Kelvin Kiptum - Photo: Sean Hartnett
Debütant Kelvin Kiptum triumphiert, Amane Shankule schockt Letesenbet Gidey in Valencia mit sensationellen Zeiten
Zwei große Überraschungen und einige der schnellsten je gelaufenen Zeiten gab es beim Valencia-Marathon. Sensationell triumphierte Kelvin Kiptum bei seinem Marathon-Debüt. Der Kenianer gewann das Rennen bei sehr guten Wetterbedingungen in 2:01:53 Stunden und erzielte dabei die viertschnellste je gelaufene Zeit über die 42,195 km, einen inoffiziellen Debüt-Weltrekord und einen Streckenrekord. Zweiter wurde Gabriel Geay (Tansania) mit einem Landesrekord von 2:03:00, als Dritter lief Alexander Mutiso (Kenia) nach 2:03:29 ins Ziel. Der im Vorfeld favorisierte Weltmeister Tamirat Tola wurde Vierter in 2:03:40.
Dagegen realisierte sich der erwartete Debüt-Sieg der Halbmarathon-Weltrekordlerin Letesenbet Gidey nicht. Die äthiopische Top-Favoritin musste sich überraschend ihrer Landsfrau Amane Beriso Shankule geschlagen geben. Zeitweilig auf Weltrekord-Kurs laufend, gewann Shankule schließlich in 2:14:58 und erreichte damit die drittschnellste je gelaufene Zeit sowie einen äthiopischen Landes- und einen Streckenrekord. Als Zweite lief Letesenbet Gidey mit 2:16:49 ebenso wie der Männer-Sieger das schnellste Debüt aller Zeiten. Dritte wurde die Kenianerin Sheila Chepkirui in hochklassigen 2:17:29 vor Tadu Teshome (Äthiopien/2:17:36). In der Breite der Spitze hatte das Frauenrennen in Valencia einmalige Ergebnisse: Erstmals blieben in einem Marathon zwei Läuferinnen unter 2:17 Stunden, insgesamt vier unter 2:18 und sieben unter 2:19. Es waren zudem auch noch nie sieben Läuferinnen schneller als 2:20 Stunden in einem Marathon.
Das Rennen der Männer
Nachdem eine große Spitzengruppe im Rennen der Männer die Halbmarathonmarke nach 61:39 Minuten passiert hatte, waren nach 30 km (1:27:34 Stunden) noch neun Läufer in dieser Gruppe. Kurz danach kam Bewegung in die Gruppe. Zunächst setzten sich Tamirat Tola, Gabriel Geay und der Marathon-Newcomer Kelvin Kiptum ab. Es war immer wieder der kenianische Debütant, der auf das Tempo drückte. Nachdem er erfolglos die anderen beiden Läufer aufgefordert hatte, sich an der Führungsarbeit zu beteiligen, zog der gerade erst 23-Jährige, der mit einer starken Halbmarathon-Bestzeit von 58:42 Minuten ins Rennen gegangen war, knapp zehn Kilometer vor dem Ziel alleine davon. Geay und Tola fielen schnell deutlich zurück, während Kiptum zu einem Sensations-Sieg stürmte.
„Ich kann nicht glauben, dass ich so schnell gelaufen bin und den Streckenrekord gebrochen habe. Aber ich war wirklich sehr gut vorbereitet auf diesen Marathon“, sagte Kelvin Kiptum, der den Streckenrekord seines Landsmannes Evans Chebet (2:03:00/2020) um über eine Minute unterbot. In diesem Jahr war der Kenianer international lediglich bei einem einzigen Rennen gestartet: Beim Halbmarathon in Ras Al Khaimah (Vereinigte Arabische Emirate) kam er dabei im Februar jedoch nicht ins Ziel. Nun erreichte er in Valencia mit einer Zeit von unter 2:02 Stunden einen Bereich, in den vor ihm lediglich Weltrekordler Eliud Kipchoge (Kenia/2:01:09) und Kenenisa Bekele (Äthiopien) jeweils in Berlin vorgedrungen sind. Kelvin Kiptum wurde auch zum inoffiziellen Debüt-Weltrekordler. Diese Bestzeit hielt zuvor der Äthiopier Getaneh Molla, der 2019 in Dubai mit 2:03:34 gewonnen hatte.
Nicht ins Ziel kam bei seinem zweiten Marathon-Versuch Julien Wanders. Nach einer Halbmarathon-Durchgangszeit von 63:22 Minuten beendete der Schweizer sein Rennen nach der 30-km-Marke vorzeitig.
Das Rennen der Frauen
Sensationell aber anders als erwartet verlief das Rennen der Frauen. Alles war in Valencia ausgerichtet auf einen möglichen Weltrekord der Äthiopierin Letesenbet Gidey. Doch niemand konnte Amane Shankule auf der Rechnung haben. Die Äthiopierin heftete sich vom Start weg an die Fersen ihrer prominenten Landsfrau, die sich nach den Weltrekorden über 5.000 m, 10.000 m sowie im Halbmarathon nun auch die Marathon-Bestmarke sichern wollte.
