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01
02
2007

Der Brockhaus enthält natürlich schon einige Namen und sportbiografische Angaben von großen und bekannten Sportlerinnen und Sportlern aus Vergangenheit und Gegenwart, selbstverständlich auch aus der Leichtathletik und hier speziell aus dem Laufsport.

Der Brockhaus Sport. Sportarten und Regeln, Wettkämpfe und Athleten, Training und Fitness – Die Rezension von Dr. Detlef Kuhlmann in SPIRIDON

By GRR 0

Was hat „Der Brockhaus Sport“ in der Zeitschrift „spiridon“ zu suchen?
Die Frage ist berechtigt, die Antwort leicht zu geben. Sie geht in mindestens zwei Richtungen: Erstens könnte es reizvoll sein, das Wort „Spiridon“ selbst dort einmal nachzuschlagen, und zweitens muss es erlaubt sein, den neuen Brockhaus Sport aus der Sicht des Laufsports zu betrachten und zu würdigen.
Darum geht es im Wesentlichen bei der folgenden Besprechung.

Und was den Eintrag von „Spiridon“ anbelangt, lässt sich rasch vermelden, dass es diesen Begriff weder in der einen noch in der anderen Bedeutung des Wortes gibt. In einer nächsten Auflage des Brockhaus Sport wäre womöglich genau zwischen „Spinning“ und „Spitz, Mark“ dafür ein wenig Platz zu schaf-fen …

Wie muss man sich Aufbau und Inhalt der „6., völlig neu bearbeiteten Aufla-ge“ vom Brockhaus Sport überhaupt vorstellen? Es handelt sich dabei um ein nach Alphabet geordnetes Begriffslexikon mit 3.500 Stichwörtern, mit denen inhaltlich die weite Palette über „Sportarten und Regeln, Wettkämpfe und Athleten, Training und Fitness“ abgedeckt werden soll.

Dazu gibt es 400 Fotos sowie 150 Infografiken, auf denen Spielfelder, Bewegungsabläufe und Sportgeräte erläutert werden; ferner Tabellen mit Rekorden und besonderen Meisterschafts- bzw. Bestleistungen etc.
Auf Extra-Seiten, die über das gesamte Buch verteilt sind, werden sog. „Sonderartikel“ über zehn Schlüsselbegriffe aus der Welt des Sports jeweils mehrseitig referiert. Die Texte stam-men von ausgewiesenen Autoren (z.B. vom Trainingswissenschaftler Prof. Dr. Andreas Hohmann und vom Sportpsychologen Prof. Dr. Jürgen Beckmann) und beziehen sich der Reihe nach auf: Breitensport, Doping, Equipment, Fan, Fitness und Wellness, Gesundheitssport, Leistungssport, Mediensport, Sponsoring und Training.
Soweit zum Inhalt und zur Struktur des Lexikons … doch jetzt endlich zum Wortfeld Laufen:

Nimmt man dazu den Brockhaus wörtlich, dann gibt es Erklärungen zu folgenden Eintragungen: zu Lauf (z.B. allgemein, beim Bowling, Eisschnelllauf, Motorsport etc.), zur Laufbahn (nur in der Leichtathletik, nicht im Sinne von Karriere), zum Laufen (in der Gymnastik und in der Leichtathletik), zur laufenden Scheibe (im Schießsport), zur Lauffläche (beim Kegeln), zu Laufschuhe und zum Lauftraining. Wir „Läufer“ selbst (von „Läuferinnen“ ganz zu schweigen) sind dagegen ausgespart worden, denn einen Läufer gibt es lt. Brockhaus nur im Fußball (nämlich beim alten WM-System), zweitens beim Schach (nämlich als Figur) und schließlich beim Schlagball (als Spieler der Schlagpartei). Das mag vielen zunächst komisch vorkommen, aber fairerweise muss hinzufügt werden, dass es einen Handballer und einen Schwimmer ebenso wenig gibt. Das hat sicher lexikografische Gründe.
Aber:

