Zufrieden war Irina Mikitenko in einer ersten Reaktion nicht – „2:26 Stunden sind nichts und der fünfte Platz ist auch nichts“ –, doch sie will daraus Motivation für die kommenden Rennen ziehen.
Bank of America Chicago Marathon – Wanjiru und Shobukhova triumphieren in der Hitze von Chicago, Mikitenko auf Platz fünf
Sammy Wanjiru und Liliya Shobukhova haben jeweils zum zweiten Mal in Folge den Chicago-Marathon gewonnen. Und in der World Marathon Majors (WMM)-Serie 2009-2010 ist der Jackpot dem kenianischen Marathon-Olympiasieger von Peking 2008 nur noch theoretisch zu nehmen, während der russischen London-Marathon-Siegerin dieses Jahres die 500.000-Dollar-Prämie bereits sicher ist.
In einem Hitzerennen gewann Wanjiru in 2:06:24 Stunden, während Shobukhova mit 2:20:25 Stunden ihre eigene Jahresweltbestzeit unterbot, einen russischen Rekord aufstellte und zur zehntschnellsten Marathonläuferin aller Zeiten aufstieg. Gemessen an Temperaturen von am Ende rund 25 Grad Celsius sind die Siegzeiten außerordentlich stark.
Irina Mikitenko (TV Wattenscheid) lief in der Wärme ein zunächst zurückhaltendes Rennen, machte dann etliche Plätze gut und wurde schließlich Fünfte mit 2:26:40 Stunden. Dies ist ein ordentliches Resultat in einem sehr stark besetzten Feld für die 38-jährige deutsche Rekordlerin. Rund 45.000 Athleten hatten für den Chicago-Marathon gemeldet.
Tolles Duell im Männerrennen
Bei den Männern formierte sich bald nach dem Start eine rund achtköpfige Spitzengruppe. Neben Sammy Wanjiru liefen unter anderen der London-Marathon-Sieger Tsegaye Kebede und Deriba Merga (beide Äthiopien) in dieser Gruppe. Diese drei lagen auch in der WMM-Serie vor dem Start an der Spitze und hatten noch Chancen auf den Jackpot, wobei Wanjiru und Kebede sogar punktgleich an der Spitze der Wertung waren. Für diese zwei ging es also um wesentlich mehr als ,nur’ den Chicago-Sieg. Und entsprechend sollte sich ein ganz großes Duell zwischen dem Kenianer und dem Äthiopier entwickeln.
Als die Spitzengruppe die Halbmarathonmarke nach 62:35 Minuten erreichte, waren die Favoriten auf Kurs für einen Streckenrekord (Wanjiru hatte die Marke vor einem Jahr auf 2:05:41 Stunden verbessert), doch in der zweiten Hälfte wurde das Tempo etwas langsamer, was in erster Linie an den steigenden Temperaturen lag.
Während Kebede und Wanjiru an der Spitze das Rennen bestimmten, fiel hinter ihnen ein Mitfavorit nach dem anderen zurück. Nach rund 28 km war Robert Kiprono Cheruiyot, der im April mit einem Kursrekord beim Boston-Marathon gewonnen hatte, geschlagen. Kurz nach der 30-km-Marke (1:29:36 Stunden) konnte Deriba Merga nicht mehr mithalten. Hinter den beiden jeweils 23 Jahre alten Kebede und Wanjiru lief nun nur noch der noch drei Jahre jüngere Feyisa Lilesa. Vier Kilometer vor dem Ziel begann auch der äthiopische Youngster den Kontakt zu verlieren, denn vorne machte Tsegaye Kebede immer wieder Tempo.
Auch Sammy Wanjiru bekam Schwierigkeiten und fiel ein Stück zurück. Immer wieder versuchte der Olympiasieger vergeblich die Lücke zu schließen, doch Kebede konterte alle Angriffe des Kenianers mit eigenen Tempoverschärfungen. Der London-Sieger sah wie der Sieger aus und Wanjiru schien sich fast schon damit abzufinden.
„Ich begann die Hoffnung zu verlieren, denn ich war nicht in bester Verfassung“, erklärte der Kenianer später, der im April beim London-Marathon verletzungsbedingt ausgestiegen war und längere Zeit benötigte, um wieder in Form zu kommen. In der letzten harten Trainingswoche vor dem Chicago-Marathon hatte ihn zudem ein Magen-Darm-Virus gestoppt. „Vor dem Rennen dachten wir, wenn ein zweiter oder dritter Platz herauskäme, dann wäre das ein Erfolg. Was heute passiert ist, ist für mich die größte Überraschung, die ich im Marathon bisher erlebt habe“, erklärte Wanjirus italienischer Manager Federico Rosa gegenüber der Internetseite des internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF).
