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2009

Auch in Europa kennt man ihren Namen seid Novi Sad als U 20-EM-Zweite über 800 m – und nun auch als Vierter der Cross-Europameisterschaften von Dublin.

Corinna Harrer: „Ich bin ein Zocker-Typ!“ – 18jähriges Regensburger Lauftalent liebt kurze Mittelstrecken – und überrascht bei der Cross-EM in Dublin als Vierte – Wilfried Raatz im Gespräch – German Road Races Nachwuchs-Förderpreis 2009 an Corinna Harrer

By GRR 0

Corinna Harrer ist unter Deutschlands Nachwuchsläuferinnen unbestritten die Nummer Eins. Titel über 800 m und 5000 m sowie im Cross, Ranglistenerste zudem über 1500 m und 10 km (!) belegen dies eindrucksvoll.

Nicht zuletzt deshalb hat German Road Races (GRR) der talentierten Regensburgerin den GRR-Nachwuchs-Förderpreis 2009 verliehen.

Auch in Europa kennt man ihren Namen seid Novi Sad als U 20-EM-Zweite über 800 m – und nun auch als Vierter der Cross-Europameisterschaften von Dublin.

GRR-Sprecher Wilfried Raatz sprach nach ihrem jüngsten Erfolg mit der hoffnungsvollen 18jährigen Mittelstrecklerin der LG Telis Finanz Regensburg.

Die 16. SPAR European Cross Country Championships sind gerade vorbei. Im Rennen der U 20-Juniorinnen sind Sie als Vierte sehr knapp an einer Einzelmedaille vorbeigeschrammt, konnten aber den Grundstock für den überraschenden Bronze-Platz mit Ihren Teamkolleginnen legen. Welchen Stellenwert hat dieser Erfolg bei den Cross-Europameisterschaften für Sie?

Das war der Knaller zum Jahresende! Dieser vierte Platz ist für mich persönlich weitaus mehr wert als die Silbermedaille in Novi Sad! Weil dies einfach so unerwartet kam. Ich habe nun wirklich überhaupt nicht damit gerechnet. Es gab mir aber auch den Anstoß, einmal darüber nachzudenken, was ich in der zurückliegenden Saison alles erreicht habe. Und das ist wirklich viel, sehr viel!   

Mit etwas mehr als vier Kilometern und einem matschigen Geläuf war die EM-Strecke im Santry Park in Dublin Ihnen nicht unbedingt auf den Leib geschnitten – und dennoch ist es super für Sie gelaufen. Wie erklären Sie sich dieses?

Eigentlich laufe ich alle Rennen am Vormittag schlecht. Wir sind morgens so früh zum Start gefahren, dass es noch nicht einmal richtig hell war. Das war voll schrecklich! Dazu habe ich mich am Vortag noch richtig schlapp gefühlt. Zuhause trainieren wir im Winter eher Ausdauer, laufen dabei in Dauerläufen und mit Fahrtspiel Umfänge bis 80 und 90 Kilometer. Nach dem Motto „Jeder läuft mit jedem“ trainieren dabei die Jungs mit den Mädels, Sprinter mit Langstrecklern zusammen. Wir sind dann oftmals zu fünfzehnt im Training. Das macht viel Spaß. Vielleicht habe ich auch ein „Ausdauer-Gen“? Bei einer Überprüfung vor Dublin wurden mir jedenfalls für eine eigentliche 800 m-Läuferin ‚phänomenale Werte’ attestiert.

Überraschende Erfolge sind die schönsten Erfolge! Das dürften Sie und Ihre Teamkolleginnen auch entsprechend in Dublin gefeiert haben?

Wir waren eine super Mannschaft in Dublin und hatten mega Spaß! Leider war beim Bankett um 1.00 Uhr Schluss! Auch die Aufmerksamkeit zu Hause war wesentlich größer als nach Novi Sad. Vielleicht hat es auch daran gelegen, dass wir noch keine Ferien hatten. In der Schule haben mich viele angesprochen, ich hatte auch noch nie so viele Anrufe wie nach der Cross-EM.

Es ist phänomenal, dass Sie eine derart breit gefächerte Palette von 400 m bis 10 km auf hohem Niveau anbieten können. Nicht zuletzt wurden Sie nun gerade mit dem German-Road-Races-Nachwuchs-Förderpreis ausgezeichnet. In welche Richtung möchten Sie sich künftig orientieren?