2:14:04 Stunden war die Kenianerin Brigid Kosgei vor drei Jahren in Chicago gelaufen. Nach einer Halbmarathon-Durchgangszeit von 67:17 schien dieser Weltrekord erheblich in Gefahr zu geraten, denn geführt von ihren beiden Tempomachern passierte Letesenbet Gidey die 30-km-Marke nach 1:35:23 Stunden und den 35-km-Punkt in 1:51:20. Damit lag sie bereits auf Kurs für eine Zeit von rund 2:14:10. Doch Amane Shankule war immer noch direkt hinter ihr und übernahm dann nach rund 36 km erstmals die Führung. In ihrem ersten Marathon konnte Letesenbet Gidey auf den letzten fünf Kilometern ihr Tempo nicht mehr halten und musste sich schließlich geschlagen geben. Mit 2:16:49 Stunden lief die 24-Jährige aber dennoch eine außerordentliche Zeit: Es ist die sechstbeste je gelaufene Zeit sowie ein inoffizieller Debüt-Weltrekord. Diese Marke hatte erst im Oktober ihre Landsfrau Almaz Ayana in Amsterdam auf 2:17:20 verbessert.
Sensationell lief die 31-jährige Amane Shankule zum größten Triumph ihrer Karriere. Da die Veranstalter aber bei der Jagd auf den Weltrekord vollkommen auf Letesenbet Gidey gesetzt hatten, haben sie möglicherweise dadurch die Bestzeit verpasst. Denn die beiden Tempomacher von Gidey kamen aus der Management-Gruppe der Läuferin (NN Running Team), so dass diese Shankule im letzten Abschnitt nicht unterstützten sondern weiter bei Gidey blieben. Ein weiterer Tempomacher war nicht vorhanden.
„Ich freue mich riesig über diesen Sieg und meine fantastische Zeit. Aber ich hätte heute Weltrekord laufen können, jedoch halfen mir die Pacemaker nicht mehr auf den letzten Kilometern – darüber bin ich sehr enttäuscht“, sagte Amane Shankule, die 2016 in Dubai bei ihrem Marathon-Debüt Zweite war und dabei mit 2:20:48 ihre bisherige Bestzeit aufgestellt hatte. An diese Zeit war sie in den letzten Jahren nicht mehr herangekommen. Amane Shankule gehört in Addis Abeba zur Trainingsgruppe von Gemedu Dedefo, zu der auch die Berlin-Marathon-Siegerin Tigist Assefa zählt, die sich im September sensationell auf 2:15:37 gesteigert hatte.
Ergebnisse, Männer:
- Kelvin Kiptum KEN 2:01:53
- Gabriel Geay TAN 2:03:00
- Alexander Mutiso KEN 2:03:29
- Tamirat Tola ETH 2:03:40
- Kaan Kigen Özbilen TUR 2:04:36
- Chalu Deso ETH 2:04:56
- Milkesa Mengesha ETH 2:05:29
- Ronald Korir KEN 2:05:37
- Philemon Kiplimo KEN 2:05:44
- Goitom Kifle ERI 2:06:09
Frauen:
- Amane Shankule ETH 2:14:58
- Letesenbet Gidey ETH 2:16:49
- Sheila Chepkirui KEN 2:17:29
- Tadu Teshome ETH 2:17:36
- Fancy Chemutai KEN 2:18:11
- Tiruye Mesfin ETH 2:18:47
- Tigist Girma ETH 2:18:52
- Etagegne Woldu ETH 2:20:03
- Dolshi Tesfu ERI 2:20:40
- Majida Maayouf MAR 2:21:01
Die schnellsten je gelaufenen Marathon-Zeiten
Männer:
2:01:09 Eliud Kipchoge KEN Berlin 25.9.2022
2:01:39 Eliud Kipchoge KEN Berlin 16.9.2018
2:01:41 Kenenisa Bekele ETH Berlin 29.9.2019
2:01:53 Kelvin Kiptum KEN Valencia 4.12.2022
2:02:37 Eliud Kipchoge KEN London 28.4.2019
2:02:40 Eliud Kipchoge KEN Tokio 6.3.2022
2:02:48 Birhanu Legese ETH Berlin 29.9.2019
2:02:55 Mosinet Geremew ETH London 28.4.2019
2:02:57 Dennis Kimetto KEN Berlin 28.9.2014
2:02:57 Titus Ekiru KEN Mailand 16.5.2021
Frauen:
2:14:04 Brigid Kosgei KEN Chicago 13.10.2019
2:14:18 Ruth Chepngetich KEN Chicago 9.10.2022
2:14:58 Amane Shankule ETH Valencia 4.12.2022
2:15:25 Paula Radcliffe GBR London 13.4.2003
2:15:37 Tigist Assefa ETH Berlin 25.9.2022
2:16:02 Brigid Kosgei KEN Tokio 6.3.2022
2:16:49 Letesenbet Gidey ETH Valencia 4.12.2022
2:17:01 Mary Keitany KEN London 23.4.2017
2:17:08 Ruth Chepngetich KEN Dubai 25.1.2019
2:17:16 Peres Jepchirchir KEN Valencia 6.12.2020
Text: race-news-service.com
Foto: Global Sports Communication