Einsteigerläufe sind zum Schnuppern ideal für Läufer, die gerne abwechslungsreich und profiliert laufen möchten. Wer einmal den besonderen Reiz von Landschaftsläufen erkannt hat, der wird diese mehr und mehr in seinen Wettkampfkalender einbauen.
Das Auge läuft mit – Herausforderung für Jedermann bei Landschaftsläufen- Wilfried Raatz und das Berglauf-Journal
Es ist eine Herausforderung, aber auch Urlaub vom Alltäglichen zugleich. Eintauchen in die Schönheit der Natur, fernab der hektischen Betriebsamkeit der Zivilisation. Der Start bei einem der stetig wachsenden Zahl von Landschaftsläufen ist sicherlich auch eine Herausforderung, aber einer weitgehend anders akzentuierten. Fernab von dem Tempodiktat auf (vermessenen) Straßendistanzen spielen Ausdauer, Kraft, Willensstärke und Beweglichkeit in einer veränderten Mixtur die maßgebliche Rolle.
Der Reiz der Landschaft lockt Tausende auf die unterschiedlichen Strecken beim Swiss Alpine Marathon oder beim Rennsteiglauf, lockt Hunderte zum Zugspitzlauf nach Garmisch oder zum Kandel-Berglauf nach Waldkirch in den südlichen Schwarzwald. Gleichgültig, ob Alpenpanorama oder eher sanfte Mittelgebirgshügel, das Auge läuft unbestritten mit bei den Landschaftsläufen.
Einsteigerläufe sind zum Schnuppern ideal für Läufer, die gerne abwechslungsreich und profiliert laufen möchten. Wer einmal den besonderen Reiz von Landschaftsläufen erkannt hat, der wird diese mehr und mehr in seinen Wettkampfkalender einbauen. Talentierte Läufer aus dem „Flachland“ wie Carmen Siewert aus Greifswald oder Anja Carlsohn aus Potsdam schafften es dank ihrer läuferischen Grundlage und der unbedingten Bereitschaft, sich in die „Materie Berglauf“ mit Nachdruck einzuarbeiten – bis zum Gewinn der Deutschen Berglaufmeisterschaft und zur Belohnung die Berufung in die Berglauf-Nationalmannschaft.
Ambitionierte Läufer müssen nicht in der voralpinen Region in Bayern angesiedelt sein, um den Zugang zum Berglaufen zu finden. „Die meisten Mitglieder der Nationalmannschaft kommen eher aus Mittelgebirgsregionen“, unterstreicht Wolfgang Münzel, der Berglauf-Berater des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Vor Jahresfrist rückte selbst ein auf kürzeren Distanzen angesiedelter Bahnspezialist wie Caro Schuff (Trier) als deutscher Vizemeister in das EM-Aufgebot, das letztlich beim Europa-Championat in Cauterets zu Mannschaftsbronze lief. „Das müsste eigentlich Hoffnung machen für alle, die gerne landschaftsorientiert laufen möchten“.
Ideal für Einsteiger ist der Pfälzer Berglauf-Pokal, der sich von Februar bis November mit Wertungen bei insgesamt sechs Wettbewerben zieht. Die Premiumläufe sind dabei auf den 673 m hohen Kalmit bei Maikammer über 8,1 km und einer Höhendifferenz von 505 m und dem 687 m hohen Donnersberg bei Steinbach über 7,2 km und 418 Höhenmetern mit 800 bzw. 600 Teilnehmern. Ein überraschender Erfolg beim Bad Dürkheimer Berglauf hat seinerzeit auch eine Marathonspezialistin wie Carmen Siewert bewogen, sich dem Thema Berglauf mit letztlich großen Erfolg anzunähern.
Während der Pfälzer Berglauf-Pokal mit steigenden Teilnehmerzahlen rechnen kann, ist das Interesse am Schwarzwaldpokal eher rückläufig. Die Laufserie mit zumeist sechs Veranstaltungen beinhaltet mit dem Kandel-Berglauf (Waldkirch), dem Schauinsland-Berglauf (Freiburg), dem Tote Mann-Berglauf (Oberriet), dem Hochblauen-Berglauf (Müllheim), dem Hundseck-Berglauf (Bühlertal), dem Moosenmättle-Berglauf (Wolfach-Kirnbach) und dem Brandenkopf-Berglauf (Zell am Harmersbach) durchaus namhafte Bergläufe, die allesamt schon Ausrichter von deutschen Berglaufmeisterschaften waren.
Und dennoch bleiben die Schwarzwälder weitgehend unter sich, wenn nicht eine Preußin wie Anja Carlsohn wie im Vorjahr die tradierte Reihenfolge mit ihrem Gesamtsieg ins Wanken bringt. Die Herausforderung ist im Schwarzwald allerdings durchaus eine gehobene, denn die Höhendifferenzen liegen durchweg zwischen 700 (Brandenkopf-Berglauf) und 957 Metern (Schauinsland-Berglauf). Aber letztlich allesamt Bergläufe, die durchaus auch für Einsteiger geeignet sind und nicht mit zu langen Anreisewegen für Läufer aus den nördlich gelegenen Bundesländern verbunden sind.
