Berliner Lauftalent Kornelia Lange im Aufwind - „Ich will schnell rennen“ - Volker Schubert berichtet ©Volker Schubert
Berliner Lauftalent Kornelia Lange im Aufwind – „Ich will schnell rennen“ – Volker Schubert berichtet
Sie heißt Kornelia Lange, und sie ist fast ein unbeschriebenes Blatt, jedenfalls was die Laufdisziplinen in der Leichtathletik betriff. Doch das könnte sich bald ändern, denn beim 26. Berliner Mini-Marathon konnte sich die noch kindliche Laufnovizin so richtig austoben.
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Da platzierte sich die unerfahrene Oberschuljüngste mit einem beachtlichen achten Rang; rannte hinterm Brandenburger Tor nur unwesentlich später als deutlich ältere Konkurrentinnen durchs Ziel – direkt in Muttis Arme. Doch das schien nur die Initialzündung gewesen sein: Denn Kornelia will mehr – sie will „schnell rennen“.
War für die Großen der 41. Berlin-Marathon auch 2014 wieder das ultimative Langstreckenlauf-Highlight auf deutschem Boden, so war das für die nicht mehr ganz so Kleinen traditionell der Mini-Marathon. Der „Kleine vom Großen“, der mit dem Kommatrick, nun immerhin auch schon in der 26. Auflage, startete tags zuvor am Nachmittag fast parallel zum Skater-Rennen.
Mini-Marathon heißt das Rennen, denn da sind von der Jugend zwischen neun und 19 Jahren exakt 4,2195 km abzuspulen.
Ein großes „U“ ist dort zu laufen, dass von der kühn in die Lüfte ragenden Architekturkomposition des Potsdamer Platzes gestartet, dann entlang des respektvoll eingezäunten Bundesratsensembles führend, zunächst schnurstracks Richtung Osten verläuft. Scharf nach Norden abbiegend und dabei den Augenschmaus das klassizistischen Schauspielhauses streifend, mündet die glatt asphaltierte Flachstrecke mitten in die pittoreske Zielgasse, die sich als opulenter Flanierboulevard für gut einen Kilometer Unter den Linden entlang räkelt, um dann nach 300 m hinter der Sieg verheißenden Quadriga des Brandenburger Tors im Marathonfinish der Großen zu enden.
Ganz Mama Paulina: Läuferische Modellmaße
Zugegeben, was für so manche, bis zur adipösen Unkenntlichkeit verpäppelten und trotzdem rotzfrechen Spreeathener Großstadtgöre nach gut 35 min als schier unendliche Tour der Leiden endete, war für Kornelia Lange, die gertenschlanke Laufnovizin, ein Wettkampfdebüt mit Langzeitfolgen. Die läuferischen Modellmaße sind Kornelia gleich von Kindesbeinen an in die Wiege gelegt worden; ihre gleichwohl grazile, aus Polen stammende Mutter Paulina verfügt über ebensolches biomechanisches Gardemaß, das für leichtathletische Mittel- und Langstrecken geradezu prädestiniert.
Vor der Kamera wirkt sie noch etwas schüchtern, die gerade erst 12-jährige Spandauer Gymnasiastin. Doch das täuscht, denn ganz tief in ihr drin, da ist sie Feuer und Flamme: Besonders wenn es ums schnelle Laufen geht. Die fixe und hochbegabte Siebtklässlerin, die für den SCC Berlin startet, hat den Sportsgeist bereits mit der Muttermilch aufgesogen.
Die blutjunge Laufgazelle mit den Kinder-Modellmaßen von 163 m und 39 kg, begann mit vier mit dem Tennisspiel und gewann mit sechs ihre ersten Kinderturniere.
Mit sieben kann die Lust am Rennen. Die führte zunächst über den Fußball, wo sie auf dem Kunststoffplatz des Schulhorts mit reichlich Ballgeschick in die klassische Jungsdomäne eindrang. „Kumpelhaft gut integriert“, wie sie sich freudig erinnert, platzierte die Neunjährige ihre Bälle auf vom Hortleiter initiierten Mixed-Turnieren oft unhaltbar und „jungsbestaunt“ in Deutschlands liebsten Netz.
Oft schneller als die Knaben und die wenigen „Egos“ in Feld spurtend, war das bis zehn ganz ihre Welt. Durch die Bank weg Einser-Noten, wechselte die begabte Schülerin bereits in der vierten Klasse aufs Gymnasium. Sich voll auf den neuen Stoff konzentrierend, läutete die Schülerkarriere das rasche Ende von Mannschaftsgeist und Tore schießen ein. Doch ihre Sportbegeisterung riss nicht ab.
Der neue Lebensabschnitt, der ins bestandene Probejahr führte, sorgte flugs für neue sportliche Ambitionen. Im Sportunterricht, ohnehin ihr Lieblingsfach mit 75 m Sprint, Schlagballwurf und 800 m Lauf, entdeckte Kornelia bald ihr neues Steckenpferd. Schon beim 1,2 km Einlaufen überrundet sie ihre Mitschüler. Und beim Schulleistungstest mit gesteigertem Tempolevel, war sie die einzige der Klasse, die von Musik und Hupsignalen animiert, immer wieder zulegen konnte.
