Blog
22
10
2008

Ermöglicht wurden die Leistungen der deutschen Athleten und Athletinnen auch durch den Einsatz eines über die gesamte Wettkampfdauer hoch engagiert und sehr flexibel seine Aufgaben bewältigenden DLV-Betreuerteams.

Bronze für 24-Stunden-Läuferinnen in Seoul – Monika Belau wie im Vorjahr auf Platz sieben – Souveräner Einsatz des DLV-Betreuerteams – Volkmar Mühl berichtet

By GRR 0

Bei der am vergangenen Wochenende in Seoul(Korea) ausgetragenen sechsten Auflage der IAU-24-Stunden-World Challenge errang die deutsche Frauenmannschaft den bislang größten Erfolg seit Einführung dieser halboffiziellen Weltmeisterschaft, die seit 2003 unter dem Patronat der IAAF veranstaltet wird. Die DLV-Männermannschaft erzielte im Feld der weltbesten Teams Rang fünf.

161 Ultramarathonläufer und -läuferinnen aus 26 Nationen gingen am Samstag, 10 Uhr Ortszeit, an den Start. Hinzu kamen etwas mehr als 30 für den offenen Lauf gemeldete Starter/innen. Die 923,46 Meter lange, völlig flache Strecke in und um eine Skateranlage führte entlang eines Nebenarms des Hangan-River.

Winklige Wettkampfstrecke

Der Kurs war im Vorfeld kritisch bewertet worden: Neben einem sehr harten Untergrund mit einem hohen Anteil von Betonpflaster hatten vor allem einige ausgesprochen enge und winkelige Kurven Anlass zur Sorge gegeben. Dies umso mehr, als klar war, dass die recht kurze Runde mit annähernd 200 Wettkampfteilnehmern/innen ausgelastet sein würde.

Die Befürchtungen sollten sich im Wettkampfverlauf glücklicherweise als weitgehend unbegründet erweisen. Lediglich im Bereich der Verpflegungszone gab es aufgrund der geringen Streckenbreite gelegentliches Gedränge, was zur Vermeidung von Behinderungen eine erhöhte Aufmerksamkeit von Seiten der Betreuer und Athleten/innen erforderlich machte. Die Kurvenradien sollten sich zwar wie erwartet als eng erweisen, waren aber dennoch gut zu laufen.

Nach dem Startschuss ging der Spanier Sainz Ramon Alvarez in Führung, gefolgt vom Russen Alexei Arefyev und Vizeweltmeister Mohamed Magroun aus Frankreich. Bei den Frauen lag die Französin Kora Boufflert nach der ersten Runde in Front, unmittelbar hinter ihr folgten ihre Teamkameradinnen Vizeweltmeisterin Brigitte Bec und Martine Guilhembet. Die französischen Läuferinnen demonstrierten ihre Stärke damit von Beginn des Rennens an.

Unerwartete Hitze

Die deutschen Teilnehmer und Teilnehmerinnen ließen es erst einmal ruhig angehen und hielten sich im Tempo zurück. Die Absicht war, in der Anfangsphase Kräfte für das Schlussdrittel zu sparen und sich erst im Verlaufe des Wettkampfs allmählich nach vorne zu arbeiten. Eine gerade auch wegen der hohen Temperaturen sinnvolle Renntaktik, denn bereits beim Start war es mit 29 Grad über die Vorhersage hinaus unerwartet warm. Zwei Stunden später sorgte eine massive Sonneneinstrahlung für eine Mittagshitze von knapp 35 Grad. Derartige Temperaturen machten eine ständige Energiezufuhr, bei einigen Läufern nahezu in jeder Runde, erforderlich und beschäftigten die Betreuermannschaft vollauf.

