Eine überaus erstaunliche Karriere für eine 42jährige Frau, die vor sechs Jahren mit dem zielgerichteten Langstreckentraining begann
Bernadette Pichlmaier: Geplanter Hattrick muss ausfallen! Titelverteidigerin fehlt bei den Deutschen Marathonmeisterschaften in Hamburg wegen eines Ermüdungsbruchs – Stefan Koch Favorit bei den Männern – Wilfried Raatz berichtet
„Ich war noch nie verletzt! Es ist schwer einzugestehen, dass ich nicht in Hamburg dabei sein werde!" so klang Bernadette Pichlmaier nur wenige Tage vor den Deutschen Marathon-Meisterschaften, die im Rahmen des Haspa-Marathon Hamburg am kommenden Sonntag (22.) an der Alster ausgetragen werden. Und ist dabei den Tränen nahe. „Ich muss mir einfach eingestehen, dass es nicht sein soll!" Die 42jährige der LAG Mittlere Isar war drauf und dran, einen lupenreinen Hattrick zu schaffen, nämlich zum dritten Male in Folge deutsche Meisterin im Marathonlauf zu werden.
„Von einem auf den anderen Tag habe ich im Schienbein-Bereich Schmerzen gespürt", wusste der Schützling von Francisco Munoz zu berichten. Dies war bei einem Trainingslager über Ostern in ihrer bayerischen Heimat. Bis zu diesem Zeitpunkt verlief die Saison 2011 prächtig für Bernadette Pichlmaier, die in der vergangenen Saison hinter den deutschen Marathonassen Sabrina Mockenhaupt und Irina Mikitenko vielbeachtet Rang drei einnehmen konnte.
Mit einer Zeit von 2:35:26 Stunden, eine Zeit, die sie als Siegerin des München-Marathon lief und bei ihr „Lust auf Mehr" provozierte. Bei den deutschen Halbmarathon-Meisterschaften in Griesheim wurde sie mit 1:15:20 Stunden Vierte und Erste der W 40-Klasse, kurz zuvor bei den bayerischen 10 km-Meisterschaften in Burgebrach hinter dem Ausnahmetalent Corinna Harrer mit 35:42 Zweite. Alles schien bereitet für den Marathon-Titel Nummer drei in Folge, denn alle Etablierte wie Mockenhaupt und Mikitenko, aber auch Susanne Hahn, Ulrike Maisch und Melanie Kraus haben die DM in Hamburg aus den unterschiedlichsten Gründen nicht auf dem Kalender.
Eine überaus erstaunliche Karriere für eine 42jährige Frau, die vor sechs Jahren mit dem zielgerichteten Langstreckentraining begann – und nach einer Steigerung auf inzwischen 2:35 Stunden einige Gedanken über einen möglichen internationalen Einsatz träumen darf. So denn man sie lässt. Wenn es nach Bernie und ihrem ehrgeizigen Trainer geht, dann könnte es durchaus in Richtung 2:30 Stunden gehen. Die 200 km-Marke im Wochenprogramm hat sie schon einige Male durchbrochen. Am Einsatzwillen mangelt es keinesfalls.
„Ich war bei zwei Ärzten. Und beide haben unabhängig voneinander einen beginnenden Ermüdungsbruch festgestellt!" Aus und vorbei mit einem möglichen Marathon-Triumph an der Alster. Die vermeindliche Konkurrenz mit Kerstin Straub (SSC Hanau-Rodenbach), Kerstin Steg (LAC Quelle Fürth), Steffi Volke (LG Telis Finanz Regensburg) oder Julia Weniger (TGV Augsburg) ist vom Leistungsvermögen deutlich hinter Bernadette Pichlmaier anzusiedeln.
„Beim Gehen habe ich keinerlei Schmerzen. Mein Kopf sagt mir, dass ich vielleicht sogar laufen könnte, aber ich bin horchsam!" Alternativtraining auf dem Rad oder im Wasser anstelle der gewohnten Kilometer-Umfänge, das ist das aktuelle Tagespensum der gelernten Floristin. „Mein Trainer ist natürlich genau so geknickt wie ich, versucht aber mich aufzurichten. Es fällt aber schwer. Denn ich weiß nicht, wie es sich anfühlt, wenn man einmal nicht laufen kann!"
Nach dem Schock hat Bernie Pichlmaier allerdings schon wieder Pläne geschmiedet. „Ich gehe davon aus, dass ich nach sechs bis acht Wochen wieder laufen kann". Die ersten Termine sind bereits fokussiert. Im Juli soll's sogar schon wieder über die 42 km-Distanz gehen, im Triathlon-Staffelteam des Bayerischen Rundfunks beim Ironman in Roth. Richtig krachen hingegen möchte es die 42jährige aus Rudelshausen allerdings erst im Herbst, beim München-Marathon.
Während es schwer fällt, für Hamburg einen Titelanwärter bei den Frauen auszumachen, sieht die Situation bei den Männern unschwer günstiger aus. Da ist der Titelverteidiger Dennis Pyka (LG Telis Finanz Regensburg), der allerdings auf einen starken Stefan Koch (LG Braunschweig), den Marathonmeister 2009, trifft.
Mit Holger Freudenberger (TSG Heilbronn), Richard Friedrich (LG Passau), Florian Neuschwander (PTSV Trier) und Christian Seiler (LG Ohra Hörselgas) ist die weitere Konkurrenz um die Medaillen zumindest vorzeigbar.
Wilfried Raatz
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