Blog
12
11
2006

Darmstadt und Regensburg haben durch ihre wegweisenden Deutschen Meisterschaften im Herbst 2005 bzw. Frühjahr 2006 die Richtung aufgezeigt, dass Crosslaufen auch hierzulande Spaß machen kann

Crosslaufen in Deutschland – ein geliebt-ungeliebtes Kind? – Darmstadt und Neukirchen sind die Ausnahmen – Ansonsten eher eine regionale Crosskultur – Hoffungen auf eine Neubelebung des Deutschen Cross-Cup?

By GRR 0

Aus den Reihen des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) kommt zwar mit Sabrina Mockenhaupt die aktuelle Vize-Europameisterin im Crosslaufen, doch sonst ist das Querfeldeinlaufen hierzulande eher eine Randdisziplin. Und auch die Überraschungs-Marathon-Europameisterin Ulrike Maisch ist für ihre Vorliebe für das Crosslaufen bekannt.

Es gibt zwar hierzulande, und das verrät der Blick in den Veranstaltungskalender, eine Fülle von so genannten Crossläufen, zumeist haben diese lokalen bis begrenzt regionalen Charakter, und werden nur in wenigen Fällen ihrem Anspruch gerecht, die Primärtugenden der Läuferzunft auf den Mittel- und Langstrecken zu schulen.

Internationale Meisterschaften finden zumeist auf „autobahnähnlichen“ Parcours statt, bei denen eher leichte Hindernisse und künstliche Bodenwellen den gepflegten Rasenteppich unterbrechen. Langstrecken-Bundestrainer Detlef Uhlemann wirkt dabei wie ein „einsamer Rufer in der Wüste“, denn das Interesse ist dürftig. Zumeist besteht die DLV-Mannschaft aus einem einzigen Läufer. Und dies vor dem Hintergrund, dass der DLV einer stärksten Verbände weltweit gilt.

Wegweisende Deutsche Meisterschaften in Darmstadt und Regensburg

Darmstadt und Regensburg haben durch ihre wegweisenden Deutschen Meisterschaften im Herbst 2005 bzw. Frühjahr 2006 die Richtung aufgezeigt, dass Crosslaufen auch hierzulande Spaß machen kann. Auf schweren Parcours zudem, dies aber in erster Linie durch die witterungsbedingten Kapriolen.
Attraktive, sprich zuschauer- und betreuerfreundliche Rundstrecken, sind ein Schritt in die richtige Richtung, die sportinteressierte Öffentlichkeit und engagierte Unternehmen für diese Form des Laufes zu gewinnen, ist ein weiterer Ansatz, um eine neue Crosskultur in Deutschland zu schaffen.

Es gibt Veranstaltungen mit einer hohen Crosskultur wie es der Darmstadt-Cross seit vielen Jahren nun einmal ist. Am Sitz des DLV hat sich unter der Federführung des einstmals die Cross-Szene mitbestimmenden ASC Darmstadt eine Veranstaltung zur Nummer eins in Deutschland gemausert. Das nahezu komplett einsehbare Gelände unweit des ehrwürdigen Hochschulstadions ist 364 Tage ein Tummelplatz für Hasen und in Stadtwohnungen gehaltener Hunde, doch einmal im Jahr treffen sich die besten deutschen Crossläufer zum Showdown.
Die Deutschen Meisterschaften waren trotz starkem Schneefall zwei Tage zuvor und den heraus resultierenden verkehrstechnischen Problemen waren im Vorjahr nicht allein wegen des 80 m langen zu durchlaufenden Bierzeltes richtungsweisend, denn mit rund 2000 Anmeldungen verzeichnete man in Darmstadt eine überragende Melderesonanz.

Lichtwiese am 19. November

Am kommenden Sonntag (19.11.) kehrt auf der Lichtwiese bei der 22. Auflage des Darmstadt-Cross nun keineswegs Normalität ein, sondern die Verbandstrainer des DLV, der Schweiz und Österreich haben EM-Qualifikation für die Titelkämpfe in San Giorgio (10.12.) angesetzt, der Allgemeine Deutsche Hochschulverband (ADH) ermittelt die Studentenmeister und der DLV hat einmal mehr den DLV-Talente-Cross intergriert, so dass die ASC-Verantwortlichen mit rund 1000 Startern rechnen können.
Eine rekordverdächtige und sicherlich stattliche Zahl, die jedoch kaum Schritt halten kann mit den in Vielzahl vornehmlich in den Sommermonaten die deutsche Laufszene beherrschenden Stadtläufen, die diese Zahlen im wahrsten Sinne des Wortes im Wochentakt auf den Asphalt zu bringen vermögen.

Daran kann sicherlich auch der Berliner Cross nichts ändern, der zwar unter dem Strich 2.000 Läufer an die Startlinie bringt, doch keineswegs mehr als regionale Ausstrahlung hat. In Neukirchen bei Grevenbroich hat sich Mitte Februar unter den Fittichen des früheren Uhlemann-Trainers Adi Rosenbaum ein Crosslauf mit internationalem Charakter durch U 23-Ländervergleiche entwickelt, der durchaus gutes Potential verrät.

DLV-Bundesfachausschuss LAUFEN für Wiederaufleben des Deutschen Cross-Cup

Im gerade erst konstituierten DLV-Bundesfachausschuss LAUFEN hat man sich gerade erst vor wenigen Tagen einmütig für ein Wiederaufleben des Deutschen Cross-Cup ausgesprochen, der mit drei oder vier Veranstaltungen bereits in der Wintersaison 2007/08 wieder gestartet werden soll. Darmstadt und Neukirchen sind dabei gesetzt. Jedoch müssen zwei weitere Veranstalter gefunden werden, die mit Engagement und Akribie das zarte Pflänzchen Cross hegen und pflegen wollen.
Schließlich geht es vornehmlich auch darum, ein attraktives Wettkampfangebot von November bis März (wieder) zu installieren, das die Primärtugenden des Läufers, nämlich Ausdauer, Kraft- und Schnelligkeitsausdauer, Willenschulung und Lauftechnik in nahezu idealer Konstellation verbindet.

An einem stabilen und tragfähigen Unterbau muss nachhaltig gearbeitet werden

Und dazu gehört sicherlich auch, dass man sich auf Verbandsebene einig ist, wo denn die nationalen Titelkämpfe hingehören, entweder in den Herbst – oder wie nun seit 2006 wieder praktiziert ins Frühjahr.
Denn die Erfolge einer Ulrike Maisch oder eines Jan Fitschen sind schnell ein einmaliger (und zugegeben schöner) Sommertraum, wenn hier nicht an einem stabilen und tragfähigen Unterbau nachhaltig gearbeitet wird.
Und das Crosslaufen ist eine der möglichen Wege dazu.

Wilfried Raatz

Siehe auch unsere Beitrage zum Crosslauf in Deutschland:

Der Beginn der Cross-Saison – Cross Country Running – Schule des Willens und der Kraftausdauer
https://www.germanroadraces.de/24-0-newsartikel1009.html

Der Berliner Cross-Country-Lauf am Teufelsberg von 1964 – 2006 – die Geburtsstunde des Volkslaufes in Berlin und Deutschland
https://www.germanroadraces.de/24-0-newsartikel1031.html

author: GRR

Comment
0

Leave a reply