Burkhard Farnschläder ©:anlauf Siegen
Der Hobbyläufer des Jahres 2015: Burkhard Farnschläder
Den meisten von uns war die Krankheit Mukoviszidose bis dahin gänzlich unbekannt und über Burkhard erfuhren wir, was es bedeutet, davon betroffen zu sein. Mukoviszidose ist eine angeborene und bis heute unheilbare Stoffwechselkrankheit, rund 8.000 Menschen leben damit in Deutschland. Wichtigste Kennzeichen sind: chronischer Husten, schwere Lungenentzündungen, Verdauungsstörungen und Untergewicht. Nicht gerade die besten Voraussetzungen für einen Marathonläufer.
Als Kind wurde Burkhard eine Lebenserwartung von höchsten 20 Jahren vorausgesagt und auch heute spricht man in der Fachliteratur immer noch von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Dank des medizinischen Fortschritts hat sich aber in den vergangenen zwei Jahrzehnten vieles zum Positiven entwickeln. Und auch Burkhard bzw. seine Eltern haben wohl einiges instinktiv richtig gemacht: Burkhard hat immer gern Sport getrieben und begann mit der Blasmusik.
Burkhard ist, wie er selbst immer wieder betont, eine Ausnahme unter den an Mukoviszidose – Erkrankten, aber eines ist allen Betroffenen gemeinsam: Ihr Alltag wird von sehr aufwendigen therapeutischen Maßnahmen bestimmt: 3 x am Tag inhalieren, regelmäßige physiotherapeutische Behandlung, lebenslange Medikamenteneinnahme, Krankenhausaufenthalte, Kurmaßnahmen, hochkalorische Nahrung usw. Bei einem gemeinsamen Laufurlaub 2005, dachten wir, Burkhard hätte eine mobile Apotheke dabei. Für die meisten aus der großen Laufgemeinde, in der es sehr viel um gesunde Ernährung und Naturmedizin geht, eher schwer vorstellbar, mit diesen Voraussetzungen regelmäßig zu trainieren, geschweige denn einen Marathon zu laufen.
Doch Burkhard schaffte es, denn neben dem ganz persönlichen Ehrgeiz hatte er natürlich auch Talent und war trainingsfleißig. Den ersten Marathon lief Burkhard dann auch im Herbst 2004 in Köln, betreut und begleitet von meiner Frau Renate, in 3.51 Stunden. Eine großartige Leistung und mir ist nicht bekannt, dass ein weiterer an Mukoviszidose Erkrankter bisher schneller war.
Aber natürlich ging es damals nicht um Zeiten und Rekorde, und auch für Burkhard war etwas anderes wichtig: Im Gegensatz zu Zeiten seiner Kindheit rieten die Ärzte vor über 10 Jahren zwar nicht mehr vom Sport ab, aber über die Wirkung von Ausdauersport für Mukoviszidose-Erkrankte gab es keinerlei Erfahrungen. In diesem Sinne hat Burkhards erster Marathon 2004 auch in der medizinischen Fachwelt für Furore gesorgt.
Maßgeblich motivierend für Burkhard weiteres Engagement war jedoch, dass er viel Zuspruch erhielt, Diskussionen in Gang setzte und merkte, dass seine sportlichen Aktivitäten Menschen mit chronischen Krankheiten Mut macht. Burkhard zeigte und zeigt anderen Betroffenen, was möglich ist, wenn man sich was traut. Vor allem hat er in den letzten 10 Jahren aber auch einen wichtigen Beitrag dazu geleistet, dass Eltern ihre an Mukoviszidose erkrankten Kinder nicht mit falsch verstandener Fürsorge schonen, sondern ihre Sport- und Freizeitaktivitäten fördern.
Seit vielen Jahren ist Burkhard bei Benefiz- und Hoffnungsläufen in Deutschland und Europa unterwegs. Burkhard ist gefragter Gast bei Konferenzen und natürlich sind auch die Medien an seiner Geschichte interessiert. Zudem ist Burkhard seit Jahren Sprecher der Mukoviszidose-Regionalgruppe Siegen. Ganz schön viel für einen von solch einer Krankheit Betroffenen.
Natürlich hat Burkhard als Sportler immer neue Ziele: In diesem Jahr ist er den Two Oceans Marathon über 56 km in Südafrika mitgelaufen. Vielleicht nimmt er sich manchmal aber auch zu viel vor, von Überforderung will ich nicht sprechen, ich erinnere mich aber an Trainingseinheiten und Läufe bei Hitze, die er selbstverständlich nicht gut vertrug und sich trotzdem verausgabte. Wie stark ist ein Körper belastbar, vor allem mit diesen Voraussetzungen? Da wurde mir manchmal Angst und Bange. Und muss es sogar ein Ironman bei 30 Grad sein? Das ist aber ein anderes Thema.
Burkhard hat in den letzten Jahren viel erreicht, war aufgrund seines Engagements oft in der Öffentlichkeit, aber eines ist er nicht: ein Selbstdarsteller. Burkhard drängt sich nie in den Vordergrund, manchmal muss man ihn sogar ein wenig schieben.
Burkhard wurde von Vertretern vom TuS Deuz, der SG Siegen-Giersberg und anlauf für diese Ehrung vorgeschlagen. Gemeinsam haben wir den "Siegener Sparkassen-Marathon mit Musik zugunsten der Mukoviszidose Regionalgruppe" durchgeführt. Burkhard war und ist auch dort multifunktional eingebunden: bei der Sponsorenaquise, als Veranstaltungssprecher, Trainer in der Vorbereitung & Webmaster der Homepage. Bei den letzten Lauftagen (es gibt 10km, HM, Marathon und Staffel) und alle Wettbewerbe sind ausdrücklich als inklusiv ausgeschrieben, starteten rund 1.000 Läuferinnen und Läufer. Mehr als 30.000,-€ kamen bisher als Spenden zusammen, noch wichtiger ist aber die Öffentlichkeitsarbeit. Schirmherrin ist übrigens Sabrina Mockenhaupt, die auch schon 2004 beim ersten Marathon Burkhards persönliche Schirmherrin war. Mit den inklusiven Lauftagen, die im nächsten Jahr am letzten Wochenende im August stattfinden, wollen wir weiter die Krankheit in die Öffentlichkeit bringen, Anstöße geben, Spenden sammeln, vor allem aber Menschen Mut machen.
Ohne Burkhards Engagement hätte sich vieles nichts so entwickelt. Viele Menschen wüssten noch nichts von Mukoviszidose, es gäbe sicher keinen Marathon mit Musik und auch für manche Läufer ohne Beeinträchtigung dient er als Vorbild. Deshalb freue ich mich sehr über die Auszeichnung für Burkhard. Es ist aber auch eine Würdigung für Viele, für die Laufen mehr bedeutet als Bestzeiten, Platzierungen und Urkunden, eine Anerkennung für alle Menschen, die mit Mukoviszidose, einer anderen chronischen Krankheit oder eine Behinderung Sport treiben und laufen. Egal ob das ein paar Minuten sind oder ein Marathon ist, sie werden genauso Ernst genommen werden, wie die Stars und Spitzenläufer.
In diesem Sinne: Inklusion ist beim Laufen mehr als ein Modewort. Burkhard und die anderen hier Anwesenden zeigen, dass Inklusion in Sportvereinen, bei Laufveranstaltungen und im Alltag möglich ist und eine Bereicherung für viele Menschen sein kann.
Vielen Dank! (Martin Hoffmann)
V.Rose