Für mich ist dieses Spektrum auch etwas unheimlich. Zugegeben, ich bin schnell. Für die 400 Meter reicht es allerdings nicht ganz. Die 1500 m-Distanz dürfte mittelfristig meine Strecke werden, auch wenn mir die 800 m viel Spaß machen. Über 1500 m kann man mehr taktieren, das kommt mir eher entgegen. Ich bin ein Zocker-Typ!  

Das muss doch jeden Trainer zur Weißglut treiben!?

Ja, das stimmt. Oftmals höre ich im Rennen nicht mehr auf das, was mein Trainer Kurt Ring mir zuvor eingeschärft hat. Wir haben dann schon hier und da größere Diskussionen darüber. Ich komme aber eigentlich mit jedem Rennverlauf klar und kann mich darauf einstellen.

Wo sehen Sie Ihre Stärken?  

Ich bin eine, die im übertragenen Sinne nicht 399 Meter, sondern 400 Meter läuft. Ich laufe eigentlich alles gerne. Die 5000 m-Meisterschaften in Bremen haben mir megaviel für den Kopf gebracht, denn normalerweise mag ich diese Monotonie nicht. Aber wenn ich Leistung bringen muss, dann bringe ich diese!   

Ein Blick in die deutsche Frauen-Bestenliste über die Mittelstrecken zeigt, dass der Abstand zur internationalen Klasse groß ist. Sehen Sie für sich hierin eine Chance, in Kürze diese Lücke füllen zu können?

Schauen wir einmal. Auf jeden Fall nehme ich die Herausforderungen über 800 m und 1500 m an. Im Vordergrund stehen natürlich die U 20-Weltmeisterschaften in Moncton in Kanada. Eventuell wird ja auch Barcelona für mich interessant – auch wenn es jetzt noch in weiter Ferne liegt! Aber eine 2:02 hätte ich mir bei einem optimalen Rennverlauf auch in diesem Jahr schon zugetraut!

Es sind oft die Zufälle, die Talente zur Leichtathletik bringen. Wie wurden Sie entdeckt?

Ich muss dazu sagen: Ich bin früher keinen Meter gelaufen. Bei einer Sichtung in unserer Schule mussten wir in der 3. Klasse einen 50 m-Sprint laufen. Da habe ich alle Mädchen und Jungs geschlagen. Unsere Lehrerin hat mich ermutigt, es doch mit Leichtathletik zu versuchen. Mit einer Freundin bin ich dann zur Kindergruppe von Doris Scheck bei der LG Domspitzmilch gegangen – und es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Weil auch viele von unserer Schule dabei waren. Und dann bin ich dabei geblieben. Ich war zunächst in der Langsprintgruppe. Denn länger laufen ging gar nicht, da ich große Atemprobleme hatte. Man sagte mir, es wäre vielleicht wachstumsbedingt. Ich sollte dann sogar zur Kur, aber plötzlich war alles wie weggeblasen. Und seitdem laufe ich!   

Bei allen Ambitionen im Leistungssport: Wie kriegen Sie Ihren Tagesablauf mit einem starren Stundenplan in der Schule und den Trainingszeiten geregelt?

Es ist schon etwas schwierig, zumal ich in Wenzenbach und damit 15 Kilometer von Regensburg entfernt wohne, dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Ich bin von 7 bis 20 Uhr täglich unterwegs. Wenn ich einen ungünstigen Stundenplan habe, dann fahre ich viermal am Tag hin und her. Da ich im Frühjahr Abi mache, ist es derzeit etwas entspannter. Aber irgendwann muss ich auch für’s Abitur lernen. Ich habe mir aber vorgenommen, dass ich, wenn wir über Fasching und in den Osterferien ins Trainingslager fahren, meine Bücher mitnehme. Ich bin zwar keine Super-Schülerin, aber Unterpunkte habe ich auch noch nie gehabt!   

Was kommt nach dem Abitur?

Es kommt natürlich darauf an, wie es im Sport läuft. Aber professionell Sport zu treiben ist mir zu monoton. Nur Sport von morgens bis abends, nein, das ist nichts für mich! Ich möchte BWL in Regensburg studieren und dann auch dort wohnen. Vielleicht in einer WG mit anderen Sportlern oder im Studentenwohnheim. Ein Jahr Pause kann ich mir allerdings nicht geben, denn 2011 wird es in Bayern wegen der ersten G8-Absolventen einen großen Andrang um die Studienplätze geben.   

Wilfried Raatz

 

author: GRR

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