Fridolin Flink auf der Messe - Foto: Erdmute Nieke
Der 40. GENERALI Berliner Halbmarathon ist gelaufen! Impressionen von Europas ersten großen Lauf seit Ausbruch der Corona-Pandemie am 22. August 2021 von Dr. Erdmute Nieke
Immunisierungsnachweis, Maskenpflicht, Abstand und keine Party danach – darüber berichte ich heute nicht! Denn das Corona-Hygiene-Konzept lief wie am Schnürchen! Der 40. Berliner Halbmarathon ist gelaufen.
Ich schreibe über 40 besondere Menschen und besondere Orte, die mir beim 40. Berliner Halbmarathon begegnet sind!
- Auf der Messe am Freitag treffe ich Fridolin Flink, das Maskottchen des SCC ist einfach liebenswert und zum Knuddeln. Ab morgen wird ein Fridolin-Kind mich auf die Arbeit begleiten!
- Sonntag Morgen – kurz nach 8 Uhr – Fotoshooting mit dem LT Bernd Hübner vor dem Bundestag, die gläserne Kuppel leuchtet in der Morgensonne über so vielen gut gelaunten Läufer:innen.
- Am Start im Block E stehen neben mir Tina und Tina aus Dänemark! Sie laufen als Team T und heißen beide wirklich Tina. Wir überholen und pushen uns mehrfach auf der Strecke, nach dem Lauf treffen wir uns beim Zielbier wieder und sie erzählen mir, dass sie noch heute sieben Stunden Auto zurück nach Kolding fahren müssen! Kommt gut wieder heim!
- Die Siegesgöttin Nike – im Berliner Volksmund Goldelse genannt – grüßt die vielen Läufer:innen schon gleich nach dem Start von der Siegessäule herab über dem morgendlichen Tiergarten.
- Ein Läufer neben mir überlegt, ob er am Trödelmarkt auf dem 17. Juni einen Umweg einlegen soll und ein wenig stöbern geht.
- Vor dem Schloss Charlottenburg geht die Straße leicht begab und ich sehe die große Menschenmenge vor mir laufen! Was für eine Kulisse!
- Am ersten Versorgungspunkt bei Kilometer fünf treffe ich auf einige Leute vom Lauftreff, die nicht mitlaufen, sondern uns das Wasser reichen, DANKE!
- Bei Kilometer neun steht Freundin Manu und feuert mich an, Manu ist mein treuster Fan, wie oft hast Du schon in Charlottenburg für uns Läufer:innen gestanden? DANKE!
- Der Funkturm grüßt aus der Ferne, wir drehen um und laufen wieder in Richtung City-West.
- Schon wieder laufen wir an meinem Lieblingsfriseur „Salon ohne Namen“ in der Droysenstraße vorbei, vor drei Wochen bei der City-Night ging es auch hier entlang.
- Die Strecke hat heute – ganz neu – einen Wendepunkt auf dem Kudamm, da sitzt unser aller Lauftreffgründer Bernd Hübner und veranstaltet ein extra Fotoshooting für alle Läufer:innen im roten LT-Shirt. DANKE!
- Und schon laufen wir an der Schaubühne vorbei, ich lebe nun schon 28 Jahre in Berlin und habe es noch nie hinein geschafft, ob Lars Eidinger immer noch King Lear spielt?
- Auf dem Kudamm spielt „Black Mail“ diese Berliner Band fehlt bei keinem Halb- oder Marathon, das Leben ist zurück, die Stimmung wie immer! DANKE!
- Eine ehemalige Kollegin steht auf dem Mittelstreifen des Kudamm, wir haben uns fast vier Jahre nicht gesehen! Einer kurze Begrüßung muss sein!
- Gleich danach noch zwei Leute aus dem Lauftreff an der Stecke, pausenlos ruft scheinbar jemand nach mir, ein Läufer neben mir meint, dass alle Charlottenburger wohl Erdmute kennen. Vielleicht? Immerhin ist es mein achter Berliner Halbmarathon.
- Die Gedächtniskirche mit ihrem alten und neuen Turm steht wie immer am Breitscheidplatz und erinnert mich an das Weihnachtsmarktattentat im Jahr 2016 vor ihren Stufen.
- Das berühmte und edle Kaufhaus KaDeWe schlummert in sonntäglicher Ruhe am Wittenbergplatz.
- Wir kommen nach Schöneberg, dem buntesten Stadtteil Berlins. Ich erinnere mich an den letzten CSD, da war es am Nollendorfplatz viel voller. Passend zu meinen Gedanken steht ein Herr in einem schönen bunten Rock und feuert uns an. Ich sehe ihm oder ihr an, dass sie oder er die letzte Nacht gewiss in einer bunten Bar verbracht hat. Eine Bierflasche in der Hand – Berlin ist bunt, die einen laufen, die anderen feiern durch die Nacht in den Tag!
- Auf der Potsdamer Straße passieren wir die Joseph-Roth-Diele. Eine besondere Kneipe, die sich der Erinnerung an Joseph Roth, dem berühmten jüdischen Schriftsteller und Journalisten aus Galizien (1894-1939) im wahrsten Sinne des Wortes auf der Speisekarte verschrieben hat. Denn in dieser Kneipe gibt es nicht nur Essen und Trinken, sondern alle seine Bücher zu lesen und zu kaufen.
