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04
11
2006

Die Sprüche von damals: "Fürchtet Euch nicht! Dabeisein und Durchhalten! - Dem echten Crosser kommt jede Mühsal gelegen" - Heute fürchtet man sich vor der MÜHSAL!

Der Berliner Cross-Country-Lauf am Teufelsberg von 1964 – 2006 – die Geburtsstunde des Volkslaufes in Berlin und Deutschland – Horst Milde berichtet

By GRR 0

Am 8. November 1964 fand der 1. Berliner Cross-Country Lauf am Teufelsberg mit 700 LäuferInnen statt. Veranstalter war das Sportreferat der Freien Universität Berlin. Studenten der FU Berlin waren die Organisatoren, sie kopierten Crossläufe an denen sie mit der Uni  in Griechenland und Frankreich teilgenommen hatten.

Das Laufen im schwierigen Gelände – und nicht auf gefegten Waldwegen – war eine läuferische Herausforderung und wurde intensiv auch in den angelsächsischen Ländern betrieben. Neu war allerdings der Gedanke in Berlin beim geplanten Cross-Country-Lauf nicht nur Läufer aus Vereinen zuzulassen, sondern die Bevölkerung zum Mitmachen einzuladen.

Dieser Gedanke war allerdings so neu und mit den Bestimmungen nicht vereinbar, daß der Fachverband den Lauf Vereinen nicht erlaubte – aber die Studenten des Sportreferates der FU Berlin, mit Horst Milde und "Ete" Lehmann, dem Sportreferenten, an der Spitze, hatten eh einen „Jagdschein“ und konnten einfach ihre Ideen umsetzen.

Sensation mit 700 Teilnehmern

Waren sonst Teilnehmerfelder von 50 – 70 Läufern die Norm bei Waldläufen, so war es eine Sensation, als plötzlich im Grunewald 700 Teilnehmer an 3 Wettbewerben am Start waren. Es gab einen „Cross der Asse“ über 9,9 km für Vereinsläufer, einen sog. „Volkslauf“ für Jedermann über 4,9 km und einen Jugendlauf über 2,5 km – ein Lauf für Frauen war noch nicht vorgesehen (erst 1966 gab es auch einen Lauf für Frauen). Mit markigen Sprüchen, wie: “Dem echten Crosser kommt jede Mühsal gelegen“ oder „Fürchtet Euch nicht! Dabeisein und durchhalten"! wurde überall geworben – und die Teilnehmerzahlen gaben den Veranstaltern recht. Als Belohnung für die Laufqual im Gelände gab es im Ziel die „Crossnadel“.

Die Wildsau

Die Wildsau wurde schon bei der zweiten Auflage im Jahr 1965 das Symbol dieser Veranstaltung, denn das Gelände am Teufelsberg war in fester Hand der Wildschweine, die sich nicht vertreiben ließen.

"Da flog der Tümmler an dem Hecht vorbei" … hieß es tags darauf in der Zeitung

Bodo Tümmler (SCC Berlin) hieß der erste Sieger im 9,9 km Hauptlauf vor Bernd-Dieter Hecht (PSV). Für Bodo Tümmler war es der Beginn einer großen läuferischen Karriere, der dann später Europameister und Olympiadritter im 1500 m Lauf wurde. Den Volkslauf gewann Rainer Podlesch, der Steher-Weltmeister von den Zehlendorfer Eichhörnchen. Insbesondere kamen die Teilnehmer zunächst aus den Ruder-, Kanu- und Radfahrvereinen.

Geburtsstunde des Volkslaufes in Berlin und Deutschland und des LAUFTREFFS

Die Veranstaltung vom 8. November 1964 war die Geburtsstunde des Breitensportes und des Laufens für Jedermann in Berlin und Deutschland. Letztlich war es auch der Vorläufer des LAUFTREFFS, denn man bot damals jeweils an jedem Sonnabend um 15.00 Uhr am Auslauf der Rodelbahn am Teufelsberg ein Vorbereitungstraining für Jedermann an, damit sich die Anfänger auf das Rennen vorbereiten konnten. Das war bis dahin völlig ungewöhnlich.

Läuferische Prominenz

Viele nationale und internationale Prominenz des Langstreckenlaufes startete am Teufelsberg, Lutz Philipp, Manfred Letzerich, Christoph Herle bis zu Dieter Baumann. Bei den Frauen waren Charlotte Teske, Grete Waitz (NOR), die zehnfache Siegerin des NYC-Marathon dabei, als auch Marleen Renders (BEL), die später den BERLIN-MARATHON und den Paris-Marathon gewann in Berlin am Start.
Der Berliner Cross-Country-Lauf war jahrelang in Berlin das Aushängeschild des Laufens.
Zweimal fanden am Teufelsberg auch die Deutschen Crossmeisterschaften statt.

Aus Gründen des Naturschutzes zog man für einige Jahre auf des Maifeld des Olympiastadions um, die Teilnehmer fanden allerdings die flache Strecke im Stadion, mit nur einem Anstieg zum Reiterstadion nicht so toll. Deswegen gab es dann wieder eine Rückkehr in den Grunewald – Start und Ziel liegen im Stadion Eichkamp, wo die Logistik mit Umkleiden, Toiletten und Duschen gegeben ist.

Am kommenden Sonntag, dem 5. November 2006 findet der 43. Berliner Cross-Country-Lauf mit Start und Ziel im Stadion Eichkamp in der verlängerten Harbigstraße statt.

Die offenen Berlin-Brandenburgischen Meisterschaften finden im Rahmen dieser Veranstaltung statt.
Erster Start um 10.10 Uhr für die Bambinis. Der Hauptlauf über ca. 9.000 m ist um 12.00 Uhr.
Zahlreiche bekannte Namen sind dabei, so André Höhne (SCC) und Carsten Schlangen, Franek Haschke und Nils Stifel von der LG Nord.

André Höhne zählt zu den momentan erfolgreichsten Berliner Leichtathleten. Der 28-jährige Geher sicherte sich allein in diesem Jahr vier Deutsche Meistertitel. In 2005 erreichte er Platz vier bei den Weltmeisterschaften. Carsten Schlangen von der LG Nord ist amtierender Deutscher Meister über 1500 Meter und erreichte in diesem Jahr bereits den zweiten Platz bei den Deutschen Crossmeisterschaften über die Mittelstrecke. Der 26-jährige Nils Stifel wurde 2004 Deutscher Crossmeister. Sein Vereinskamerad Franek Haschke gilt als Spezialist über die 1500 Meter. Allein auf dieser Strecke holte er sich drei Deutsche Meistertitel.

Anmeldungen für alle Läufe sind am Sonntag noch möglich.

Der Darmstadt-Cross am 19. November 2006 auf der Lichtwiese ist die national herausragendste deutsche Crosslaufveranstaltung

Horst Milde

author: GRR

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