In die Nische der Landschaftsläufe eingedrungen ist, sicherlich nicht zuletzt aufgrund der großen Teilnehmerzahlen, die Outdoor-Ausrüstungsfirma Salomon mit dem Salomon-Gore-Tex-Trailrunning-Cup. In dieser Klammer gibt es in diesem Jahr eine Spezialwertung längerer Landschaftsläufe wie dem Rennsteiglauf, dem Kyffhäuser Berglauf und dem Hermannslauf im Teutoburger Wald mit Distanzen zwischen Halbmarathon, Marathon und dem Rennsteig-Ultralauf über 78 km und den traditionellen bayerischen Bergläufen mit speziellen Herausforderungen am Karwendel (11 km/ HD 1425 m), Tegelberg (8 km/ HD 900 m), Hochgrat (6 km/ HD 850 m) und dem Hochfelln (8,9 km/ 1074 m). Direkt sympathisch flach wirkt in dieser Serie der Fichteberglauf im Erzgebirge über 9,1 km und einer Höhendifferenz von 500 m.
Nahe der tschechischen Grenze kann es durchaus vorkommen, dass sich Weltklasseathleten aus dem Skilanglauf- und Biathlonbereich der Herausforderung Berglauf stellen. So sind die WM-Medaillen dekorierten Viola Bauer und Lucas Bauer in den Siegerlisten zu finden. Der Mix aus für „Flachländer“ Machbarem und einem Heranführung an alpine Steigungen ist eher eine Serie für fortgeschrittene Landschaftsläufer, die über das Stadium eines Hereinschnupperns schon hinaus gekommen sein sollten.
Klein aber fein ist die Welterbe-Berglauf-Trophy an Rhein und Lahn, einer Veranstaltungsfolge an zwei Tagen Ende August in Rheinland-Pfalz. Entlang des Limesgrabens geht es in Bad Ems über 6 km und einer Höhendifferenz von 480 m, während es am Folgetag der Anstieg von St. Goarshausen aus über den Rheinsteig zum Loreleyfelsen mit einer Streckenlänge von 7,8 km und 280 m zu bewältigen gilt. Strecken und Steigungen, die für Freizeit- und Hobbyläufer gut machbar sind.
Allein gemeinsam ist der, gutes Wetter vorausgesetzt, herrliche Fernblick nach vollbrachter „Arbeit“. Gleich ob im Pfälzer Wald, im Schwarzwald, am Rhein oder im Thüringer Wald, die Weite der Landschaft belohnt für die sicherlich Kräfte zehrenden Aufstiege. Eine bodenständige Versorgung im Ziel lädt stets zum Verweilen ein und verkürzt die Wartezeit auf zumeist ansprechende Siegerehrung mit vielen Naturalpräsenten.
Auch die Schweiz bietet eine Reihe von interessanten Läufen, die durchaus für Einsteiger geeignet sind. Die Jura-Top-Tour nahe der deutschen Grenze bietet das ideale Terrain für teilnehmerstarke Läufe, die Lust auf mehr machen. Der Tüfelsschluchtlauf in Hägendorf (8,3 km/ HD 500 m), der Wengi-Berglauf in Matzendorf (7 km/ HD 430 m), der Roggen-Berglauf in Oensingen (10,2 km/ HD 495 m), der Passwang-Berglauf in Mümliswil (10,3 km/ HD 642 m), der Gempen-Berglauf in Dornach (7,8 km/ HD 426 m), der Grenchen-Berglauf (12 km/ HD 880 m), der Belchen-Berglauf in Olten (13 km/ HD 812 m) und der Weissenstein-Berglauf in Solothurn (14,1 km/ HD 1020 m) sind sicherlich an der Spitze mit leistungsstarken Spezialisten wie die schweizer Vize-Weltmeisterin Martina Strähl oder dem Freiburger Markus Jenne besetzt, die Masse jedoch sind Freizeit- und Hobbyläufer aller Leistungs- und Alterskategorien.
Ideal für Einsteiger ist auch der 5-Tage-Berglauf-Cup im Züricher Oberland mit Streckenlängen von 3,3 bis 6,6 km und Höhendifferenzen von 270 bis 430 m für alle, die gerne eine Urlaubswoche läuferisch erleben wollen.
Selbst große Veranstaltungen wie der Swiss Alpine Marathon in Davos bietet Ende Juli ein interessantes Programm für Einsteiger an, die nicht die großen Herausforderungen über 42 oder 78 km mit Höhendifferenzen von 1900 bis 2300 m suchen. Der K21 mit Start auf der neuen Sunnibergbrücke bei Klosters weist „lediglich“ 680 Höhenmeter auf und ist ebenso für Einsteiger geeignet wie die Läufe von Davos nach Filisur (28 km). 1000 Starter bei diesen Nebendistanzen des Swiss Alpine Marathon sind gängig und unterstreichen den familiären Charakter des Megaevents in der Landschaft Davos.
Wilfried Raatz
Weitere Informationen zu den hier genannten Läufen finden Sie im „Berglauf-Journal 2008“, Verlag wus-media, 64405 Niedernhausen-Fischbachtal,
Kontakt: info@wus-media.de, Internet: www.berglauf.info