2007 New Balance Games The Armory, NYC, NY January 20th, 2007 Photo: Victah Sailer@Photo Run Victah1111@aol.com 631-741-1865
Das „verflixte“ 13. Jahr: Paula Radcliffes Fabel-Marathon-Weltrekord feiert Geburtstag – Helmut Winter
Auch das 13. Jahr hat der Weltrekord im Marathon der Frauen unbeschadet überstanden. Am 13. April 2003 lief sich die britische Ausnahmeläuferin Paula Radcliffe in die Geschichtsbücher des Laufsports.
Erst in den nachfolgenden Jahren wurde immer deutlicher, welche Fabelzeit Paula auf dem Pflaster der britischen Hauptstadt erzielte. Dabei wurde sie von den zwei männlichen Tempomachern Loywapet und Kandie (Hamburg Marathon Sieger) unterstützt, die aus acht verschiedenen Konfigurationen von „Hasen“ ausgewählt wurden und als Vorgabe ein Tempo von 2:16 Stunden bekamen.
Dass Paula am Ende mit 2:15:25 sogar nun unter dieser Zeit blieb, gehört zu ihrer einmaligen Leistung an diesem Tag.
Eine wichtige Basis für diese außergewöhnliche Zeit war sicher die Tatsache, dass Paula nicht eine Sekunde an renntaktischen Dingen verlor. Mit ersten Meilen von 5:10, 5:08 und 4:57 auf dem ersten leicht abschüssigen Teilstück (individuelle km werden in London erst seit dem letzten Jahr erfasst) war Paula sofort allein und konzentrierte sich vollständig auf die Zeit.
Nur einmal soll sie kurz mit einem Motorradfahrer gesprochen haben, die Belästigung durch Abgase des Gefährts abzustellen. 10 km in 32:01 waren in der Tat schon außergewöhnlich, sie lag auf Kurs von glatten 2:15 Stunden.
Die nächsten 10 km in 32:27 waren etwas langsamer, aber immer noch ausreichend für einen Lauf weit schneller als jemals zuvor. Beim Halbmarathon in 1:08:02 lief Paula schon in neuen Dimensionen, man fragte sich nur, wann sie dem hohen Tempo Tribut zollen musste. Doch auf den kommenden 10 km legte sie mit 32:08 wieder zu und lag nach 1:36:36 bei 30 km auf Kurs zu 2:15:52. Zu diesem Zeitpunkt stand ihr Weltrekord vom Chicago Marathon im Jahr 2002 bei 2:17:18.
Mit einem schnellen Finale lief sie mit 1:07:23 die zweiten Hälfte sogar schneller als den ersten Part, ein in der Tat „negativer Split“ von historischer Dimension.
Nur ein Tempomacher konnte das hohe Tempo über die volle Distanz mitgehen, für die Paula am Ende 2:15:25 benötigte. Dabei lief sie z.B. den Schlusspart von der 40 km Marke bis ins Ziel in eindrucksvollen 6:56 und zeigte trotz ihres Kampfes am absoluten Limit kein Nachlassen im Tempo.
Die Konkurrentinnen liefen ein eigenes Rennen hinter der Britin.
Die Ex-Weltrekordlerin Catherine Ndereba folgte als Zweite erst nach 2:19:55, lag also 4 1/2 Minuten zurück. Und in den folgenden Jahren zeigte sich erst, welche Ausnahmezeit Paula an jenem 13. April gelaufen war. In den letzten Jahren ist keine Läuferin, auch Paula selbst, nicht mehr annähernd in dieses Zeitregime vorgedrungen.
In der ewigen Bestenliste für den Marathon der Frauen hat Paula die besten drei Zeiten erzielt, erst dann folgt mit 2:18:37, also über 3 Minuten zurück, die Kenianerin Mary Keitany. Das besagt schon fast alles.
Und auch die Jahresbesten der letzten Jahre liefen „nur“ Zeiten von 2:19:57 (2013), 2:20:18 (2014) oder 2:19:25 (2015). Paula bleibt nach wie vor unerreicht.
In gewissen Grenzen könnte man Paulas Leistung, die schon kurz danach einen enormen Laufboom bei den Frauen auf der Insel auslöste, mit dem Sprung von Bob Beamon bei den Olympischen Spielen 1968 vergleichen. Auch hier wurde mit 8,90 m ein Fabel-Weltrekord aufgestellt, der lange hielt. Aber irgendwann werden auch solche Marken einmal übertroffen. Bei Beamons Rekord ist das bereits eingetroffen, bei Paula wird man noch warten müssen. Nach Lage der Dinge wohl eine ganze Weile.
Dem 13. Geburtstag von Paulas Rekordmarke werden sehr sicher noch viele Ehrentage folgen.
