Begeisternde Rennen beim Darmstadt-Cross – Alina Reh kämpft Konstanze Klosterhalfen nieder – Amanal Petros gewinnt in eindrucksvoller Manier das Männer-Rennen – Ludwig Reiser berichtet
Hochkarätige Wettbewerbe sind sicherlich schon seit Jahren das Gütezeichen des Darmstadt-Cross. Doch die 33. Auflage toppte in vielfältiger Weise die Vorzeige-Veranstaltung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV).
Unter der Federführung von Wilfried Raatz setzte der ASC Darmstadt im Verbund mit der Eventagentur wus-media einmal mehr beim Darmstadt-Cross ein Zeichen, das selbst mit Alain Spira den Technischen Delegierten von European Athletics restlos begeisterte. „Ich könnte mir hier auch gut eine Europameisterschaft vorstellen.
Alles super, angefangen von der schnellen, fast komplett einsehbaren Strecke, die einer Pferderennbahn gleicht, über die Organisation und zwei exzellente Moderatoren!“ Und Wilfried Raatz ergänzte die lobenden Worte auf seine eher zurückhaltende Weise: „Das ehrt uns natürlich.
Aber: Eine Europameisterschaft ist dann schon ein anderes Kaliber. Engpässe sollten dabei vor allem bei den Technischen Einrichtungen für Live-Übertragungen, Zugänge und Parkplätze für die Zuschauer sein. Hinzu kommt natürlich als Hauptknackpunkt der finanzielle Rahmen für eine derartige Veranstaltung!“
Eines jedenfalls konnte nach einem ereignisstarken Mittag in Darmstadt festgehalten werden, nämlich die Erkenntnis, dass der Darmstadt-Cross, übrigens zum zweiten Mal mit dem EA Cross-Country Permit-Label ausgestattet, einmal mehr eine großartige Werbung für die Leichtathletik allgemein und das Crosslaufen im Besonderen auf die Wiese zaubern konnte.
Das mit Spannung erwartete Rennen der Frauen und U23-Juniorinnen zur Mittagsstunde hielt in jeder Phase dann auch das, was man sich von dem Aufeinandertreffen zweier Weltklasseathletinnen erhoffte. Nach Dramatik pur bezwang Alina Reh (SSV Ulm 1846) nach langer Führungsarbeit auf dem 6.600 m langen Parcours im Südwesten Darmstadts ihre mit 20 Jahren gleichaltrige Konkurrenz.
Mit zwei 21:23 Minuten und zwei Sekunden Vorsprung bezwang die zur Langstrecke tendierende Alina die aktuelle U23-Cross-Europameisterin Konstanze Klosterhalfen (TSV Bayer Leverkusen). Dabei sah es eingangs der Schlussrunde aus, als ob Konstanze, bislang ausschließlich in der Verfolgung der mutig das Tempo bestimmenden Alina mit ihrem Spurtvermögen alles klar machen würde.
„Ich habe versucht, weiter dran zu bleiben, die Lücke nicht zu groß werden zu lassen und vor allem weiter zu kämpfen!“ Und 300 m vor dem Ziel griff die Ulmerin an – und war im Nu zwei, drei Meter vor ihrer Konkurrentin, die zuvor bereits drei Wochen lang in Südafrika gemeinsam trainiert hatten.
„Ich wußte, dass Alina sehr stark ist“, anerkannte Konstanze das großartige Rennen von Alina Reh. Damit bringen sich beide Topläuferinnen des DLV in Position für die in zwei Wochen stattfindenden Europameisterschaften in Samorin (Slowakei) und eine glänzende Chance auf Mannschaftsgold zusammen mit der hinter der Kenianerin Betty Chepkwony auf Platz vier einlaufenden U20-Cross-EM-Zweiten Anna Gehring (SC Itzehoe), gefolgt von Vera Coutellier (ASV Köln), ihrer Trainings- und künftig auch Vereinskollegin in Köln.