Tiefer Wunsch zum schnellen Laufen
Und weil die andern keine Lust hätten, sich im Schulsport anzustrengen, ging Kornelia vor knapp einem Jahr dann zum SCC Berlin, einem echten Berliner Leichtathletik-Traditionsverein. Im Winter platzten erste Knoten. Bei den Berliner Indoor-Wettkämpfen, in der Rudolf-Harbig-Halle, lief Kornelia die 800 m in 2:42 min und belegte im W 12-Ranking auf Anhieb einen vierten Vierkampf-Platz.
Das blieb nicht unbeachtet. Seit kurzem ist die strebsame Nachwuchssportlerin nun im D1-Kader des Berliner Leichtathletik-Verbandes (BLV). Seit Mitte September hat Kornelia ihr Trainingspensum bereits verdoppelt – trainiert jetzt vier Mal wöchentlich, zwei Mal beim SCC und zwei Mal bei BLV-Landestrainer Markus Geißler.
Der Mini-Marathon war für Kornelia auch ein Vorgeschmack auf die Ellenbogengesellschaft. Sie hätte zunächst in der ersten Reihe gestanden. Doch dann hätten sich die Großen vorgedrängelt, sie erst in die zweite, dann in die dritte Reihe geschupst. Hingefallen sei sie, aber das hätte sie noch mehr motiviert zum schnellen rennen. Der Start sei dann wie ein Flash für sie gewesen. Sie wäre viel zu schnell losgelaufen, hätte sich dann aber aufgerappelt und ihr Tempo gefunden.
Während des Laufs habe sie „richtig Blut geleckt und nur große Jungs überholt“, den Endspurt aber viel zu früh angesetzt. „Gut 300 Meter vor dem Brandenburger Tor bin ich losgesprintet und war dann voll ausgepumpt“, so Kornelia, die dachte, dass sie dort das Ziel erwartet.
Vorbild 3000 m Hindernisass Möldner-Schmidt
Trotz der harten letzten 300 m, mit 17:19 min sei sie „sowieso Schulschnellste“ gewesen, so Kornelia glücklich, die als Jüngste der 7. bis 9. Klassen im Gesamtklassement einen ansehnlichen achten Rang erstritt. „Ich will schnell rennen“, so die Jungläuferin im Ziel noch um Luft ringend. Kornelia ist auch ein großer Fan von Anke Möldner-Schmidt: Wegen ihrer besiegten Leukämiegeschichte und ihres ungebrochenen Willens, sich sportlich wieder ganz nach oben zu kämpfen.
Beim EM-Finale in Zürich habe sie mit der 3.000 m Hindernis-Siegerin mit gefiebert und sie beim ISTAF dann ganz persönlich angefeuert, gesteht die junge Aufsteigerin. In den Herbstferien ging es für die Kornelia erstmals nach Kienbaum ins Bundesleistungszentrum – in die Ausprobierphase, zur Stärken-Schwächen-Analyse und zur ersten Disziplin-spezifischen Weichenstellung, freut sie sich noch immer.
Im vergangenen November hat das filigrane Leichtgewicht dann mit Bravour unter Beweis gestellt, dass die Trainerprognosen stimmten – lief beim stark profilierten 3.500 m Waldlauf in 14:14 min souverän aufs oberste Treppchen.
Ticket fürs Olympiapark-Finale folgt permanenter Leistungsanstieg
Mit dem überspurten der Ziellinie sicherte sich die Jungläuferin aus der „7a“ sogleich das Finalticket zum Crosslauf der Berliner Schulen. Und auch seit den Berliner Hallenmeisterschaften, die zu Jahresbeginn in der Rudolf-Harbig-Halle stattfanden, ist Kornelia kein unbeschriebenes Blatt mehr. Mit ihrer W12-Drittplatzierung über die 800 m in 2:38 min, schwang sie ihre Leitungskurve erneut erfolgreich empor. Dies untermauerte dann auch die Ticketauslösung im April auf dem ehemaligen Reichssportfeldgelände.
Beim diesjährigen Cross-Lauf-Finale der Berliner Schulen gelang der SCC-Laufamazone auf der rund 2.600 m langen Profilrunde des Olympiaparks wiederum ein richtungsweisender Medaillenplatz, als das taffe Lauftalent in 11:44 min mit Bronze finishte.
Auch Ende April, beim Max-Mirsch-Gedenksportfest gelang es Kornelia ihre Erfolgsbilanz weiter auszubauen, als sie in 2:33 min deutlich unter ihrer alten Bestmarke austrudelte. Nur sechs Tage später pulverisierte die sportive Gymnasiastin ihre Bestleistung abermals handfest. Anfang Mai, bei den Berlin-Brandenburgischen Meisterschaften im Team-Endkampf U14 rannte Kornelia, nun in der Altersklasse W 13 startend, abermals ganz nach vorn und ließ die Zeitnahme bei 2:31 min stoppen.
Möglicherweise eine weitere Steilvorlange für „ihr Schnelllaufen“ und der Beginn einer tollen Laufkarriere, bei der Kornelia Lange in den nächsten Jahren für weitaus dicker gedruckte Nachrichten sorgen könnte – es lohnt sich also „am Ball“ bleiben.
Volker Schubert
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