2012 Karlsruhe Meeting Karlruhe, Germany February 12, 2012 Photo: Jean-Pierre Durrand@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET
Arne Gabius – Sololauf in die Zukunft – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Der Hallenmeister über 3000 Meter hat seine Perspektiven verändert: Mehr Selbstsicherheit, mehr Tempo, Höhentraining in Kenia. Und seit er sich nicht mehr von Dieter Baumann trainieren lässt, wackeln dessen Rekorde.
Läufer, Trainer, Manager und Reporter – Arne Gabius macht jetzt alles selbst. Im vergangenen Jahr hat er sein Medizinstudium abgeschlossen. Die Promotion muss warten, denn der approbierte Arzt rennt gerade in eine neue Dimension. „Ich war haushoher Favorit und musste mir eine Taktik zurechtlegen, um diese Rolle auszufüllen“, berichtet er den Lesern seiner Internetseite arnegabius.de von der deutschen Hallenmeisterschaft in Karlsruhe. „Meine Taktik bestand in der Flucht nach vorne.“
Souverän gewann der 30 Jahre alte Gabius den Titel über 3000 Meter und begeisterte, obwohl sein Solo von 7:51,72 Minuten ein wenig eintönig war, die fachkundigen, also die meisten der rund viereinhalbtausend Zuschauer.
Die fünfzehn Runden auf der engen Bahn der Europahalle waren so etwas wie die Ehrenrunde für den Tübinger, der jahrelang respektable Leistungen ablieferte, aber selten brillierte. Nun hat er sich nach sechseinhalb Jahren von seinem Trainer Dieter Baumann getrennt – und schon ist er ganz dicht dran an dessen deutschem Rekord über 3000 Meter. 7:38,13 Minuten lief er zwei Wochen vor den Titelkämpfen in Karlsruhe in einem Weltklassefeld, zwölf Sekunden schneller als je zuvor.
Damit kam er bis auf 62 Hundertstelsekunden an die Bestzeit heran. In Birmingham brillierte er im Rennen über zwei Meilen. „Auf die Spitze hatte ich einen kleinen Rückstand von 2sek., den ich aber bis zuletzt halten konnte, obwohl die Jungs da vorne ganz schön gespurtet sind!“, schreibt der Reporter Gabius über den Läufer Gabius auf den 3219 Metern. „So kam Tariku Bekele nur etwas über 2sek. vor mir ins Ziel. Ich lief 8:10,78min, neuer Europarekord!…..wäre da nicht ein gewisser Mo Farah 8:08,07 min gelaufen.“
„Ich laufe auch mal einen Tag nicht“
Schon im Training macht Gabius jetzt mehr Tempo als früher, jeden der bis zu 170 Kilometer pro Woche laufe er etwa eine Minute schneller. Doch nicht allein dadurch gewinnt er Zeit, rechnerisch fast drei Stunden, sondern auch durch neue Freiheiten, die aus einer neuen Selbstsicherheit gewachsen sind. „Ich laufe auch mal einen Tag nicht“, sagt er. „Das hätte ich mich früher nicht getraut.“
Drei Wochen des Januar verbrachte er in Iten in Kenia, nach der Hallen-Weltmeisterschaft in Istanbul wird er dort zum nächsten Höhentraining erwartet, Olympia in London ist schließlich nicht mehr fern. Unter den besten Läufern der Welt hat er sich offenbar Respekt erworben. Er trainiere wie Alberto Salazar, sagen sie ihm, wie der einst schnellste Marathonläufer der Welt, der heute den Amerikaner Galen Rupp und den britischen Weltmeister Mo Farah betreut.
Sein neues Tempo löst starkes öffentliches Interesse aus. Einige tausend Läufer studieren im Netz seine Trainingspläne. Sponsoren werben um den Athleten, der noch im vergangenen Jahr seinen Ausrüstervertrag verlor und sich von seinen Eltern in Hamburg unterstützen lassen musste. Nun hat er sogar Aussicht auf die Olympischen Spiele 2016 in Rio.
„Mit dreißig geht das Läuferleben los“, sagt er. „Und so wie es läuft, kann ich sagen: Fahren wir zum Zuckerhut!“
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Sonntag dem 26. Februar 2012