„Der Schritt hat gepasst und vor allem hat der Fuß gehalten!“ Damit kann die U20-Vize-Europameisterin in Richtung Samorin planen. „Wir wollen im Team eine Medaille holen!“ blickt Alina Reh überaus bescheiden in Richtung Cross-EM. Warum sollten es nicht (wieder) zwei goldene werden, die Chancen jedenfalls stehen nicht zuletzt nach der Generalprobe beim Darmstadt-Cross sehr gut.
Bei den Männern (9000 m) zeigte sich auch der deutsche 10 km-Meister Amanal Petros (SV Brackwede) bereits in EM-Form. In einem nicht minder spannenden Rennen schlug der gebürtige Äthiopier nach 9000 m den stark laufenden eigentlichen 800 m-Spezialisten Abdi Uya (Dietzer TSK Oranien) um drei Sekunden. „Ich bin sehr zufrieden“, freute sich Amanal Petros, der wegen der Bundeswehr-Grundausbildung noch etwas Trainingsrückstand befürchtete, im Rennen aber überzeugend durchstarten konnte. „Ich möchte eine Medaille…“, so der Fingerzeig des 23jährigen.
Hinter dem Äthiopier Samuel Fitwi Sibhatu im Dress der LG Vulkaneifel folgte der deutsche 10.000 m-Meister Simon Boch (LG Telis Finanz Regensburg) und der Hindernisspezialist Patrick Karl (TV Ochsenfurt) auf den weiteren Podestplätzen. Vor allem Patrick Karl hat sich damit den Platz im deutschen U23-Aufgebot ebenso gesichert wie zudem Kidane Tewolde (LG Olympia Dortmund und der stark mithaltende Jonathan Dahlke (TV Herkenrath).
Auch bei den U20-Junioren ging es um EM-Startplätze.
Eindrucksvoll dabei vor allem Miriam Dattke (LG Telis Finanz Regensburg), die über 4.200 m gegen die 3000 m-U20-Europameisterin Delia Sclabas (Schweiz) ein großartiges Rennen ablieferte und in der Schlußphase eindeutig die bessere war. „Es lief optimal“, freute sich die 5000 m-EM-Zweite, die damit auch mit Hoffnungen in die Slowakei reisen kann.
Auf Rang drei sicherte sich die erst 17jährige Linn Lara Kleine (LG Olympia Dortmund) und vermutlich auch die nur eine Sekunde dahinter einlaufende Johanna Flacke (LG Region Karlsruhe) ebenfalls die Startberechtigung für Samorin. Auf Rang fünf folgte mit der EM-Fünften über 3000 m-Hindernis mit Sibylle Häring (Schweiz) eine weitere Spitzenläuferin.
Zwar war auch mit Lisa Oed (SSC Hanau-Rodenbach) die zweifache U20-Europameisterin (3000 m Hindernis und Berglauf) in Darmstadt anwesend, doch wegen gesundheitlicher Probleme konnte sie das Rennen nicht aufnehmen. Dennoch war die 18jährige „nicht umsonst“ aus ihrem US-Studienaufenthalt nach Darmstadt angereist, aus der Hand des GRR-Vorstandsmitglieds Wilfried Raatz durfte Lisa den Pokal für die beste deutsche Nachwuchsläuferin 2017 in Empfang nehmen.
Wie schon in Pforzheim gewann der aus Somalia stammende Ilyas Yonis Osman (TV Waldstraße) auch über 6.600 m in Darmstadt – und wiederum vor dem deutschen U20-Crossmeister Markus Görger (LAC Freiburg). „Ich hatte mir vorgenommen, etwas aggressiver zu laufen. Das hat schon ganz gut hingehauen“, freute sich der Freiburger über seine gute Vorstellung.
Auch die Nächstplatzierten Mohamed Mohumed (LG Olympia Dortmund), Stefan Schmid (Österreich), Steffeln Ulmrich (MTG Mannheim) und Xan Volery (Schweiz) werden sich bereits in zwei Wochen auf europäischem Terrain wiedersehen.
Ludwig Reiser