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05
06
2009

Das passierte vor einem Jahr. Mike Boit brachte den jungen Kikuyu an der renommierten Wichita State University unter, wo er seitdem „Nursing“ studiert. Säuglingspflege. Damit wird er, wieder daheim, viel Nützliches anstellen können. Ob er daneben auch in der Leichtathletik-Mannschaft seine Erfolge feiern wird, ist jetzt nicht mehr das Wichtigste.

Catherine Ndereba und der Straßenjunge – Von Robert Hartmann

By GRR 0

„Von da an war alles weitere nur noch Geschichte.“ Das war die Schlussfolgerung, die Professor Dr. Mike Boit von der Kenyatta-Universität in Nairobi nach einer Geschichte mit glücklichem Ausgang schrieb. Im Mittelpunkt steht ein junger Kenianer, Samuel Waweru vom größten Volk seines Landes, den Kikuyu. Das Besondere an seinem Lebenslauf ist seine Kindheit und Jugend. Denn fünf Jahre seines Lebens verbrachte er auf den Straßen der Hauptstadt.

Mike Boit hatte zufällig von Waweru erfahren, nachdem er auf einer besonderen, für die Straßenkinder eingerichteten Schule mit einem hervorragenden Examen abgeschlossen hatte. Bei ihren ersten Zusammentreffen meinte Mike, einen möglichen Mittelstreckenläufer vor sich zu sehen, und der Junge willigte sofort ein, mit dem Training zu beginnen. Sein älterer Ratgeber deutete auch an, ihm in den USA ein Leichtathletik-Stipendium besorgen zu können. Während der nächsten Wochen und Monate bemerkte er den Feuereifer und die Disziplin seines Schützlings.

Das nächste Hindernis war das Besorgen des Visums für ein Stipendium. Da sind die Amerikaner sehr streng. Sie interviewen den Kandidaten auf Herz und Nieren, und die Vorbereitung allein darauf dauerte fast zwei Wochen lang. Doch während Mike Boit die Freude darüber im Gesicht stand, als das positive Ergebnis bekannt gegeben wurde, war der Junge schnell wieder traurig. Mike erfuhr auch schnell den Grund. Daheim auf den Straßen könne er ein paar Mal fünf Schillinge zusammenbetteln – das ist umgerechnet weniger als ein Cent -, aber ein Flugticket über den Großen Teich würde mehr als 120.000 Schillinge kosten. Es war ein Ding der Unmöglichkeit.

Auch Mike Boit ließ erst einmal die Flügel hängen. „Ich dachte mir nur: ‚mission impossible’“. Doch dann hatte er eine Idee. Er rief einfach Catherine Ndereba an. Die Weltmeisterin und Olympiazweite im Marathonlauf. Für eine Spitzenläuferin, wie sie eine ist, zumal sie aus einem Land der Dritten Welt kommt, liegt das Geld tatsächlich auf der Straße. Dollars oder Euro.

Wenn sie nur intelligent und ausdauernd trainiert, und beides trifft auf sie ja zu. Der Professor wusste, dass sie ihren christlichen Glauben nicht wie eine Monstranz vor sich herträgt, wenn sich die Fernsehkameras auf sie richten. Und selbstverständlich kennt sie das Gebot von der Nächstenliebe.

Der Professor wusste durchaus, dass sie ihm in irgendeiner Form weiterhelfen würde. Und er täuschte sich nicht. Nachdem sie ihn angehört hatte, war ihre Antwort trotzdem überwältigend. Sie sagte nämlich nur ein Wort: „Ja“. Sie bezahlte dem unbekannten Jungen mit den Aussichten auf eine bessere Zukunft das ganze Ticket.

Das passierte vor einem Jahr. Mike Boit brachte den jungen Kikuyu an der renommierten Wichita State University unter, wo er seitdem „Nursing“ studiert. Säuglingspflege. Damit wird er, wieder daheim, viel Nützliches anstellen können. Ob er daneben auch in der Leichtathletik-Mannschaft seine Erfolge feiern wird, ist jetzt nicht mehr das Wichtigste.

Der zur Zeit verletzten Catherine Nderba ist zu wünschen, dass sie im August an den Weltmeisterschaften in Berlin teilnehmen wird. Das wäre dann eine runde Sache.

Robert Hartmann

Post scriptum:
Der Autor arbeitet derzeit an einem Buch über die Sport und die Bildung in Kenia, und deswegen kontaktierte er den Professor mit seiner sportlichen Vergangenheit. Dabei machte Boit auf Waweru aufmerksam. In der e-mail, die er danach wegen weiterer Einzelheiten sandte, berichtete er nebenbei von Catherine Nderebas Hilfe. Es ist Mäzenatentum im besten Sinne.

Dass es jetzt öffentlich wird, ist zufällig.

 

PS: Mike Boit (Quelle: IAAF)

 
Boit Mike KEN
Sex Weight Height Date of Birth Place of birth
M 68.00 1.86 06/01/1949  
Personal Best – Outdoor
Performance Wind Place Date
800 Metres 1:43.57   Berlin 20/08/1976
1000 Metres 2:15.3   Wattenscheid 23/09/1977
1500 Metres 3:37.75   Helsinki 13/08/1983
One Mile 3:49.45   Bruxelles 28/08/1981
Progression – Outdoor
Season Performance Wind Place Date
800 Metres 1976 1:43.57   Berlin 20/08/1976
1000 Metres 1977 2:15.3   Wattenscheid 23/09/1977
1500 Metres 1983 3:37.75   Helsinki 13/08/1983
One Mile 1981 3:49.45   Bruxelles 28/08/1981

 

author: GRR

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