Hansjörg Wirz, der Präsident des Europäischen Leichtathletik-Verbandes (EAA), präsentierte im Wander- und Skigebiet Stubaital eine stolze Entwicklung im internationalen Berglauf, schließlich gingen bei den 8. Titelkämpfen mit 252 Athletinnen aus 25 Nationen so viele Mitgliedsländer wie noch nie an den Start.
Arslan und Strähl Berglauf-Europameister, Zeiler verpasst Bronze knapp – 8. Berglauf-Europameisterschaften in Telfes (Stubaital/Österreich)
Der Türke Ahmet Arslan verteidigte bei den 8. Berglauf-Europameisterschaften in Telfes (Stubaital/Österreich) seinen im Vorjahr in Zell-Unterharmersbach gewonnenen Titel in eindrucksvoller Manier, während bei den Frauen in Abwesenheit der Vorjahressiegerin Elisa Desco (Italien) die Schweizerin Martina Strähl vor Valentina Belotti (Italien) und der als Favoritin ins Rennen gegangenen Weltmeisterin Andrea Mayr (Österreich) gewann.
Die mit Medaillenhoffnungen gestartete Vertretung des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) ging allerdings leer aus, da der als Medaillenanwärter gehandelte Timo Zeiler (Trochtelfingen) im überaus steilen Zielhang den dritten Rang hinter dem Italiener Marco de Gasperi noch an den Schweizer Sebastién Epiney verlor und auf dem undankbaren vierten Platz einkam.
„Timo hat mit einem höchst engagierten Rennen bewiesen, dass er zu den besten europäischen Bergläufern zählt, auch wenn die knapp verpasste Bronzemedaille schon etwas schmerzt. Mit zwei achten Plätzen bei den Männern und Frauen und Rang neun bei den Junioren können wir nicht zufrieden sein“, bilanzierte DLV-Berglaufberater Wolfgang Münzel auf dem 2260 m hohen Sennjoch. „Wir müssen feststellen, dass die Berglauf-Europameisterschaften inzwischen einen hohen Stellenwert erhalten haben und unsere forcierten Anstrengungen noch nicht ausreichen, um hier ein Wort bei der Medaillenvergabe mitreden zu können.“
Der für die LG Eintracht Frankfurt startende Schwabe kontrollierte bis zur Streckenhälfte der 11,0 km langen und mit 1400 Höhenmetern schweren Strecke am Speichersee zusammen mit Ahmet Arslan und dem mehrfachen Berglauf-Weltmeister Marco de Gasperi das Rennen, ehe sich in den steilen Bergauf-Passagen hinauf zum Sennjoch die beiden Konkurrenten Meter um Meter absetzen konnten. Dahinter rückten die „Kletterer“ wie eben Sebastién Epiney, der Franzose Raymond Fontaine oder der Italiener Martin Dematteis immer näher an den Deutschen heran. „Ich habe natürlich in den Serpentinen gesehen, was sich hinter mir abspielt. Sebastién ist ein hervorragender Läufer im extrem steilen Gelände, da hatte ich einfach keine Chance mehr. Raymond konnte ich im Zielsprint abwehren und ihn somit zum ersten Mal überhaupt bei Welt- und Europameisterschaften schlagen.
Klar ist es ärgerlich, wenn man so knapp vor der Bronzemedaille noch verdrängt wird, aber ich bin mit Rang vier absolut zufrieden. Das ist mein bestes Ergebnis überhaupt – und darauf bin ich stolz!“ Die deutschen Männer verpassten mit Timo Zeiler, Josef Beha (FC Unterkirnach) und Thomas Göpfert (LT Sulz am Eck) als Achter die angestrebte Top-Platzierung. Europameister wurde Italien mit 17 Punkten vor Frankreich (20) und der Türkei (32).
Bei den Frauen verpasste über 9,4 km und 940 Höhenmeter die Wiener Ärztin Andrea Mayr beim Heimspiel in der Alpenrepublik das allseits erwartete Gold, dennoch zeigte sich die 30-Jährige, die im Mai mit 2:30:46 Stunden Marathon-Landesrekord in Wien gelaufen war, nicht unzufrieden. „Ich habe wegen meiner Sehnen-Operation sechs Wochen lang kein Lauftraining absolvieren können und mit nur sechs Wochen Vorbereitung Bronze gewonnen, das stimmt mich doch zufrieden.
Ob ich allerdings bei den Weltmeisterschaften in Berlin über Marathon starten werde, das werde ich in der kommenden Woche erst entscheiden.“ Keineswegs völlig überraschend kommt der Sieg für die 22jährige Martina Strähl, die bereits 2006 Vize-Weltmeisterin hinter Andrea Mayr im türkischen Bursa wurde. „Mit dem Titel habe ich nie gerechnet. In den Steilpassagen habe ich mich aber sehr wohl gefühlt und meine Chance gesehen und entsprechend Druck gemacht“, freute sich die Schweizerin.
Als beste deutsche Läuferin kam die kurzfristig noch nachnominierte Lisa Reisinger (SSC Hanau-Rodenbach) auf Rang 14, das deutsche Team mit Reisinger, Veronika Ulrich (LG Telis Finanz Regensburg) und Marie-Luise Heilig-Duventäster (LG Welfen) landete drei Punkte hinter Gastgeber Österreich auf Rang acht. Den Titel sicherte sich wie auch bei den Männern Italien knapp vor der Schweiz und Großbritannien.
Ziemlich niedergeschlagen erreichte Mitfavorit René Stöckert (TSV Ostheim) als 20. der Juniorenklasse über 9,4 km und 940 Höhenmetern das Ziel. Nach fünf Kilometern verlor der Vorjahresvierte bei einem Tritt eines Konkurrenten einen Schuh und musste die Spitzengruppe ziehen lassen. „Mir zitterten vor Wut die Hände, so dass ich einfach zu lange gebraucht habe, um meinen Schuh wieder anzuziehen. Es ist einfach nur ärgerlich.“ Den Sieg holte sich der Yusuf Alici (Türkei) vor Xavier Chevrier (Italien) und dem Schweizer Candide Pralong.
Hansjörg Wirz, der Präsident des Europäischen Leichtathletik-Verbandes (EAA), präsentierte im Wander- und Skigebiet Stubaital eine stolze Entwicklung im internationalen Berglauf, schließlich gingen bei den 8. Titelkämpfen mit 252 Athletinnen aus 25 Nationen so viele Mitgliedsländer wie noch nie an den Start. „Berglauf ist eine überaus seriöse Sportart“, sieht Wirz den Hauptgrund in der stetig ansteigenden Qualität der Starterfelder.
Zumal die EAA mit Telfes auch einen versierten Ausrichter, der mit der Austragung der Weltmeisterschaften 1990 und 1996 umfassende Erfahrungen mit Großveranstaltungen aufzuweisen hatte, präsentierte. Die italienischen Erfolge in den Teamwertungen der Männer, Frauen und Junioren sowie der Einzelsieg durch Martina Strähl zeigen aber auch, dass die traditionsreichen Alpenländer kräftige Gegenwehr bieten, damit die Dominanz im europäischen Berglauf nicht an die türkischen Läufer geht.
Einzelsiege durch Ahmet Arslan bei den Männern, Yusuf Alici bei den Junioren und der Dreifacherfolg bei den Juniorinnen durch Derya Altintas, Elif Karabulut und Yasemin Can sowie Teamsiege bei den Juniorinnen sowie Rang drei bei den Männern sind allerdings ein deutliches Signal, dass sich die Schwerpunkte von den Alpenländern an den Bosporus zu verlagern beginnen.
race-news-service.com / Wilfried Raatz