Wenig kümmern dürfte der Streit ums Datum die Tausenden von Läuferinnen und Läufern. Für sie ist der Silvesterlauf mit der vorweihnachtlichen Stimmung ein toller sportlicher Jahresabschluss ©Veranstalter
Das Sandwich zur Zufriedenheit am 13. Dezember 2015 in Zürich
Der Zürcher Silvesterlauf ist ein Riese. Fast 20 000 Läuferinnen und Läufer meldeten sich zuletzt für das Rennen in der Zürcher Innenstadt an. Damit zählt der Lauf zu den meistbesuchten in der Schweiz. Nur die Escalade in Genf und der GP von Bern sind deutlich grösser. Entsprechend verankert ist der Silvesterlauf in Zürich (der nie an Silvester stattfand). Dazu ein Beispiel: Das Zielgelände um den Münsterhof wird zurzeit umgebaut. Der Münsterhof soll nicht mehr als Parkplatz dienen, sondern zu «einem offenen Platz mit einladender Atmosphäre werden», wie die Stadt schreibt. Als einziger Sportanlass aber darf der Zürcher Silvesterlauf auch in Zukunft dort seine Infrastruktur aufbauen. Die Begründung: «Weil er schon immer dort war.» Mit Freude weist OK-Präsident Bruno Lafranchi auf diese Erklärung hin. Sie ist für ihn die Belohnung eines langen, zähen Ringens um den Stellenwert des Laufs – der keineswegs immer so hoch war, wie er mittlerweile ist.
Teilnehmerbaisse und Wiederbelebung nach 1991
Dazu eine Rückblende: Als der TV Unterstrass den Zürcher Silvesterlauf nach 1991 übernahm, darbte der Lauf. Die Teilnehmerzahlen waren ins Bodenlose gesunken, der Ruf des Anlasses bescheiden. Weil er zudem in der Innenstadt jeweils an einem Dezember-Sonntag stattfand, kollidierte er mit den Weihnachtsverkäufen des Gewerbes. Dieses hatte am lahmen Lauf darum gar keine Freude, sah es doch seine Kunden verschreckt und sich von finanziellen Einbussen betroffen. Organisatoren und City-Vereinigung stritten sich darum in schöner Regelmässigkeit, wann der Lauf nun durchzuführen sei. Die Differenzen der Parteien gingen so weit, dass der Tages-Anzeiger 1999 titelte: «Aus für Silvesterlauf?» Und noch 2001 fragte sich die NZZ: «Silvesterlauf oder Sonntagsverkauf?» Die emotionale Diskussion wurde bis in die Leserbriefspalten geführt. So monierten 1997 Tagi-Leser: «Wir glaubten unseren Augen und Ohren nicht zu trauen, als wir am vergangenen Sonntag zufällig die Bahnhofstrasse hinaufschlenderten. Da müssen sich nur einige Sternchen aus den USA anschicken, ihren neuen «Fast-food-Tempel» einzuweihen, und schon wird ohne weiteres möglich, was wir Stadtzürcher für unseren Silvesterlauf seit Jahren vergeblich versuchen – die Bahnhofstrasse wird komplett gesperrt, und zwar nicht nur für eine oder zwei Stunden, nein, den ganzen Nachmittag und noch bis spät in die Abendstunden.»
Durchbruch dank Sandwichprinzip
Den entscheidenden Lösungsvorschlag lieferte die zuständige Stadträtin Esther Maurer im Anschluss an den Zürcher Silvesterlauf von 1999. Als Sandwichlösung ging er in die Geschichte dieses Konflikts ein. Sie besagt, dass das Rennen jeweils zwischen dem ersten und zweiten Sonntagsverkauf der Cityvereinigung am zweiten Dezember-Sonntag stattfinden soll. Nach kurzem Murren verläuft seither alles in Minne. Oder wie es Bruno Lafranchi sagt: «Seit acht, neun Jahren herrscht Ruhe.» Das hängt auch mit der Entwicklung des Zürcher Silvesterlaufs zusammen. Er ist schliesslich zu einer Grosskraft herangewachsen, die eine stattliche Zahl an potenziellen Kunden für die Zürcher Geschäfte liefert – wenn nicht am Lauftag, dann zumindest an einem anderen Dezember-Sonntag. Hinzu kommt, dass solche Rennen weit über die Elite hinaus interessieren, also zu Volksläufen geworden sind und damit eine hohe Identifikation der Bevölkerung geniessen. Der Zürcher Silvesterlauf ist schon lange kein Schaulaufen von einigen wenigen Asketen mehr.
75 000 Franken für die Stadt
Stolz bilanziert Bruno Lafranchi darum, dass sich der Zürcher Silvesterlauf inzwischen in einer Liga befindet, «in der man uns Ernst nimmt». Der Stadtrat ist am VIP-Apéro folglich ein gern gesehener Gast, wo er seine Rolle als Botschafter von Zürich wahrnimmt. Zumal ihm der Zürcher Silvesterlauf den Goodwill in Geld zurückzahlt. Gegen 75 000 Franken hat er der Stadt pro Austragung abzugeben. Das ist im Gesamtbudget der Stadt natürlich ein Klacks, für den Lauf aber kein Mikrobetrag. Im Gegensatz zur Jahrtausendwende aber bezahlt er die Summe inzwischen gerne.
Von Christian Brüngger
Entnommen aus Swiss Runners 2015
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