- bis 23. Wir kommen durch das Kulturforum: Die Neue Gemäldegalerie ist gerade wieder eröffnet. Gegenüber die Neue Staatsbibliothek, der Ort der Berliner Gelehrsamkeit (zumindest für die, die ihre Promotion gewissenhaft geschrieben haben…) und gegenüber die Philharmonie, ein Ort der guten Musik.
- Am Potsdamer Platz mit seinen modernen Hochhäusern laufen wir zum ersten Mal über den Mauerstreifen, eine unauffällige Reihe von Kopfsteinpflastern im Asphalt erinnert an die Teilung Berlins.
- Die gigantische Mall of Berlin – nicht mein Einkaufsparadies – hat einen rosafarbenen Bogen über die Laufstrecke gespannt und es gibt Cola, die nehme ich dann doch gern für die letzten fünf Kilometer.
- und 27. Der Bundesrat ist schnell passiert und ebenso das Finanzministerium in der Wilhelmstraße.
- Die Topographie des Terrors lassen wir rechts liegen, einer der meist besuchten Gedenkorte an die Nazizeit, hier befand sich die Zentrale der Gestapo.
- Wir biegen in die Kochstraße ein, von weitem grüßt das Springerhochhaus, wir befinden uns im Berliner Presseviertel.
- Checkpoint Charlie, noch einmal laufen wir in die City-Ost, jetzt auf der Friedrichstraße. Hier war Berlin bis 1989 zwischen sowjetischen und amerikanischem Sektor getrennt. Es ist nun schon bald 32 Jahre Geschichte, die Kontrollbaracke steht noch auf der Straßenmitte, die meisten Läufer:innen haben inzwischen mit sich zu tun und nehmen diesen historischen Ort kaum wahr.
- Leipziger Straße – Ödnis der DDR-Plattenbau-Hochaus-Bebauung und eine sechsspurige Straße, das einzig gute ist hier die Stille, denn Autos dürfen hier heute nicht fahren.
- Wir passieren das House of One – noch ist nur ein großer Sandhaufen mit einem Bagger zu sehen – doch hier wollen einmal Juden, Christen und Muslime gemeinsam beten in einem und doch dreigeteilten Gotteshaus. Berlin ist bunt, auch im Bezug auf die Religionen!
- Jetzt geht es um das neue, alte Stadtschloss oder Humboldt-Forum, warum erinnert es mich immer an einen Zuckerbäcker?
- Am Auswärtigen Amt steigt die Stimmung, links ein riesiges Blasorchester und rechts von der Strecke sogar eine Gruppe von Cheerleadern, die uns anfeuern.
- Noch ein Ort guter Musik, der Pierre-Boulez-Saal, ein moderner Konzertsaal, mit dem Daniel Barenboim seit 2017 das Berliner Musikleben bereichert. Mögen wir bald wieder auch diesen Klanggenuss erleben können.
- Die Strecke führt uns um den gesamten Gendarmenmarkt mit Französischem und Deutschen Dom und dem Konzerthaus, die Berliner Mitte ist ein klingender Ort. Heute sitzen viele Menschen vor den Restaurants und schauen den Unmengen von Läufer:innen zu, einige wirken nicht wirklich begeistert. Doch da müssen sie durch, dass ihnen die Läufer:innen auf die Teller schauen können.
- An der Komischen Oper – noch ein musikalischer Ort mit vielen tollen Inszenierungen von Mozart bis Kurt Weil – biegen wir auf den Prachtboulevard „Unter den Linden“. Wir laufen ein in das umzäunte Zielgebiet und werden auf den letzten Metern angefeuert wie immer!
- Dann der emotionalste Moment, wir durchlaufen das Brandenburger Tor, das Symbol für die zusammenwachsende Stadt Berlin, auch heute tauchen wieder die Bilder aus meiner Jugend in meinem Kopf auf, als der gesamte Pariser Platz noch zugemauert war!
- Der Zielbogen kommt in Sicht, gleich hinter dem Brandenburger Tor steht er!
- Fridolin, Ärztinnen, Sanitäter, Medaillenverteilerinnen (sie ist wunderschön in diesem Jahr), Folienverteilerinnen, Ordner, Maskenausgeber, Bier-Ausschenkerinnen, Bananenschneider, Kampfrichter, Zeitmesser, Sportfotografinnen, Sicherheitsleute, Polizistinnen, Kleiderbeutelbewacher, Medaillengravierer – EUCH ALLEN mein großer DANK! Denn ohne Euch können wir nicht laufen!
Der 40. Berliner Halbmarathon ist gelaufen! Mögen wir in fünf Wochen den Berlin-Marathon hier laufen dürfen – und auch alle anderen Wettkämpfe.
Denn ein Leben ohne Wettkämpfe ist möglich – aber langweilig oder sogar sinnlos!
Bleibt alle gesund!
Dr. Erdmute Nieke
PS: Die richtige Nummerierung bis zum Ende (40!) ist irgendwo durch die Technik durcheinandergekommen, deswegen sind auch die Fotos erst am Ende platziert, sonst wäre es noch „schlimmer“ gekommen.
Die Hübis vor dem Bundestag – Foto: Thomas Wiese
Tina und Tina aus Dänemark – Foto: Manuela Mühlhausen
Bernd Hübner an der Strecke – Foto: Bernd Hübner