Der Olympiasieger sah seine Felle zwar davonschwimmen, doch er gab nie auf und wusste, dass er die besseren Karten in einem möglichen Schlussspurt haben würde. Denn Sammy Wanjiru verfügt über eine enorme Grundschnelligkeit und war zum Beispiel Halbmarathon-Weltrekordler. Zudem läuft er gerne bei warmen Temperaturen. Bei deutlich größerer Hitze und Luftfeuchtigkeit wurde er 2008 in Peking souverän Olympiasieger in olympischer Rekordzeit von 2:06:32 Stunden. In der Wärme von Chicago schaffte es Sammy Wanjiru dann tatsächlich noch, dem Rennen kurz vor dem Ziel noch eine Wende zu geben. Er lief an Kebede heran, überholte ihn und sprintete auf den letzten paar hundert Metern unaufhaltsam davon.
Nach 2:06:24 Stunden hatte der Olympiasieger mit 19 Sekunden Vorsprung vor dem geschockten Kebede (2:06:43) gewonnen, der sich einmal mehr Wanjiru geschlagen geben musste und zudem sicher auch den WMM-Jackpot verloren hat. Die halbe Dollar-Million könnte er nur noch verdienen, wenn er nun den New York-Marathon am 7. November gewinnen würde. Angeblich überlegt der Äthiopier sogar, kurzfristig dort zu starten, doch damit ist nicht zu rechnen.
Durch ihr mitreißendes Duell hatten Wanjiru und Kebede ihren Vorsprung im letzten Teil des Rennens stark vergrößert. Mit deutlichem Abstand kam Feyisa Lilesa als Dritter nach 2:08:10 Stunden ins Ziel. Drei weitere Athleten blieben unter 2:10 – Wesley Korir (2:08:44), Vincent Kipruto (2:09:08) und Robert Kiprono Cheruiyot (alle Kenia/2:09:28).
Shobukhova siegt letztlich souverän
Letztlich souverän setzte sich im Rennen der Frauen Liliya Shobukhova durch. Die Russin hat nunmehr drei große Marathonläufe in Folge gewonnen: Chicago 2009, London 2010 und jetzt erneut Chicago. Die 32-Jährige, die zurzeit als eine große Favoritin auf Olympia-Gold 2012 angesehen werden muss, ging dabei nicht das sehr schnelle Anfangstempo der Äthiopierinnen mit. Als Atsede Baysa und Mamitu Daska die Halbmarathonmarke nach 69:45 Minuten erreicht hatten, lief Liliya Shobukhova mit etwa 100 Metern Rückstand hinter den beiden her.
Während die Dubai-Marathon-Siegerin Daska bald darauf deutlich zurückfallen sollte, baute Baysa, die im April den Paris-Marathon in 2:22:04 gewonnen hatte, ihren Vorsprung zunächst noch aus. Knapp eine halbe Minute lag sie nach 30 km vor Shobukhova. Doch je länger das Rennen dauerte, desto mehr litt die Äthiopierin unter der Wärme. „Meine Form war gut, aber es war zu heiß“, sagte Atsede Baysa später. Sie wurde immer langsamer und die sehr konstant laufende Liliya Shobukhova kam immer dichter heran. „Es war keine Überraschung für mich, dass die Äthiopierinnen langsamer wurden – ich fühlte mich immer in Kontrolle des Rennens“, sagte Liliya Shobukhova, die ebenso wie Sammy Wanjiru 125.000 Dollar für den Sieg erhielt.
Etwa an der 34-km-Marke holte die Russin die führende Äthiopierin ein und übernahm sofort die Führung. Der Sieg war ihr sicher, doch Liliya Shobukhova kämpfte noch um einen Rekord: Ihre Landsfrau und Trainingspartnerin Galina Bogomolova war 2006 als Zweite in Chicago russischen Landesrekord gelaufen (2:20:47). Mit 2:20:25 unterbot Liliya Shobukhova diese Marke schließlich um 22 Sekunden und lief die schnellste Zeit im Frauen-Marathon seit Irina Mikitenko 2008 (2:19:19 in Berlin). Zweite wurde Atsede Baysa in 2:23:40, Rang drei belegte die Russin Maria Konovalova (2:23:50), die sich in ihrem zweiten Marathon um fast zwölf Minuten steigerte.
