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31
03
2010

Berlins Olympiapark steht in der Diskussion – Vertreter von Sportmuseen, Sportarchiven und Sportsammlungen sprachen drei Tage lang über aktuelle Probleme des Berliner Olympiaparks. Hansjürgen Wille berichtet

By GRR 0

Horst Milde, dem Schöpfer des Berliner City-Marathons, liegt auch der Olympiapark der Hauptstadt am Herzen. „Was wir heute nicht bewahren, wird unseren Enkeln vorenthalten“, sagt er und fand damit Widerhall bei der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Sportmuseen, Sportarchive und Sportsammlungen (DAGS), die Berlin für ihr 4. Symposium auserkor.

Tagungsort war ein Backsteingebäude auf dem ehemaligen Reichssportfeld-Gelände, das jetzt Olympiapark heißt und demnächst den 75. Geburtstag feiert. Hier fanden 1936 die Olympischen Spiele statt. Nun stand der Park im Mittelpunkt der Diskussionen des Symposiums.

Olympiapark galt als "Terra incognita"

Nach wie vor ist das weitläufige Areal, ausgenommen die riesige Betonschüssel des Olympiastadions, vielen weitgehend unbekannt. Der Grund: Ein großer Teil wurde zwischen Kriegsende und 1994, dem endgültigen Abzug der Alliierten aus Berlin, von den britischen Streitkräften als militärisches Hauptquartier genutzt und galt deshalb als „Terra incognita“. Danach gelangte es  in den Besitz der Bundesrepublik Deutschland und wird seitdem wieder von verschiedenen Vereinen und Verbänden mit Leben erfüllt.

Wobei die Vermarktung der Anlage mit seinen reichhaltigen Sportanlagen und Gebäudekomplexen noch immer nicht geklärt ist. Es gibt mehrere konkurrierende Interessensgruppen, so die für den Olympiapark zuständige Senats-Sportverwaltung, den Fußball-Bundesligaklub Hertha BSC als Hauptnutzer vieler Trainingsfelder, die Olympiastadion GmbH, die Berliner Bäderbetriebe und den Glockenturmpächter.

Klaus Böger, Präsident des Landessportbundes Berlin und gerade zum Sprecher aller LSB gewählt, nannte die denkmalgeschützte Gesamtanlage „ein einzigartiges, authentisches Stück deutscher Geschichte“, das im Rahmen des Stadtmarketings besser herausgestellt werden müsse. Was beispielsweise auch für das Berliner Sportmuseum gilt, das sich im Deutschen Haus befindet und von Martina Behrendt, einer der Initiatoren des dreitägigen Forums, geleitet wird. „Ein Museum lebt nicht von den Archiven, sondern von den vielen Menschen, die daran teilhaben wollen“, sagte sie.

Besucherkonzept  entwickeln

Darüber hinaus plädierten der für den Olympiapark zuständige Staatsekretär Thomas Härtel sowie Herbert Dierker, Abteilungsleiter Sport beim Senat, dafür, möglichst bald ein gemeinsames Besucherkonzept zu entwickeln, das für das gesamte Gelände seine Gültigkeit besitze. Außerdem sollten viel öfter ein „Tag der offenen Tür“ und öffentliche Führungen unter dem Aspekt sportlicher Orientierung und sporthistorischer Analyse stattfinden. Dabei sei das zur Fußball-WM 2006 total renovierte Olympiastadion natürlich weiter die Lokomotive.

Was auch die Zahlen nachdrücklich belegen. Christopher Meyer von der Olympiastadion GmbH und Anja Baumann vom Projektmanagement Runze & Caspar berichteten, dass jährlich 260.000 Gäste, vor allem aus dem Bundesgebiet und dem Ausland, dieses markante Berliner Wahr-zeichen besuchten. Nicht mit eingerechnet sind Zuschauer bei den Bundesligaspielen von Hertha BSC. Insgesamt, so Meyer, gibt es im Olympiastadion rund 150 völlig verschiedene Veranstaltungen, angefangen von den Highlights wie dem DFB-Pokalfinale oder dem Internatio-nalen Stadionfest der Leichtathleten bis hin zu kleineren Events, etwa der Kitajade für Jungen und Mädchen aus Kindergärten, Ehrungen wie zum 100. Jubiläum des Vereins Deutsche Sportjournalisten oder sogar Taufen, die in der neu geschaffenen Kapelle stattfinden.

Interessante Dinge unter der Erde

Die Berlin-Tourismus GmbH, so heißt es, könnte sich dieser Möglichkeit stärker als bisher annehmen. Auch des alten Olympischen Dorfes, das rund 15 Kilometer westwärts in Elstal liegt. Die Stiftung Deutsche Kredit Bank hat sich dieses Areals angenommen und es teilweise bereits restauriert. Unter dem Thema „Wiederentdeckung eines vergessenen Ortes“ referierte Mitarbeiter Martin Honerla über die Beschaffenheit des 55.000 Quadratmeter großen, waldigen Gebiets, das dann nach den Spielen 1936 unter anderem als Infanterieschule, Entbindungsheim und Lazarett gedient hatte, im Krieg durch Panzerangriffe teilweise zerstört und von 1945 bis 1992 von der sowjetischen Armee genutzt worden war.

Anschließend verfiel es, bis die DKB-Stiftung das Gelände erwarb und Schritt für Schritt bestimmte Gebäude wiederherstellte. So auch das damalige Wohnhaus der Amerikaner mit dem berühmten Jesse-Owens-Zimmer, das anlässlich des jährlichen DKB-Leichtathletik-Cups immer im Mittelpunkt steht.

Karin Wagner von der Senatsverwaltung Stadtentwicklung erinnerte daran, dass bei den Umbauarbeiten zur Fußball-WM 2006 drei bis vier Meter unter der Erdoberfläche eine Säulenarkade entdeckt worden war, die einst zum Startbereich des Schwimmbades im ehemaligen Deutschen Stadion gehörte. „Ich bin sicher, wir würden noch viele interessante Dinge ans Tageslicht befördern, wenn wir unter dem jetzigen Maifeld graben dürften.

Der Einfachheit halber wurde damals nicht nur der gesamte Sportkomplex platt gemacht, sondern einfach mit Sand überschüttet.“

Hans-Jürgen Wille  in DOSB Presse

 

author: GRR

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