Armin Hary (lks.) wird Olympiasieger über 100 m bei den Spielen in Rom vor Dave Sime (USA) und Peter Radford (GBR) ©Bildarchiv Heinrich von der Becke im Sportmuseum Berlin.
Armin Hary wird am 22. März 2017 80 Jahre alt – Olympiasieger und Weltrekordler
Er war der schnellste Mann der Welt. Er war der erste Mensch, der die 100 m in handgestoppten 10,0 Sek. auf der Aschenbahn lief. Und: Er ist bis dato sowohl der letzte Deutsche als auch der letzte Europäer, der den Weltrekord über diese Sprintdistanz gehalten hat.
Die Rede ist von Armin Hary, der am Mittwoch, 22. März sein 80. Lebensjahr vollendet. Vielen Älteren ist Armin Hary aber vor allem wegen seiner beiden Goldmedaillen bei den Olympischen Spielen 1960 in Rom bis heute in Erinnerung geblieben: Nach drei Fehlstarts lief er schließlich mit 10,2 Sek. als erster durch das Ziel.
Zuvor wurde er mit der 4x100m Staffel (zusammen mit Bernd Cullmann, Walter Mahlendorf und Martin Lauer) zweiter – trotzdem reichte es wenige Minuten später zu Gold, weil die US-amerikanische Staffel wegen eines Wechselfehlers disqualifiziert wurde.
Seine Weltrekordzeit von 10,0 Sek. war Armin Hary bereits unmittelbar vor den Spielen in Rom im Juni 1960 beim Leichtathletik-Meeting in Zürich gelaufen. Auch diesem Rekordlauf ging ein Fehlstart voraus.
Armin Hary wurde vor 80 Jahren in Gersweiler, einem Stadtteil von Saarbrücken, geboren.
Er wuchs in nicht einfachen familiären Verhältnissen auf. Sein Vater brachte ihn zuerst zum Ringen, doch das körperbetonte Raufen lag ihm nicht. Vom Fußball hielt die Mutter nichts. So landete er schließlich in der Leichtathletikabteilung des TuS Quierschied. Als Mannschaftsspiel blieb daneben Feldhandball vorübergehend eine zweite Wahl.
Im Jahre 1954 wurden erstmals offiziell 11,3 Sek. auf 100 m für Armin Hary gemessen. Fortan nahm eine dynamische Entwicklung ihren Lauf. Sie sollte später in jenem Kompliment gipfeln, das Jesse Owens, dem Star der Olympischen Spiele von Berlin 1936, zugeschrieben wird: „Der tollste Sprinter, den ich je sah“, urteilte er über Armin Hary im Superlativ.
Armin Hary startete auch als Zehnkämpfer für den SV Saar 05 Saarbrücken sowie für den 1. FC Saarbrücken, wechselte später als Sprinter zu Bayer 04 Leverkusen, wo er unter dem legendären Bert Sumser trainierte. Die längste Zeit als Aktiver verbrachte er dann aber beim FSV Frankfurt, bevor er seine Karriere im Jahre 1961 beendete. Bis dahin war er u.a. einmal Deutscher Meister und zweimal Deutscher Vizemeister über 100 m geworden. Im Jahre 1958 errang er in Stockholm den Europameistertitel über 100 m und mit der Staffel über die gleiche Distanz.
Erst sehr viel später sollten weitere Auszeichnungen folgen: u.a. Läufer des Jahrhunderts in Deutschland und Sportler des Jahrhunderts im Saarland jeweils im Jahr 2000 sowie 2011 Aufnahme in die Hall of Fame des deutschen Sports der Stiftung Deutsche Sporthilfe.
Knut Teske, der langjährige Redakteur und Chefreporter der Zeitung „Die Welt“ und später Leiter der Journalistenschule Axel Springer, hat den „Läufer des Jahrhunderts“ (Titel) und damit „Die atemberaubende Karriere des Armin Hary“ (Untertitel) in einer 320-seitigen Biografie (Göttingen 2007: Verlag Die Werkstatt) detailreich nachgezeichnet.
Darin heißt es schon im Klappentext über den Jubilar: „Die scheinbare Leichtigkeit, mit der Hary seine Erfolge errang, war nicht nur die Folge eines außergewöhnlichen Talents. Er wurde zum Ausnahmesportler auch dank der Fähigkeit, seinen individuellen Weg zu gehen und sich weder von Vorurteilen einer zweifelnden Öffentlichkeit, inklusive der meisten Medien, noch von Gängeleien engstirniger Funktionäre beirren zu lassen.“
Prof. Detlef Kuhlmann
Armin Hary aus "WIKIPEDIA"
Der gelernte Feinmechaniker und Sohn eines Bergarbeiters spielte in seiner Jugend Fußball und wechselte im Alter von 16 Jahren zur Leichtathletik. Seine Eltern unterstützten seine sportlichen Aktivitäten zunächst nicht und hätten ihn lieber als Geigenvirtuosen gesehen.
Beim SV Saar 05 Saarbrücken und 1. FC Saarbrücken begann er als Zehnkämpfer und wechselte 1957 die Disziplin und den Verein: Als Sprinter bei Bayer 04 Leverkusen, dessen Trainer Bert Sumser ihn an den Rhein holte, wurde er noch im selben Jahr Deutscher Vizemeister im 100-Meter-Lauf (10,5 s), knapp hinter Manfred Germar, der ihn auf der Ziellinie überholte, nachdem sich Hary schon als Sieger wähnte und die letzten Meter nicht voll durchlief.
Seinen ersten internationalen Titel errang er 1958 bei den Europameisterschaften in Stockholm. Er gewann sowohl den 100-Meter-Lauf als auch die 4-mal-100-Meter-Staffel zusammen mit Manfred Germar, Heinz Fütterer und Walter Mahlendorf.
Am 6. September 1958 in Friedrichshafen lief Hary, inzwischen zum FSV Frankfurt gewechselt, erstmals die 100 Meter in handgestoppten 10,0 s und war damit eine Zehntelsekunde schneller als der Weltrekord. Seine Laufzeit wurde jedoch nicht anerkannt, da die Bahn elf statt der zulässigen zehn Zentimeter Gefälle aufwies. Im gleichen Jahr wurde Hary durch den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) wegen unkorrekter Spesenabrechnungen für mehrere Monate gesperrt (Bahnfahrt statt PKW, es ging um 70 DM).
Beim Leichtathletik-Meeting im Zürcher Letzigrund am 21. Juni 1960 gelang ihm schließlich die offizielle Sensation: Im Wiederholungslauf nach einem angeblichen Fehlstart lief er die 100 Meter in neuer Weltrekordzeit von 10,0 s – auf einer Aschenbahn und elektronisch mit 10,25 s gestoppt. