Barcelona Friedrich gewinnt Bronze im Hochsprung – Weltmeisterin Blanka Vlasic flog dagegen souverän über 2,01 Meter – Jörg Wenig im Tagesspiegel
Als sich der Wettbewerb umkehrte, lag die Latte auf einer Höhe von 2,01 Metern. Ariane Friedrich, die Hochspringerin aus Frankfurt am Main, war als erste an der Reihe. Sie lief an, sprang – doch die Latte fiel. Weltmeisterin Blanka Vlasic flog dagegen souverän über 2,01 Meter und war damit erstmals an Friedrich vorbei.
Und nicht nur das: Der zweite Versuch gelang überraschend auch der Schwedin Emma Green. Im dritten und letzten Sprung schließlich schaffte es auch Ariane Friedrich in ihren pinkfarbenen Spikes. Den Wettbewerb noch einmal zu ihren Gunsten umkehren konnte sie allerdings nicht mehr.
Ariane Friedrich hat wie vor einem Jahr bei den Weltmeisterschaften in Berlin die Bronzemedaille gewonnen. Die 26-Jährige kam über 2,01 Meter nicht mehr hinaus. Ihre große Rivalin, die Kroatin Blanka Vlasic, siegte beim ersten Aufeinandertreffen der beiden in diesem Jahr mit 2,03 Metern vor Green (2,01).
Die Höhe von 2,03 Metern konnte Friedrich nicht mehr überwinden. „Das macht mich ein bisschen traurig“, sagte sie nach dem Wettkampf, lächelte danach aber schon wieder. Friedrich hat die erste deutsche Frauen-Hochsprungmedaille bei Europameisterschaften seit 1998 gewonnen. Damals wurde Alina Astafei Dritte. Die letzte deutsche Europameisterin im Freien war Heike Henkel 1990.
Das Duell Vlasic gegen Friedrich produziert immer wieder Höhepunkte im Hochsprung. Zur ernsthaften Konkurrentin für die ursprünglich dominierende Kroatin stieg Friedrich vor zwei Jahren auf. Damals vermasselte sie Vlasic den Jackpot der Golden League. Dadurch, dass Friedrich beim letzten Meeting der Serie gewann, verlor die Kroatin eine halbe Million US-Dollar. In Brüssel hatte es damals geregnet – und bei einem nassen Boden wird Vlasic unsicher. Auch in Barcelona zogen gestern Abend dunkle Wolken auf, aber es blieb trocken.
So richtig begann das Duell zwischen Hallen-Europameisterin Friedrich und Hallen-Weltmeisterin Vlasic in Barcelona erst bei 1,99 Metern. Da stand die Kroatin unmittelbar hinter der Deutschen beim Anlauf, weil sie die nächste Springerin war. Doch Friedrich blieb cool und nahm die Höhe auf Anhieb. Vlasic allerdings konterte umgehend und übersprang ebenfalls. Zu diesem Zeitpunkt war Ariane Friedrich noch im Vorteil. Bislang hatte sie keinen Fehlversuch, während Vlasic bei 1,95 und 1,97 Metern jeweils zwei Sprünge brauchte, um die Höhe zu meistern. Fehlversuche können bei gleicher finaler Höhe entscheidend sein. Und sie kosten zusätzliche Kraft.
Doch nachdem Vlasic 2,03 Meter übersprungen hatte, hätte Friedrich 2,03 Meter und danach 2,05 Meter springen müssen, um der Kroatin das Gold noch zu entreißen. Im vergangenen Jahr, als sie beim Berliner Stadionfest Istaf Vlasic mit der deutschen Rekordhöhe von 2,06 Metern schockte, wäre das vielleicht möglich gewesen. Doch ganz so gut ist die Form in dieser Saison nicht – was auch damit zusammen hängt, dass Friedrich nach einer im Februar erlittenen Knieverletzung erst Anfang Juni ihren ersten Wettkampf bestritt. So blieb es bei Bronze, doch damit hat Ariane Friedrich ihr Ziel erreicht: eine Medaille.
Jörg Wenig im Tagesspiegel, Montag, dem 2. August 2010