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15
01
2013

Pfingsttreffen ©Berlinische Galerie - Jens Rötzsch

DDR-Fotografie sportlich betrachtet: Ausstellung in Berlin – Prof. Dr. Detlef Kuhlmann stellt vor

By GRR 0

(DOSB-PRESSE) Noch bis zum 28. Januar 2013 ist in der Berlinischen Galerie, dem Museum für Moderne Kunst in Berlin (Alte Jakobstraße 124-128) erstmals eine Ausstellung über künstlerische Fotografie in der DDR von 1949 bis 1989 mit dem Titel „Geschlossene Gesellschaft“ zu sehen.

Die Retrospektive versucht, die realen gesellschaftlichen Verhältnisse in bildlicher Realität darzustellen: Alltagsbeschreibungen und Sozialreportage gehören genauso dazu wie Montagen und Metaphern einer Gesellschaft die zwar „geschlossen“ ist, sich aber in stiller Auflösung befindet. Wer sich den 250 Bilderarbeiten von insgesamt 34 Fotografen und Fotografinnen unter der Perspektive von Körperkultur und Sport nähert, findet schnell zahlreiche Motive, die nachhaltige Eindrücke vom Leben der Menschen in und mit Bewegung bieten, auch ohne dass hier die DDR-Erfolgsgeschichte im Sport bildreich dokumentiert bzw. mit ihren wichtigsten Geschehnissen nacherzählt wird.

Es sind oft Nischen und Nebenschauplätze, wo es um die Inszenierung des bewegten bzw. zur Bewegung bereiten Körpers geht, der vor der Kamera positioniert wird, und zwar genauso wie es um den nackten und den tätowierten Körper geht oder der verdeckte bzw. der verdreckte Körper zur Aufführung gelangt. Manche sportbezogene Motive können sogar als „offene“ Grenzüberschreitung mit gewaltiger Symbolkraft gedeutet werden – oder welchen Sinn macht es, wenn ein junger Mann mit freiem Oberkörper und No-Name-Laufschuhen ganz allein das Licht der lodernden Fackel aus einem düsteren Tunnel trägt, wie es Matthais Conrad mit seinem 1985 entstandenen „Fackelläufer“ gelungen ist?

Oder wen soll wohl die Spitze des Speeres treffen, den der „Mann mit Speer“ (Eiweißlasur auf Silbergelatinepapier) von Florian Merkel mit beiden Händen zum (ganz und gar nicht olympiaformatierten) Wurf bereit hält?

Sucht man speziell nach Fotos unter dem Blickwinkel der „Geschlossenen Gesellschaft“ im Sport der DDR, dann lassen sich hier einige Bilder von Jens Rötzsch ganz vorn einreihen: „Lebende Bilder der Osttribüne“ nennt er die still sitzende Gruppe von adrett gekleideten jungen Frauen, die auf ihrem (geschlossenen) Tribünenblock gerade pausieren, bevor sie ihre türkisfarbenen und weißen Winkelelemente je nach Choreografie beim VIII. Nationalen Turn- und Sportfest 1987 im Zentralstadion Leipzig wieder demonstrativ hochhalten werden.

Die großflächige Ausstellung hält sogar Bilder bereit, die lediglich Spuren des Sports zeigen, also „unbemannt“ sind bzw. ohne Athletinnen und Athleten auskommen: Dazu gehört aus der Serie „Stadt“ das triste Foto, auf dem der Betrachter einen modernen, aber verwaisten Sportplatz aus der Nah-Perspektive von (nur) drei Startblöcken zu sehen bekommt, die zwar für einen möglichen 100-m-Laufbahn montiert sind, wo aber offensichtlich niemand (mehr) laufen will, während die Achter-Serie der Motiv-Fotografien von Manfred Paul aus dem Jahre 1985 u. a. ein paar (noch schweißnasse?) Socken auf einem Stuhl zeigt und daneben ein Bild zu sehen ist mit einem abgetragenen Paar völlig zerfledderter Segelturnschuhe – alles bewegende Symbole für die Entsorgung bzw. das bevorstehende Ende einer „Geschlossenen Gesellschaft“?

Mehr zur Ausstellung findet sich im Internet unter www.berlinischegalerie.de.

 

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

 

 

Berlinische Galerie

Landesmuseum für Moderne
Kunst, Fotografie und Architektur
Stiftung Öffentlichen Rechts

Alte Jakobstraße 124-128
10969 Berlin

www.berlinischegalerie.de
bg(at)berlinischegalerie.de

Tel +49 (0)30-789 02-600
Fax +49 (0)30-789 02-700

Öffnungszeiten

Mittwoch-Montag 10:00-18:00 Uhr
Dienstag geschlossen
geschlossen am 24.12. und 31.12.

verlängerte Öffnungszeiten: 25.01.–28.01. bis 22:00 Uhr

Verkehrsverbindungen

Bus: M29 Waldeckpark
248 Jüdisches Museum
U-Bahn: U1 Hallesches Tor
U6 Kochstr. /Hallesches Tor
U8 Moritzplatz

Anfahrt
Anfahrtskarte als pdf

Eintrittspreise

Tageskarte 8 Euro
Ermäßigt 5 Euro (gilt auch für Gruppen ab 10 Personen)
Jeden ersten Montag im Monat 4 Euro
Freier Eintritt bis 18 Jahre

Ermäßigung bei Vorlage eines Tickets des  Jüdischen Museums Berlin am Tag des Erwerbs und an den zwei folgenden Tagen. Dieses Angebot gilt auch umgekehrt.

Programmflyer

Programm Januar–April 2013 zum download

author: GRR

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