In Berlin ist es dem Athletenkoordinator Christoph Kopp wieder gelungen, ein Feld an Weltklasseathleten an den Start zu bringen, das ein spannendes und vor allem auch schnelles Rennen verspricht
BIG 25 Berlin am Sonntag: Ein Fernduell der Extraklasse – Helmut Winter berichtet
Die BIG 25 Berlin des letzten Jahres waren von der leistungssportlichen Seite einmalig. Zwei Weltrekorde wurden erzielt, wobei sowohl bei Männern als auch vor allem Frauen die neuen Bestmarken von 1:12:50 und 1:19:53 von solcher Qualität sind, dass sie sich nicht mehr im „Vorbeilaufen" verbessern lassen werden.
Bei den Frauen waren die BIG25 2010 Durchgangsstation von Mary Keitany zur absoluten Weltklasse im Straßenlauf, das Jahr 2011 bestätigt dies sehr eindruckvoll. Mit ihrem Halbmarathonweltrekord im Februar in Ras Al Khaimah in 65:50 und ihrem souveränen Sieg beim diesjährigen London-Marathon in 2:19:19 ist die Kenianerin die unangefochtene Nr. 1 der internationalen Straßenlaufszene bei den Frauen.
Während in Berlin am 9.5.2010 Sammy Kosgei und Mary Keitany zu denkwürdigen Rekorden stürmten, vollbrachte zur gleichen Zeit ein erst zwanzigjähriger Landsmann beim Prag Marathon ebenfalls Herausragendes. Durch die isländische Vulkanasche musste Eliud Kiptanui seine Anreise und den Start beim Wien-Marathon 2010 absagen und meldete nach Prag um.
Der Erfolg war sensationell. Mit einem tollen Finale auf dem Kopfsteinpflaster der tschechischen Hauptstadt katapultierte er in 2:05:39 sich und die Prager Strecke in die Topliga des Straßenlaufs. Und die Art, in der er diese Zeit erzielte, konnte für die Zukunft Großes erwarten lassen.
Ein Jahr später sind am Sonntag die Rollen vertauscht. Sammy läuft diesmal in Prag sein mit Spannung erwartetes Marathon-Debut, Eliud kommt nach einigen Rückschlägen zu den BIG 25 nach Berlin. Ob die beiden auch in der invertierten Konstellation zu ähnlichen Leistungen fähig sein werden, dürfte schwer werden, denn die beiden Marken aus dem Vorjahr sind von absoluter Klasse.
Hinzu kommt, dass beide in der letzten Zeit nicht mehr die große Form aus den Vorjahren hatten bzw. unglückliche agierten. Dabei dürfte es nicht an der fehlenden Konkurrenz liegen, denn die ist in beiden Läufen hochklassig. Sammy muss vor allem Tsegay Adhane (ETH) beachten, der in Prag mit der besten Vorleistung von 2:06:30 an den Start geht; damit wurde er vor zwei Jahren in Paris Vierter. Der Weltklassemann Duncan Kibet musste dort wegen Verletzung leider kurzfristig absagen.
In Berlin ist es dem Athletenkoordinator Christoph Kopp wieder gelungen, ein Feld an Weltklasseathleten an den Start zu bringen, das ein spannendes und vor allem auch schnelles Rennen verspricht. Ganz vorne ist William Kipsang (KEN) zu erwarten, der mit 2008 in Rotterdam in 2:05:49 Streckenrekord lief, auch Mathew Kisorio (KEN) hat gute Aussichten auf Grund seiner Zeiten von 60:10 und 60:15 im letzten Jahr über die Halbmarathondistanz.
Ein großartigen Eindruck machte kürzlich auch Levi Matebo (KEN) bei seinem Sieg beim Barcelona-Marathon in 2:07:31, wo er lange auf Kurs von 2:05 lag. Ganz besonders beachten sollte man den 23 jährigen Frontrunner Tujuba Beyu (ETH), der auf der schwierigen Strecke von Rom nach Ostia mit 59:58 den Kursrekord auf unter eine Stunde schraubte.
Somit ist der Sieg für Sammy und Eliud keinesfalls ein Selbstläufer, auch in Anbetracht der Entwicklungen in diesem Jahr. Sammy wollte sich auf sein Marathondebut in Prag beim Dubai Marathon als Tempomacher vorbereiten, konnte aber schon nach 15 km der Spitze nicht mehr folgen und lief bis 25 km ohne großen Nutzen für sich allein. Zu diesem Zeitpunkt stürmte Eliud im gleichen Rennen an der Spitze mit und hatte bei 30 km auf Kurs von unter 2:05 liegend beste Aussichten auf eine tolle Zeit und den Sieg, incl. 250.000 Dollar.
Völlig unvermittelt stieg er aber bei 31 km aus und verschenkte somit Zeit, Sieg und vor allen das Geld. Erst im Nachgang wurde sein Verhalten aufgeklärt, Eliud hatte ein Vertrag mit Rotterdam in der Tasche, der einen Marathon im Vorfeld ausschloss. Somit war Eliud, als Topstar in Dubai gehandelt, nur angereist, um die Strecke dort für ein Folgejahr kennen zu lernen und dann dort schnell zu laufen. Aus dem schnellen Lauf in Rotterdam bereits in diesem Jahr wurde es allerdings nichts, denn bei der schnellen Jagd nach Hailes Rekordmarke musste er bereits bei 17 km das erste Mal passen und mit Darmproblemen ein Toilettenhäuschen aufsuchen.
Als sich das bei 22 km wiederholte, war es mit einer Topplatzierung natürlich vorbei, vollkommen unter Wert geschlagen landete Eliud in 2:09:08 auf Platz Vier. Und statt einen Weltrekord zu laufen, liegt er nur auf Platz 48 in der Weltjahresbestenliste 2011 für den Marathon.
Somit kann man gespannt sein, was die beiden am Sonntag zu leisten vermögen. Dabei scheint es sehr sicher zu sein, dass Sammy trotz der längeren Strecke als Erster von den beiden ins Ziel läuft – der Prag Marathon startet nämlich schon eine Stunde früher als die BIG 25 in Berlin.
Helmut Winter
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