Helmut Winter
Paula Radcliffes Splits am 13. April 2003:
Meile – letzte Meile – Split
1 – 5:10 – 5:10
2 – 5:08 – 10:18
3 – 4:57 – 15:15
4 – 5:07 – 20:22
5 – 5:10 – 25:32
6 – 5:22 – 30:54
10km – 32:01
7 – 5:12 – 36:06
8 – 5:11 – 41:17
9 – 5:18 – 46:35
10 – 5:13 – 51:48
11 – 5:10 – 56:58
12 – 5:16 – 1:02:14
20km – 1:04:28
13 – 5:16 – 1:07:30
Halbmarathon – 1:08:02
14 – 5:08 – 1:12:38
15 – 5:10 – 1:17:48
16 – 5:13 – 1:23:01
17 – 5:07 – 1:28:08
18 – 5:11 – 1:33:19
30km – 1:36:36
19 – 5:07 – 1:38:26
20 – 5:07 – 1:43:33
21 – 5:11 – 1:48:44
22 – 5:06 – 1:53:50
23 – 5:13 – 1:59:03
24 – 5:03 – 2:04:06
40km – 2:09:29
25 – 5:08 – 2:09:14
Marathon – 2:15:25
Weitere Beiträge von Helmut Winter:
Kyoto Marathon am 22. Februar 2016: 14.868 Marathonläufer im Ziel – Helmut Winter berichtet
“Plänterwaldlauf” in Berlin am 6. Dezember 2015: Der Aufwärtstrend hält an – Helmut Winter berichtet
Honolulu Marathon am 13. Dezember 2015: Topbesetzung, schwere Bedingungen – Helmut Winter berichtet
Der (aufhaltbare) Abstieg des Rock´n´Roll San Diego Marathon – Helmut Winter bilanziert
5. „Nacht im Grünauer Forst“ (Berlin): Ein gelungenes Jubiläum. Helmut Winter berichtet
23. Lauf durch den Volkspark Friedrichshain: Die Galavorstellung des Paul Schmidt
Ein Rückblick auf 100 Jahre Berliner Laufgeschichte – Helmut Winter berichtet
Der Halbmarathon boomt – Helmut Winter schaut voraus
Maßarbeit: Chronologie eines Weltrekords – Florence Kiplagat in Barcelona – Helmut Winter berichtet
Auch der Marrakesch-Marathon meldet äthiopische Siege – Helmut Winter berichtet
Mary Keitany überragte in Ras Al Khaimah (RAK) – Helmut Winter berichtet
Abraham Kiplimo gewinnt den 63. Beppu Oita Mainichi Marathon – Helmut Winter berichtet
FLASH: Äthiopische Dominanz in Houston und Mumbai – Helmut Winter berichtet
Der Hakone Ekiden: Eine sportliche und mediale Show der Superlative – Helmut Winter berichtet
„2014" – Eine Rückschau in Bildern auf ein einmaliges (Lauf-)Jahr – Helmut Winter zieht Bilanz
FLASH: Atsedu Tsegay (ETH) läuft Streckenrekord in Delhi – Helmut Winter berichtet
FLASH: Patrick Makau gewinnt 68. Fukuoka Marathon
68. Fukuoka-Marathon 2014: Na endlich! Eine Vorschau von Helmut Winter
37. Bank of America Chicago-Marathon: Die Rekordjagd geht weiter – Helmut Winter berichtet
Berlin- vs. Chicago-Marathon 2014: Rekordjagd mit vertauschten Rollen – Helmut Winter berichtet
- „100 Meilen Berlin“: Der Mauerweglauf – Anmerkungen zur leistungssportlichen Entwicklung – Helmut Winter berichtet
- 36. Gold Coast Airport Marathon: Debütant Silah Limo gewinnt mit Kursrekord – Helmut Winter berichtet
- Rekordjagd an Australiens Ostküste – Am Sonntag startet die 36. Ausgabe des „Gold Coast Airport Marathons“. Helmut Winter berichtet
- 38. Grandma´s-Marathon (Minnesota, USA): Dominik Ondoro bricht Uralt-Rekord – Helmut Winter berichte
- "Lichtenauer Wasserlauf" am 14. Juni 2014 in Berlin-Mitte: „Wasser" in allen Variationen – Helmut Winter berichtet
- Ein Duell der Gigantinnen – Beim 17. Suja Rock ‘n' Roll San Diego Halbmarathon treffen am 1. Juni die aktuell weltbesten Straßenläuferinnen aufeinander – Helmut Winter berichtet
- Ein Auftakt nach Maß – Herbert Steffny in der "Alten Feuerwache" in Eichwalde – Helmut Winter berichtet
- Kenianische Dominanz und hoffnungsvolle Debütanten – Am Sonntag startet der in der Hansestadt der 29. Haspa Marathon Hamburg – Helmut Winter berichtet
- Von Enschede bis Padua: Die Marathonszene „läuft" aktuell auf Hochtouren – Helmut Winter berichtet
- Fünfstellig – Eine Nachlese zum Paderborner Osterlauf in der Stadt an der Pader – Helmut Winter berichtet
- Schneller Marathon in Warschau – Der Äthiopier Tadesse Tola läuft mir 2:06:55 die schnellste Zeit auf polnischem Boden. Helmut Winter berichtet
- 8. Airport Run Berlin: Daniel Naumann überragte – Helmut Winter berichtet