Erst am späten Nachmittag gingen die Temperaturen zurück und pendelten sich bei Einbruch der Dunkelheit ab 18 Uhr bei etwa 18 Grad ein, auch in der Nacht sollte es nicht wesentlich kälter werden. Mit den Abendstunden setzten allerdings bei einigen Läufern Magen-Darm-Probleme ein, eine typische Folge der drastisch erhöhten Flüssigkeits- und Nahrungszufuhr in den ersten sieben bis acht Stunden.

Davon waren auch deutsche Athleten und Athletinnen betroffen. Jens Lukas beispielsweise, der „dienstälteste“ und erfahrenste 24-Stunden-Läufer im deutschen Teams, kam mit der sonst bewährten Verpflegung nicht zurecht und fand das passende Wettkampfgetränk nicht; Friedemann Hecke konnte in den Abendstunden keine festere Nahrung mehr zu sich nehmen und führte dies in der späteren Analyse nach dem Wettkampf eindeutig auf ein Zuviel an Getränkezufuhr in den ersten sieben Stunden zurück.

Ryoichi Sekiya und Sumie Inagaki bei Halbzeit in Front

Wer sich im 24-Stunden-Lauf auskennt, weiß, dass Zwischenstände nicht vor Halbzeit Bedeutung erlangen, da der Wettkampf erst dann so richtig beginnt. Nicht wenige Teilnehmer zeigten zu diesem Zeitpunkt bereits Schwächen und mussten das Tempo entsprechend verlangsamen. Bei den Männern lag nun Weltmeister Ryoichi Sekiya aus Japan mit 145 Kilometern vorne, hinter ihm behauptete sich noch Alexei Arefyev, gefolgt vom Russen Vladimir Bychkov. Sie lagen zwei bzw. vier 4 Kilometer hinter dem Führenden.

Bei den Frauen führte die Weltmeisterin des Jahres 2006, Sumie Inagaki aus Japan, mit 132 Kilometern vor Brigitte Bec, die sich in der gleichen Runde befand. Die Japanerin Mami Kudo rangierte mit 126 Kilometern auf dem dritten Rang.

Jens Lukas und Monika Belau nach zwölf Stunden schnellste Deutsche

Aus deutscher Sicht hatte sich Jens Lukas (LSG Karlsruhe) mit 125 Kilometern auf Rang 25 vorgearbeitet, nach ihm kam Oliver Leu (LG Bremen Nord) mit 120 Kilometern vor Ralf Steißlinger (TSV Kusterdingen), der einen Kilometer zurück lag. Kurz dahinter folgten Andreas Baier (TSV Kusterdingen; 118 km), Friedemann Hecke (VFL Ostelsheim; 117 km) und Michael Irrgang (LG Troisdorf; 110 km).

Bei den Frauen hatte sich Monika Belau (Harburger SC) mit 112 Kilometern auf Rang 13 als beste Deutsche platziert. Hinter ihr lief Anja Samse (MC Menden) überraschend stark mit 109 Kilometern vor Grit Seidel (LG Nord Berlin; 107 km). Sabine Strotkamp (LG Kreis Ahrweiler) und Silke Gielen (Harburger SC) hatten zu diesem Zeitpunkt 102 bzw. 98 Kilometer absolviert.

Diverse Probleme im deutschen Männerteam

Einige der deutschen Athleten mussten nun allerdings mit Problemen unterschiedlicher Art kämpfen. Am härtesten erwischte es Ralf Steißlinge, den bereits im Vorfeld des Wettkampfs eine Verletzung im Fersenbereich behindert hatte, die mit einer dreiwöchigen deutlichen Trainingsreduzierung verbunden gewesen war. Zwar waren die Beschwerden Anfang September zurückgegangen und das Leistungsniveau hatte sich scheinbar wieder auf Normalmaß eingependelt, die verlorenen Kilometer ließen sich in den verbleibenden sechs Wochen aber offenbar doch nicht mehr vollständig kompensieren. Im Ergebnis bedeutete dies den erschöpfungsbedingten Ausstieg nach rund 15 Stunden Wettkampfdauer. Ralf Steißlinger, seit seinem ersten DLV-Einsatz 2005 einer der Leistungsträger im deutschen Team, war verständlicherweise sehr enttäuscht.

Bei Jens Lukas und Friedemann Hecke minderten massive Magen-Darm-Probleme die Leistungsfähigkeit. Auch Oliver Leu erlitt eine Schwächephase und musste in den verbleibenden Stunden immer wieder längere Gehpausen einlegen, um bis zum Schluss im Wettkampf zu bleiben. Die Ursache dafür blieb letztendlich ungeklärt, möglicherweise waren drei 24-Stunden-Läufe seit Mai einfach zu viel, wie er nach dem Wettkampf selbst analysierte. Auch bei Andreas Baier lief es zwischenzeitlich bedingt durch Magenproblemen überhaupt nicht rund. Er musste sich sogar übergeben, blieb aber weiter im Rennen.

Ein drastischer Kräfteverlust setzte bei Michael Irrgang ein und zwang den Troisdorfer zu einer deutlichen Temporeduzierung. Dies war umso bedauerlicher, als er am Vortag die bei ihm bereits seit mehreren Wochen bestehenden Hüftprobleme auch mit Unterstützung von Teamkamerad Oliver Leu, der beruflich als Physiotherapeut tätig ist, so gut in den Griff bekommen hatte, dass eine schmerzfreie Wettkampfteilnahme möglich wurde.

DLV-Frauen arbeiten sich nach vorne

Bei den deutschen Frauen hingegen lief es weitgehend nach Plan und so arbeiteten sich Monika Belau, Anja Samse, Sabine Strotkamp und Silke Gielen stetig und unaufhaltsam nach vorne. Nur bei Grit Seidel traten Schwierigkeiten auf. Wegen immer stärker werdender muskulärer Probleme musste sie das Tempo drastisch verringern.
 
Spannend wurde es in den letzten vier Stunden, nachdem das DLV-Frauenteam sich an die auf Rang drei liegenden Amerikanerinnen herangearbeitet hatte. Diese versuchten zu kontern. Immer wieder kam es nun auf beiden Seiten zu Tempoverschärfungen und -verschleppungen. Eingangs der letzten Stunden hatten die DLV-Frauen es aber geschafft, drei Runden Vorsprung herauszulaufen und nun schlug besonders die Stunde von Anja Samse: Mit locker-leichtem Schritt legte die Mendenerin in der Schlussphase noch einmal deutlich zu und sorgte mit dafür, dass der Vorsprung auf die Amerikanerinnen am Ende auf mehr als acht Runden ausgebaut werden konnte. Damit war Rang drei und damit die erhoffte Teammedaille gesichert.

Monika Belau wie im Vorjahr auf Platz sieben

In der Einzelwertung lief die in der Endphase ebenfalls noch einmal zulegende Monika Belau mit 217,386 Kilometer auf den siebten Platz. Anja Samse kam zwei Ränge zurück auf 211,144 Kilometer, Sabine Strotkamp vervollständigte das Frauenteam mit 198,569 Kilometern auf Rang 16. Außerhalb der Mannschaftswertung erreichte Silke Gielen mit einem gleichmäßigen Rennen Platz 21 (191,066 km), Grit Seidel kam am Ende noch auf 186,091 Kilometer und belegte damit Rang 25 von 55 gestarteten Athletinnen.

Bemerkenswert ist, dass vier der fünf Athletinnen damit neue persönliche Bestleistungen erreichten. Silke Gielen steigerte sich um rund zwei Kilometer, Monika Belau und Sabine Strotkamp erreichten jeweils ca. vier Kilometer mehr als bisher und Anja Samse toppte die im Mai im holländischen Steenbergen erreichte Bestleistung sogar um rund 15 Kilometer! Monika Belau stellte mit ihrem Resultat auch eine neue Deutsche Jahresbestleistung auf.

