Blog
02
01
2013

Der 42. Berliner Neujahrslauf 2013 am Brandenburger Tor - mit den "Bremsläufern" an der Spitze ©Helmut Winter

Der 42. Berliner Neujahrslauf am Brandenburger Tor – ein Lauf mit Tradition – Horst Milde berichtet

By GRR 0

Am Dienstag, dem 1. Januar 2013 fand um  12.00 Uhr der 42. Berliner NEUJAHRSLAUF  – mit Start und Ziel am Brandenburger Tor – statt. Dieser Neujahrlauf ist inzwischen eine Berliner Institution. Dieser Lauf hat auch seine Geschichte, wie schon die Zahl "42" anzeigt.

Es begann 1972 mit Heinz Florian Oertel im Friedrichshain – und fand am 1. Januar 1990 eine legendäre Fortsetzung mit dem ersten Lauf von WEST nach OST (Berlin) – und zurück. Diese sportpolitische Historie soll heute mit diesem kurzen Lauf auf dem Boulevard Unter den Linden wieder ins Gedächtnis gerufen werden. Der Lauf wurde mit  zu einem Wahrzeichen Berlins – und auch Treffpunkt der Laufsociety – , regelmäßig erschienen Kurzberichte in der ARD oder ZDF über die Eröffnung des "Sportjahres" und auch prominente Politiker gaben den Startschuss wie der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse oder die Bürgermeister vom Bezirk Mitte. Oder sie liefen selbst mit, Berliner Senatoren oder Staatssekretäre – der promimenteste mitlaufende Politiker war der amtierende Außenminister "Joschka" Fischer, der sich unerkannt einreihte. Auch das gehört zu der Geschichte dieses Laufes!

 

Heinz Florian Oertel war der bekannteste Sportreporter der DDR. Der jetzt 85-Jährige arbeitete Jahrzehnte für den Berliner Rundfunk und das DDR-Fernsehen. Heinz Florian Oertel berichtete von Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften.

Legendär ist ein Spruch seiner Übertragung des olympischen Marathonlaufes von 1980 in Moskau: „Männer, Väter – habt Mut: Nennt Euere neugeborenen Söhne heute Waldemar".

Waldemar Cierpinski hatte 1980 zum zweiten Mal in Folge den Olympia-Marathon gewonnen und damit Sportgeschichte geschrieben. Oertel war berühmt und beliebt aufgrund seiner starken mitreißenden Rhetorik.

1972 im Friedrichshain

1972 war es Heinz Florian Oertel, der die Tradition des Berliner Neujahrslaufes begründete. Nach dem Beispiel des Silvesterlaufes von Sao Paulo wollte Oertel einen Lauf für die Bevölkerung, nicht für Spitzenläufer organisieren. „Es ging nicht um Plazierung und Zeiten, sondern um die Freude am Laufen“ erklärte Oertel. Der Lauf fand immer im Friedrichshain statt.

Am Tag nach der Wende

Am 10. November 1989 um 10.30 Uhr – einen Tag nach dem Fall der Mauer – erhielt Horst Milde einen Anruf aus London von Michael Coleman, Sportreporter der TIMES, der in jedem Jahr in Berlin vom BERLIN-MARATHON berichtete. „Du musst am 1. Januar 1990 einen Neujahrslauf vom Olympiastadion zum Alexanderplatz und zurück machen und der BERLIN-MARATHON muß durch das Brandenburger Tor gehen“ war seine Aufforderung an den Race Director des BERLIN-MARATHON.

Am 12. November 1989 fand der traditionelle Teufelsberg-Crosslauf statt, an dem schon gleich DDR-Läufer zum ersten Mal teilnehmen konnten. Am gleichen Tag versammelten sich in Mildes Wohnung die DDR-Läufer Roland Winkler, Dr. Detlef Dalk und Gerd Engel und verabredeten an ihre jeweiligen Bürgermeister Erhard Krack (Ost-Berlin) und Walter Momper (West-Berlin) zu schreiben und darauf hinzuweisen, daß am 1. Januar 1990 ein Neujahrslauf durch das Brandenburger Tor und am 30. September 1990 der 17. BERLIN-MARATHON durch beide Teile der Stadt führen sollte.

Die Schreiben lagen schon am 14. November 1989  bei den Bürgermeistern auf den Schreibtischen, in Ost- als auch in Berlin (West).

Bücher könnte man füllen

Über die letzten fünf Wochen bis zum Neujahrslauf könnte man Bücher schreiben, wie die Verhandlungen von Horst Milde mit den Offizieren und Generälen der Grenztruppen verliefen, um durch das Brandenburger Tor laufen zu können. Zunächst gab es Anforderungen, daß jeder Läufer schriftlich gemeldet werden müsse, jeder Läufer bekomme einen Stempel der Grenztruppen u.s.w. …

Stefan Senkel war der Ansprechpartner für die Belange der Leichtathletik im Ostteil Berlins. Stefan Senkel organisierte den Verlauf der Veranstaltung in Ost-Berlin.

Verkürzte Ausgabe für 25.000 Teilnehmer

Nicht Michael Colemans Vorschlag vom Olympiastadion zum Alexanderplatz zu laufen, sondern eine verkürzte Ausgabe des Neujahrslaufes von der Entlastungsstraße (existiert heute nicht mehr!) bis zum Roten Rathaus um den Fernsehturm und zurück wurde zum großen Ereignis.

25.000 Teilnehmer
aus aller Welt wollten sich die Gelegenheit nicht entgehen lassen an einem Lauf teilzunehmen, der niemals wiederkehrt.

Um 14.00 Uhr gaben Walter Momper und Erhard Krack den Startschuss zu diesem denkwürdigen Lauf. Journalisten aus aller Welt berichteten live von diesem Ereignis.

Selbst der damalige IAAF-Präsident Primo Nebiolo war eigens aus Rom angereist, um nachher in einer Pressekonferenz im Haus der Kulturen der Welt – zusammen mit dem DLV-Präsidenten sein Statement abzugeben.

Am Vormittag 1990 hatte der Neujahrslauf im Friedrichshain zusätzlich stattgefunden – der Neujahrslauf am Brandenburger Tor blieb ab 1991 aber dann bestehen, allerdings wurde die sensationelle Beteiligung von 1990 nie mehr erreicht. Der Lauf im Friedrichshain wurde zu Gunsten des attraktiveren Laufes durch die Innenstadt dann eingestellt. Heinz Florian Oertel moderierte in der Vergangenheit, so es seine Gesundheit zuließ, beim Neujahrslauf am Brandenburger Tor.

Tradition

Es ist jetzt Tradition geworden, den Lauf um 12.00 Uhr am Neujahrmorgen am Pariser Platz zu starten und im gemächlichen Tempo gemeinsam die Straße unter den Linden zu nutzen, bis zur Spandauer Straße, hinter dem Berliner Dom und dem Lustgarten wieder auf die Straße Unter den Linden zum Brandenburger Tor gemeinsam zurückzulaufen.

Aus Freude

Für alle beteiligten Läufer und Läuferinnen ist es ein Bedürfnis sich gemeinsam gerade an diesem Tag und an dieser Stelle zu treffen und für ihren gemeinsamen Sport zu werben, aus Freude an der Sache, so wie es Heinz Florian Oertel schon 1972 bei der Premiere im Friedrichshain formulierte.

 

Horst Milde

author: GRR

Comment
0

Leave a reply