Hinter Desiree Davila (USA/2:26:20) und vor Mamitu Daska (2:28:29) kam Irina Mikitenko auf Platz fünf mit 2:26:40. Die deutsche WMM-Siegerin der vergangenen zwei Jahre fühlte sich nach einer schweren Erkältung in der Vorbereitung auf das Rennen im September nicht stark genug, um ganz vorne mitzulaufen. „Eine erste Hälfte von 70 Minuten konnte ich nicht laufen. Deswegen habe ich mich bewusst zurückgehalten“, erklärte Irina Mikitenko. „Allerdings musste ich dadurch durchweg alleine laufen und in der zweiten Hälfte des Rennens wurde es richtig warm.“ Dennoch gelang es der zweifachen London-Marathon-Siegerin (2008 und 2009) ein recht gleichmäßiges Tempo zu laufen – die erste Hälfte hatte sie in 73:06 Minuten absolviert, im zweiten Abschnitt überholte sie eine Reihe von Konkurrentinnen.
Zufrieden war Irina Mikitenko in einer ersten Reaktion nicht – „2:26 Stunden sind nichts und der fünfte Platz ist auch nichts“ –, doch sie will daraus Motivation für die kommenden Rennen ziehen. Angesichts der sehr starken Konkurrenz, einer nicht idealen Vorbereitung und hohen Temperaturen, die ihr nicht liegen, hat sich Irina Mikitenko in Chicago achtbar geschlagen.
race-news-service.com
33rd Bank of America Chicago Marathon
Chicago, IL, Sunday, October 10, 2010
MEN
1) Sammy Wanjiru (KEN), 2:06:24, $115,000
2) Tsegaye Kebede (ETH), 2:06:43, $75,000
3) Feyisa Lilesa (ETH), 2:08:10, $25,000
4) Wesley Korir (KEN), 2:08:44, $15,000
5) Vincent Kipruto (KEN), 2:09:08, $10,000
6) Robert Kiprono Cheruiyot (KEN), 2:09:28
7) Laban Moiben (KEN), 2:10:48
8) Jason Hartmann (USA / CO), 2:11:06, $12,500
9) Ridouane Harroufi (MAR), 2:13:01
10) Mike Sayenko (USA / WA), 2:14:27, $10,000
11) Mike Morgan (USA / MI), 2:14:55, $7500
12) Luke Humphrey (USA / MI), 2:15:49, $5500
13) Patrick Rizzo (USA / CO), 2:16:12, $4500
14) Negari Terfa (ETH), 2:17:43
15) Nick Arciniaga (USA / AZ), 2:18:12, $4000
16) Tim Young (USA / VA), 2:19:01, $2500
17) Sage Canaday (USA / MI), 2:19:18, $2500
18) Chad Johnson (USA / MI), 2:19:31, $2500
19) Jesse Davis (USA / IN), 2:19:53, $2000
20) Jason Delaney (USA / CO), 2:20:34, $2000
WOMEN
1) Liliya Shobukhova (RUS), 2:20:25, $115,000
2) Astede Baysa (ETH), 2:23:40, $65,000
3) Maria Konovalova (RUS), 2:23:50, $40,000
4) Desiree Davila (USA / MI), 2:26:20, $27,500
5) Irina Mikitenko (GER), 2:26:40, $10,000
6) Mamitu Daska (ETH), 2:28:29
7) Magdalena Lewy-Boulet (USA / CA), 2:28:44, $10,000
8) Kaori Yoshida (JPN), 2:29:45
9) Jia Chaofeng (CHN), 2:30:35
10) Tera Moody (USA / CO), 2:30:53, $7500
11) Fiona Docherty (NZL), 2:32:17
12) Askale Tafa Magarsa (ETH), 2:32:24
13) Zoila Gomez (USA / CO), 2:32:51, $5500
14) Yuko Machida (JPN), 2:33:21
15) Colleen De Reuck, 46, USA / CO, 2:34:12, $7500
16) Melissa White (USA / MI), 2:35:02, $4000
17) Dot McMahan (USA / MI), 2:36:01, $4000
18) Liz Yelling (GBR), 2:37:14
19) Jennifer Houck (USA / MN), 2:37:16, $4000
20) Erin Moeller (USA / IA), 2:37:28, $4000
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