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19
04
2011

Die Rede ist einmal vom Berliner Turnplatz Hasenheide, wo vor genau 200 Jahren die öffentliche Turnbewegung von Jahn begründet wurde.

Der DOSB KOMMENTAR von Prof. Dr. Detlef Kuhlmann – Auf der Straße

By GRR 0

Jedes Jahr feiern wir Geburtstag. Im Sport auch – oftmals sind es sogar mehrere runde Gedenktage. Sie erinnern uns beiläufig an die kalendarische Wiederkehr wichtiger Ereignisse aus der Vergangenheit, die sich im Laufe der Zeit zuweilen als große Meilensteine der Sportentwicklung hierzulande, wenn nicht sogar mit weltweiter Ausstrahlung herauskristallisiert haben.

Manchmal sind solche Geburtstage auch an Geburtsorte, nämlich Plätze und Räume gebunden. In diesem Jahr gibt es beispielsweise in Berlin gleich mindestens zwei solcher Festtage. Der eine Ort ist uralt und als solcher nur noch mit seinen Spuren geografisch markiert, in Kreuzberg hinter dem Tempelhofer Feld ganz nah an Neukölln zu erkennen; der andere Sportplatz ist jüngeren Datums und als solcher immer nur stundenweise in der engeren City verfügbar.

Die Rede ist einmal vom Berliner Turnplatz Hasenheide, wo vor genau 200 Jahren die öffentliche Turnbewegung von Jahn begründet wurde. Der andere moderne Sportplatz ist das öffentliche Straßennetz, das vor genau 30 Jahren im westlichen Teil Berlins erstmals als behördlich genehmigter Laufraum mit fußläufiger Nutzung polizeilich abgesichert und somit zum wettkampfmäßigen Sporttreiben freigegeben wurde.

Hier fand am Sonntag, dem 3. Mai 1981 mit Start und Ziel am und im Olympiastadion, das übrigens in diesem Sommer genau 75 Jahre alt wird, der erste offizielle innerstädtische Straßenlauf in Deutschland statt, über die Distanz von 25 Kilometern. 3.223 Männer und Frauen waren bei der Premiere dabei, deren Initiative auf die damalige französische Schutzmacht zurückgeht.

Noch im gleichen Jahr folgten die beiden Metropolen-Marathons in Frankfurt und in Berlin. Damit nahm eine Entwicklung ihren Lauf, die bis heute Bestand hat: Irgendwo im Lande bewegen sich vorzugsweise am Wochenende fast immer Massen von Menschen durch die Innenstädte, legen für mehrere Stunden den motorisierten Straßenverkehr lahm, um freiwillig eine bestimmte Distanz (langsam) laufend in aller Öffentlichkeit zurückzulegen. Alle starten gemeinsam. Aber nicht alle kommen auch hinterher zur gleichen Zeit im Ziel an. So lässt sich ganz vereinfacht das darstellen, was man etwas geschliffener auch als „sportive Asphaltlaufkultur der Moderne" bezeichnen kann.

Fazit: Der Sport ist vor genau 30 Jahren auf die Straße gegangen. Apropos Straße – seit mindestens dieser Zeit schon ist auch immer mal wieder davon die Rede, dass der Sportverein die Menschen (vorzugsweise: die Kinder) von der Straße holt. Damit wird eine bedeutende sozialpädagogische Zuschreibung prägnant im Bild beschrieben. Dieses Bild lässt sich auch herrlich kontrastieren.

Der Sport kann nämlich beides: Er kann die Menschen von der Straße holen. Und er kann die Menschen wieder auf die Straße schicken – jedenfalls zum Laufen!

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann 

author: GRR

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