Der Brockhaus enthält natürlich schon einige Namen und sportbiografische Angaben von großen und bekannten Sportlerinnen und Sportlern aus Vergangenheit und Gegenwart, selbstverständlich auch aus der Leichtathletik und hier speziell aus dem Laufsport.
Wie wäre es z. B. mit Waldemar Cierpinski und Haile Gebrselassie oder mit Paula Radcliffe und Paavo Nurmi? Katrin Dörre-Heinig kommt dagegen (kleiner Schönheitsfehler?) sogar als „Kathrin“ vor. Angesichts dieser Ahnengalerie, bei der insgesamt 19 Persönlichkeiten aus der Leichtathletik sogar in den sog. Infokästen präsentiert werden, ließe sich beiläufig kritisieren, warum denn außer van Aaken ebenfalls der nach dem US-amerikanischen Arzt Kenneth Cooper benannte Cooper-Test gar nicht aufgeführt wird, einmal abgesehen von bei uns gleichsam so etablierten Begriffen wie City-Marathon, Lauftreff oder Trimm-Trab, die genauso fehlen wie beispielsweise Fun-Run, Bambinilauf, Frauenlauf und Volkslauf, den es nur in der Variante als Volksskilauf gibt.
Warum wohl? Das bleibt bis auf weiteres ein Geheimnis der „Macher“ des Brockhauses, für den neben Jürgen Hotz als Projektleitung redaktionell vier Personen (Hendrik Heinz, Gabriele Klecok, Eva Stollreiter, Juliane Wulff) von „Delius Producing Berlin“ verantwortlich zeichnen.

Gleich über insgesamt vier Spalten erstreckt sich der Eintrag zum Begriff Marathonlauf, wobei auffällt, dass der Lauf „auf der Straße ausgetragen“ wird (wirklich immer?) und dass „alle 5 km Verpflegungs- und Wasserstationen für die Läufer eingerichtet“ sind (wirklich immer nur dort?).
Ein eigener Infokasten wird dem New-York-Marathon gewidmet, der offiziell eigentlich New-York-City-Marathon heißt und hier „als Schrittmacher einer Evolution“ eingestuft wird. Drei Lesetipps runden den Beitrag ab. Merkwürdig ist hierbei allerdings, dass kein klassisches (Marathon-) Trainingswerk darunter zu finden ist.

Noch einmal zurück zu den Sonderartikeln mit den Schlüsselbegriffen, die aus Sicht des Laufens alle ihre spezielle Bedeutung haben und bei dem einen oder anderen Leser besonderes Interesse wecken könnten: Beim Stichwort „Equipment“ geht es – das mag manchen sogar überraschen – auf drei von vier Seiten ausschließlich um die Laufausrüstung, und zwar am Ende mit dem Ergebnis:
„Das umfangreiche und stellenweise unüberschaubare Angebot an Ausrüstungsgegenständen erschwert für den Verbraucher die Auswahl, die vielfältigen Angebote versprechen den Herstellern lukrative Gewinne“. Was sagt uns das?
Sicher auch dies: Selbst das beste Equipment kann das Training nicht ersetzen … Apropos Training: Hier findet man u. a. die Basisinformation, dass sich im Ausdauerbereich vier Grundmethoden in der Praxis bewährt haben (die Dauermethode, die extensive und die intensive Intervallmethode sowie die Wiederholungsmethode), die je nach Zielsetzung durch Belastungsnormative wie Reizdauer, Reizdichte etc. zu unterscheiden sind.

Ein Fazit: Wer sein Sportwissen möglicherweise für einen Auftritt bei Günther Jauch („Wer wird Millionär?“) bereichern will, der wird sicher im Brockhaus Sport hier und da ganz gut fündig, sofern sich nicht sachlich Falsches oder irgendwelche Druckfehler eingeschlichen haben, was leider durchgängig der Fall ist.
Wer jedoch alles Wissenswerte über laufspezifische Termini und Entwicklungen rund um das Laufen nachlesen will, der sollte schon auf ein einschlägiges Lauf-Lexikon zurückgreifen.
Wie gut, dass es schon seit zwei Jahren das von Manfred Steffny gibt. Dort kann man dann auch nachlesen, was es mit „spiridon“ wirklich auf sich hat …

Dr. Detlef Kuhlman in SPIRIDON 2/2007

Der Brockhaus Sport.
Sportarten und Regeln, Wettkämpfe und Athleten, Training und Fitness.
6., völlig neu bearbeitete Auflage.
Leipzig und Mannheim 2007. 544 Seiten;
34,95 €.

author: GRR

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