Andreas Baier mit starker zweiter Hälfte

Bei den Männern überraschte Andreas Baier mit einer außergewöhnlich starken zweiten Rennhälfte. Gab es zwischendurch angesichts der geschilderten Probleme ernsthafte Zweifel, ob er den Wettkampf überhaupt würde fortsetzen können, so fing er sich mit einem vorbildlichen Kampfgeist wieder. Die Magenprobleme gingen zurück und er konnte im zweiten Rennabschnitt mit rund 123 Kilometern demonstrierten, dass auch im 24-Stunden-Lauf die schnellere zweite Hälfte keine Illusion sein muss. In der letzten Stunde arbeitete er sich noch an Jens Lukas vorbei und belegte am Ende mit 241,983 Kilometern Rang elf. Seine persönliche Bestleistung verbesserte er damit um rund sieben Kilometer.

Jens Lukas, der sein Tempo in der zweiten Hälfte kontinuierlich reduzieren musste, erreichte einen Platz dahinter immer noch ausgezeichnete 240,814 Kilometer und zeigte sich angesichts der aufgetretenen Probleme damit zufrieden. Den fünften Rang der Männermannschaft bei 18 teilnehmenden Teams sicherte Friedemann Hecke (210,594 km), knapp vor Oliver Leu (209,061 km), gleichbedeutend mit den Plätzen 41 und 43 in der Einzelwertung. Michael Irrgang kam mit 190,666 Kilometern auf Rang 64.

Ryoichi Sekiya mit drittem Titelgewinn in Folge

Nach seinen Siegen 2006 in Taiwan sowie 2007 in Kanada siegte Ryoichi Sekiya bei den Männern erneut mit 272,443 Kilometern, Zweiter wurde Fabien Hoblea aus Frankreich (266,152 km) vor Yuji Sakai aus Japan (263,466 km). Bei den Frauen kam es zu einem französischen Dreifach-Triumph durch Anne-Mare Vernet (238,762 km), Anne-Cecile Fontaine (238,328 km) und Brigitte Bec (229,818 km).

In der Mannschaftswertung der Frauen belegten bei elf gemeldeten Teams die Mannschaften von Frankreich (706,908 km) und Japan (648,411 km) die beiden ersten Plätze vor den DLV-Frauen. Bei den Männern lautete die Reihenfolge Japan (782,663 km), Frankreich (770,866 km), Russland (722,364 km) und Italien (700,057 km) vor der deutschen Mannschaft.

Souveräner Einsatz des DLV-Betreuerteams

Ermöglicht wurden die Leistungen der deutschen Athleten und Athletinnen auch durch den Einsatz eines über die gesamte Wettkampfdauer hoch engagiert und sehr flexibel seine Aufgaben bewältigenden DLV-Betreuerteams. Maya Lukas, Michael Wolf, Ralf Reinholz, Heike Steißlinger und Volkmar Mühl waren über weite Strecken vollauf damit beschäftigt, den umfangreichen Verpflegungswünschen der Athleten/innen nachzukommen, was angesichts der geschilderten Probleme nicht immer einfach war.

Die Mannschaft wurde den in sie gesetzten Erwartungen mit den erreichten guten Mannschaftsplatzierungen sowie den fünf Resultaten innerhalb der zehn bzw. zwanzig weltbesten 24-Stunden-Läufer und -Läuferinnen gerecht. Die Reise nach Fernost hat sich aus deutscher Sicht gelohnt.

Die Ultramarathon-Nationalmannschaft des DLV errang damit die 20. Medaille, seitdem Volkmar Mühl 2004 die Verantwortung für die Betreuung und Zusammenstellung der Teams übernommen hatte. Für dieses kleine Jubiläum dankt er allen Aktiven und Betreuern, die diese Erfolge mit großem persönlichen Einsatz ermöglicht haben.

Volkmar Mühl

author: GRR

Comment
0

Leave a reply