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09
02
2013

Dr. Heiner Brandi in der Kita Mareyzeile, die zu den 21 LSB-Kitas gehört ©Jürgen Engler

Berlin – d i e deutsche Sportmetropole – Rückblick 2012, Ausblick 2013: Interview mit LSB-Direktor Heiner Brandi

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Zufriedenheit ja, aber es stehen auch große Herausforderungen bevor. LSB-Direktor Dr. Heiner Brandi zieht Bilanz, blickt  aber auch optimistisch in die Zukunft, was u. a. die Mitgliederstärke im LSB betrifft:

Berlin wird als deutsche Sportmetropole bezeichnet. Können Sie das unterschreiben?

Brandi: „Uneingeschränkt ja. Keine andere deutsche Stadt kann solch hohe Qualität im Leistungssport vorweisen wie wir, was sich nicht nur in der starken Teilnahme unserer Athleten und Athletinnen innerhalb der deutschen Mannschaft an den Olympischen Spielen in London widerspiegelte, sondern auch an den großartigen Erfolgen unserer Bundesliga-Teams. Ich hoffe, dass der Wiederaufstieg von Hertha BSC in die 1. Liga gelingt und das Bild zukünftig abrundet. Keine andere Stadt kann mit so vielen nationalen und internationalen Großveranstaltungen aufwarten.

Wir sind aber auch gut im Breiten- und Freizeitsportsektor aufgestellt. Einiges deutet daraufhin, dass wir zum Jahreswechsel nah an die die 600.000-Marke heranrücken werden und somit die bisherige Aufwärtstendenz in punkto Mitgliederzahl fortschreiben. Das beweist die gute Arbeit der Sportvereine in Berlin. Allerdings könnte der Organisationsgrad, also der Anteil der Vereinsangehörigen im Verhältnis zur Einwohnerzahl in Berlin, durchaus etwas größer sein. Was heißt, dass auf diesem Gebiet noch einiges zu tun ist.“

Und wie wollen Sie das bewerkstelligen?

Brandi: „Unser wenige Monate zurückliegender Tag des Sports, als 70 000 Väter, Mütter und Kinder in den Olympiapark kamen, um einmal zu schnuppern oder aktiv mitzumachen, hat gezeigt, dass man die Berliner motivieren kann. Das Interesse am Sportreiben ist vorhanden. Wir werden 2013 unsere Angebote noch erweitern und attraktiver gestalten, wobei beim Tag des Sports am 31. August 2013 auch an Zusammenarbeit mit der Kultur gedacht ist. Außerdem hoffe ich, dass unsere anderen Konzepte ebenfalls greifen.“

Sicherlich denken Sie dabei in erster Linie an den Nachwuchs, zumal Sie ja lange Zeit selbst Jugendreferent beim LSB waren.

Brandi: „Bewegung im Vorschulalter ist eines der ganz entscheidenden Schwerpunktthemen und wird von unserer Sportjugend bearbeitet. Das vor Jahren aufgelegte Programm ‘Kleine kommen ganz groß raus’ hat sich erfreulich entwickelt und unterstreicht, dass wir mit unserer Anschubfinanzierung richtig lagen.

Rund 170 Vereine sind derzeit in 200 Kindertagsstätten engagiert. Außerdem ist der Landessportbund selbst Träger von 21 Kitas. Das alles hat dazu geführt, dass von 1999 zu 2012 die Mitgliederzahlen in der Altersklasse von null bis sechs Jahre von 13 518 auf 31 333 gestiegen sind, was bundesweit ein außerordentliches Resultat darstellt.“

Nun gibt es allerdings Probleme, die mit der Einführung der Ganztagsschulen zusammenhängen. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Brandi: „Tatsache ist, dass die meisten Kinder bis 16 Uhr in der Schule sind, so dass die Zeit für anschließende Freizeitaktivitäten schrumpft. Das bedeutet für uns aber nicht nur Nachteile, sondern zugleich auch Chancen und eine echte Herausforderung. Den Kooperationen zwischen Schule und Verein ist deshalb verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken, denn der Sport erweist sich nun einmal als der wichtigste Partner der Schulen.

In Zahlen ausgedrückt: Im letzten Jahr gab es mit 316 Schulen, meist Grundschulen, aber auch anderen Bildungseinrichtungen, eine enge Zusammenarbeit. Insgesamt beteiligten sich daran 197 Sportorganisationen, also Vereine und Verbände. Allerdings müssen wir darauf achten, dass der Vereinssport nach 16 Uhr uneingeschränkt die zur Verfügung stehenden Sportstätten nutzen kann.“

Ein anderes heißes Thema ist der Solidarpakt, der zwar in der Koalitions-Vereinbarungen festgeschrieben wurde, aber nun mit Leben erfüllt werden muss.

Brandi: „Durch die Rückgänge der Lotto-Einnahmen und der dadurch bedingten geringeren Ausschüttung von Geldern an den Sport  ist es für den LSB von existenzieller Notwendigkeit, dass sich die im Haushaltsplan 2014/15 abzeichnenden Lücken durch Garantien seitens der öffentlichen Hand geschlossen werden können. Sonst  können wir unseren Verpflichtungen gegenüber den Menschen in Vereinen und Verbänden sowie generell dem Spitzensport nicht nachkommen.

Derzeit führen wir Gespräche mit dem Innen- und Sportsenator, aber auch den Fraktionsvorsitzenden und Sportpolitischen Sprechern der Parteien. Wenn Berlin seinen Status als Sportmetropole halten will, muss danach getrachtet werden, dass die finanzielle Basis erhalten bleibt, zumal der Sport auch als ein bedeutender Wirtschaftsfaktor gilt, wie gerade erst eine Studie festgestellt hat.“ (s. S. 5)

Was sind die wichtigsten Aufgaben 2013?

Brandi: „Wenn wir unseren Leistungssport-Anspruch aufrecht erhalten wollen, muss eine angemessene Bezahlung der Trainer und die Aufwertung ihres Berufsstandes angestrebt werden, ferner sind die Qualitätsmerkmale der Eliteschulen anzuheben und die Voraussetzungen für die Duale Karriere unserer Athleten zu verbessern. Selbstverständlich dürfen und wollen wir den Breiten- und Gesundheitssport nicht vernachlässigen und werden unter anderem neue Konzepte erproben.“

Großveranstaltungen sind spektakuläres Aushängeschild einer Stadt. Wie steht es damit?

Brandi: „Man kann nicht jedes Jahr eine Fußball- oder Leichtathletik-WM haben, dennoch gibt es 2013 hervorragende Veranstaltungen, wie Volleyball-EM der Frauen, WM in den Latein-amerikanischen Tänzen, Kurzbahn-Weltcup der Schwimmer oder German Open im Tischtennis, dazu Traditions-Events wie Sechstagerennen, DFB-Pokal-Finale oder ISTAF.

Und für die kommenden Jahre steht Berlin einiges ins Haus: 2014 die Schwimm-EM,  2015 vielleicht das Champions-League-Finale im Fußball, 2016 die Bahnradsport-WM, 2017 das Deutsche Turnfest, 2018 möglicherweise die Leichtathletik-EM.“   

 

Das Gespräch führte Hansjürgen Wille – SPORT in BERLIN – Januar/Februar 2013

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