Arsen und Thallium sind giftig beim Einatmen und beim Verschlucken. Doch wer beißt gerne freiwillig in die Bahn, wenn gar ein Vierhunderter oder Tausender misslingt?
Darmstadt – Aschenbahn im Hochschulstadion gesperrt – 1923 erbautes Hochschulstadion teilsaniert – aber nicht mehr wettkampftauglich -Trainingsstätte für die Leichtathleten des ASC Darmstadt seit Jahrzehnten – Wilfried Raatz berichtet
Die Technische Universität Darmstadt hat im Zuge der Umbauarbeiten des altehrwürdigen Hochschulstadions auch Bodenproben von der Aschenbahn genommen – und diese umgehend für den Trainingsbetrieb gesperrt. Belastungen über den zulässigen Grenzwerten wurden dabei für Arsen und Thallium festgestellt.
Inzwischen ziert eine weiße Kunststoffplane die Sechs-Bahnen-Anlage, Bauzäune und rotweiße Trassierbänder mit den entsprechenden Hinweisschildern verwehren den trainingsfleißigen Läufern den Zutritt.
Die vier Zentimeter starke Deckschicht der Aschenbahn ist mit dem Schwermetallen Arsen und Thallium belastet, bei Arsen sind die Grenzwerte bis zum siebenfachen, bei Thallium bis zum dreifachen des zulässigen Grenzwertes. Die Rasenplätze, von denen ebenfalls Proben entnommen wurden, sind nicht oder nur gering belastet. Die TU Darmstadt sieht dies als eine vorbeugende Maßnahme, im Zuge der Umbauarbeiten (geplant ist unter anderem ein Kunstrasenplatz des Hauptfeldes) wird die Deckschicht abgetragen.
Arsen und Thallium sind giftig beim Einatmen und beim Verschlucken. Doch wer beißt gerne freiwillig in die Bahn, wenn gar ein Vierhunderter oder Tausender misslingt? Für Freizeitanlagen gelten nach der Bundes-Bodenschutz-Verordnung Grenzwerte von 125 mg/kg für Arsen und 25 mg/kg für Thallium. Die entnommenen Proben wiesen an verschiedenen Entnahmestellen stark schwankende Werte auf, die von einer Belastung unterhalb der Grenzwerte bis zu Höchstwerten von 880 mg/Kg Arsen und 60 mg/kg Thallium reichten.
Generationen von Studenten und Läufern, vorrangig der des ASC Darmstadt, die das Hochschulstadion seit der Sechziger als Heimstatt zu Trainings- und Wettkämpfen über Jahrzehnte nutzten, haben dort viele Runden gedreht. Das Hochschulstadion wurde übrigens 1923 mit den Studenten-Weltspielen (Vorläufer der Universiade) eingeweiht.
Unter den Institutsdirektoren Helmut Meyer und Klaus Willimczyk wurden dort Abendsportfeste, Deutsche Mannschafts-Meisterschaften (DMM-Bundesliga) und sogar Qualifikationen für Welt- und Europameisterschaften durchgeführt. Solange, bis die Aschenbahnen im allgemeinen Trend ausgedient hatten und Kunststoffanlagen in der gesamten Republik in Mode kamen.
Für die Mittel- und Langstreckler des ASC, die starken Triathleten aus Darmstadt, die Trainingsgruppen des TU eigenen Marathonprojekts unter der Leitung von Dieter Bremer und Petra Wassiluk war das Hochschulstadion bislang eine Anlage mit Atmosphäre. Nicht zuletzt, weil direkt begrenzt von der Lichtwiese und dem herrlichen Ostwald, die das Laufen zum idealen Freizeitvergnügen werden ließ. Oder weil sich ein 50 m-Schwimmbecken direkt (!) an die Laufbahn anschloss, das zur Abkühlung nach vollbrachtem Training einlud.
Die Anlagen sind derzeit mangels Wettkampftauglichkeit allenfalls zu Trainingszwecken und zur Ausbildung der Sportstudenten und zum Sportunterricht der nahe gelegenen Darmstädter Schulen noch geeignet. Der letzte „Leichtathletik-Wettkampf" wurde übrigens 2008 mit der Premiere des Darmstadt-Marathon und der Deutschen Sparkassen-Meisterschaften durchgeführt, als das Hochschulstadion stimmungsvoller Zieleinlauf für über 6.000 Marathon- und Halbmarathonläufer sowie 10 km-Läufer war.
In einer ersten toxikologischen Bewertung und einer Einschätzung der gesundheitlichen Auswirkungen auf die Nutzer der Laufbahn seien jedoch nach Ärzten des Klinikums Darmstadt keine gesundheitliche Gefährdung der Nutzer zu erwarten.
Wilfried Raatz
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