedaillengewinnerinnen Natalja Sadowa (RUS) und Věra Pospíšilová-Cechlová (CZE) geschlagen.

Auch bei der Europameisterschaft 2006 in Göteborg war sie als Favoritin angetreten, gewann dann aber mit einer Weite von 64,35 Metern die Silbermedaille.

Bei der Weltmeisterschaft 2007 in Ōsaka erzielte sie bereits mit dem ersten Wurf die Siegesweite von 66,61 Metern und gewann damit ihren dritten Weltmeistertitel. Zweite wurde Darja Pischtschalnikowa (RUS) mit geworfenen 65,78 Metern, Dritte die Kubanerin Yarelis Barrios (63,90 m).

2008 sagte sie zwei Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking ihre Teilnahme ab. Nach gesundheitlichen Problemen zu Beginn des Jahres schätzte sie ihre Form als zu schlecht ein, um die Endrunde zu erreichen.[1]

Bei der Weltmeisterschaft 2009 in Berlin scheiterte sie als 23. mit 58,44 Metern in der Qualifikation und will nun ihre Laufbahn beenden.

Franka Dietzsch wechselte 1990, als nach dem Ende der DDR ihr Rostocker Trainer Achim Müller entlassen wurde, vom SC Empor Rostock zum SC Neubrandenburg. Dort ist Dieter Kollark ihr Trainer. Den offiziellen Wettkampfangaben zur Folge ist sie 1,83 Meter groß und 92 kg schwer.

Erfolge  

Auszeichnungen 

Quelle: IAAF

Dietzsch Franka GER

Sex Weight Height Date of Birth Place of birth
W 92.00 1.83 22/01/1968 Wolgast
Information
At discus won European Championships 1998; 2nd at GP 1998 and at European Cup 1997; 3rd at ECp 1999. National Championships: 2003-2006 (1st, Discus Throw)
Personal Best – Outdoor
Performance Wind Place Date
Shot Put 15.02     01/01/1985
Discus Throw 69.51   Wiesbaden 08/05/1999
Progression – Outdoor
Season Performance Wind Place Date
Shot Put 1985 15.02     01/01/1985
Discus Throw 2009 62.50   Schönebeck 17/06/2009
  2008 59.47   Versmold 17/05/2008
  2007 68.06   Halle 19/05/2007
  2006 68.51   Schönebeck 16/06/2006
  2005 66.56   Helsinki 11/08/2005
  2004 66.12   Halle 03/08/2004
  2003 66.00   Réthimno 06/07/2003
  2002 64.12   Halle 11/05/2002
  2001 65.87   Calgary 30/07/2001
  2000 68.06   Hanía 14/06/2000
  1999 69.51   Wiesbaden 08/05/1999
  1998 68.91   Stendal 30/08/1998
  1997 67.66   Wiesbaden 03/05/1997
  1996 66.66   Wiesbaden 04/05/1996
  1995 62.26   Duisburg 18/06/1995
  1994 62.76   Chemnitz 18/06/1994
  1993 62.06   Stuttgart 19/08/1993
  1992 64.64   Duisburg 07/06/1992
  1991 61.22   Neubrandenburg 16/06/1991
  1990 67.42   Rostock 27/05/1990
  1989 68.26   Neubrandenburg 23/06/1989
  1988 65.56   Berlin 13/09/1988
  1987 66.34   Saint-Denis 11/06/1987
  1986 64.34   Neubrandenburg 03/05/1986
  1985 56.94   Pitesti 04/08/1985

Honours

Rank Performance Wind Place Date
Discus Throw
12th IAAF World Championships in Athletics   12 q 58.44   Berlin 19/08/2009
5th IAAF World Athletics Final   1 f 62.58   Stuttgart 23/09/2007
11th IAAF World Championships in Athletics   1 f 66.61   Osaka 29/08/2007
7th European Cup Winter Throwing   1 c 66.14   Yalta 18/03/2007
10th IAAF World Cup   1 f 66.07   Athína (Olympic Stadium) 16/09/2006
4th IAAF World Athletics Final   1 f 64.73   Stuttgart 10/09/2006
19th European Athletics Championships   2 f 64.35   Göteborg 10/08/2006
27th SPAR European Cup Super League   1 f 65.54   Malaga 28/06/2006
3rd IAAF World Athletics Final   2 f 61.91   Monaco 10/09/2005
10th IAAF World Championships in Athletics   1 f 66.56   Helsinki 11/08/2005
SPAR European Cup   1 f 64.38   Firenze 17/06/2005
2nd IAAF World Athletics Final   7 f 61.48   Monaco 19/09/2004
28th Olympic Games   14 q 58.12   Athína (Olympic Stadium) 20/08/2004
SPAR European Cup   2 f 61.42   Bydgoszcz 19/06/2004
1st IAAF World Athletics Final   6 f 61.88   Monaco 14/09/2003
9th IAAF World Championships in Athletics   5 q 59.77   Paris Saint-Denis 23/08/2003
SPAR European Cup   4 f 60.67   Firenze 21/06/2003
8th IAAF World Championships   4 f 65.38   Edmonton 11/08/2001
IAAF Grand Prix Final   1 f 65.41   Doha 05/10/2000
27th Olympic Games   6 f 63.18   Sydney 27/09/2000
7th IAAF World Championships in Athletics   1 f 68.14   Sevilla 23/08/1999
8th IAAF World Cup in Athetics   1 f 67.07   Johannesburg 13/09/1998
IAAF Golden League/Grand Prix Final   2 f 65.24   Moskva 05/09/1998
5th IAAF World Championships in Athletics   7 f 61.28   Göteborg 12/08/1995
4th IAAF World Championships in Athletics   8 f 62.06   Stuttgart 19/08/1993
3rd IAAF World Championships in Athletics   6 q 59.16   Tokyo 29/08/1991
1st IAAF World Junior Championships   2 f 60.26   Athína 20/07/1986

 

author: GRR

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