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27
02
2013

Sonderaussteilung im Haus des Deutschen Sports ©Sportmuseum Berlin – AIMS Marathon-Museum of Running

Ausstellung des Sportmuseum Berlin und des Forum für Sportgeschichte Berlin im Haus des Deutschen Sports

By GRR 0

Was heute die Marathonläufe hinsichtlich breiter Aktivität und öffentlicher Resonanz sind, waren vor fast 90 Jahren die Großstaffelläufe. Die Reise Berliner Sportler und Funktionäre zu den Olympischen Spielen 1906 in Athen regte dazu an, in Berlin 1908 Olympische Spiele zu veranstalten.

Eine besondere Wirkung hinterließ bei Carl Diem der Marathonlauf, den er auch in Berlin verwirklichen wollte. Obwohl sich die Durchführung Olympischer Spiele in Berlin zerschlug, konnte aber ein gestaffelter Marathonlauf in 1908 veranstaltet werden.

Carl Diem berücksichtigte bei der Vorbereitung seines Marathonlaufs die bisher schlechten Erfahrungen mit den Berliner Behörden. Sein Unterfangen, einen Wettlauf durch die Straßen Berlins versuchen zu wollen, stufte er selbst als wahnwitzig ein, zudem befürchtete er, daß der Anblick eines Marathonlaufes, wie er ihn in Athen erlebt hatte, nachteilige Wirkung auslösen würde.

Da man in der Öffentlichkeit bereits bei den harmlosen Waldläufen Zweifel am Verstande der Sportler und tiefstes Bedauern äußerte, daß man derartig gegen die „Gesundheit wütete" und sich die „Lunge aus dem Hals lief, benutzte Carl Diem einen Trick: „Ich verfiel also auf den Gedanken, zwar einen großen Lauf zu wagen, das Publikum aber zu betrügen, indem jedweder immer einen frischen Mann sehen sollte. Ich dachte an einen Groß- Staffellauf auf der Strecke von Potsdam nach Berlin, und zwar vom Potsdamer Stadtschloß bis zum Berliner Stadtschloß, einmal weil wir immer etwas für das Pompöse waren und einen großen Start- und Zielplatz haben wollten."

Die Polizei lehnte das Gesuch um die Genehmigung des Laufes natürlich ab. Aufgrund des Bemühens einflußreicher Freunde und Fürsprecher, die beim kaiserlichen Hofe antichambrierten, genehmigte Kaiser Wilhelm II schließlich den Lauf von seinem Potsdamer Schloß zur Berliner Residenz. Allerdings hatte die Polizei erhebliche Einwände gegen den Start- und Zielpunkt, so daß man sich schließlich auf den Start an der Glienicker Brücke und das Ziel an der Siegessäule vor dem Reichstag einigte. Die Besonderheit des Staffellaufes bestand darin, daß eine freie Form gewählt wurde. Mit ihren „freien Wechseln" war diese Stafette einzigartig in der Welt.

Festgelegt war eine Distanz von Potsdam nach Berlin über 25 km. Fünfzig Läufer pro Verein bildeten eine Staffel, so daß normalerweise auf jeden Läufer eine Strecke von 500 m kam. Die teilnehmenden Vereine hatten jedoch die Möglichkeit, die Strecke nach ihrem Belieben und entsprechend dem Leistungsvermögen ihrer Mitglieder auszuwählen – wovon die Vereine unter Beachtung strengster Geheimhaltung kräftig Gebrauch machten.

Der erste Lauf wurde am 14. Juni 1908 mit acht Mannschaften gestartet, und die Polizei war sehr überrascht, als statt der erwarteten 400 Läufer nur die acht Zielläufer an der Siegessäule ankamen! Mit einem Vorsprung von 80 Metern erreichte der Schlußläufer des Charlottenburger Sport-Club 1902, Otto Hensel, vor dem Sport-Club 1895/96 das Ziel.

Die Preisverleihung (der Kaiser hatte eine silberne Plakette gestiftet) fand in Kistenmachers Garten in den Zelten statt. Die nunmehr jährlich stattfindende 50-Marm-Stafette entwickelte sich zu einem bedeutenden sportlichen Ereignis, das tausende Zuschauer in ihren Bann zog. Mit 142 Mannschaften und 6.600 Läufern erreichte der Lauf 1937 seine höchste Teilnehmerzahl.

Nach dem Vorbild Potsdam-Berlin entstanden in den 20er Jahren weitere Groß-Staffelläufe, Quer durch Berlin und Rund um Berlin. Nach dem zweiten Weltkrieg fand erstmals wieder am 23. Mai 1948 ein Staffellauf über 20 km statt, den die Sportgemeinschaft Eichkamp für sich entschied.

Die großen Zeiten des Stafettenlaufes waren mit der Teilung der Stadt jedoch vorüber. Über eine Distanz von 8 km wurde 1969 letztmalig dieser „Großstaffellauf' (Reuterplatz-Siegessäule) vom Berliner Leichtathletik- Verband ausgerichtet.

Von 1908 bis 1969 kamen insgesamt 59 Stafettenläufe zur Austragung, von denen lediglich 28 über die Distanz von 25 km gingen.

Der erfolgreichste Verein in der Männer-Hauptklasse war mit 21 Siegen der Sport-Club Charlottenburg.

 

Sportmuseum Berlin – AIMS Marathon-Museum of Running

Sonderaussteilung im Haus des Deutschen Sports

Hanns-Braun-Straße
14053 Berlin (Charlottenburg)
Tel.: 3 05 83 00, Fax: 3 05 83 40
U 2: Olympia-Stadion (Ost), 8 min Fußweg


13. September 1997 – 4. Januar 1998

Dienstag – Sonntag: 10 -18 Uhr

author: GRR

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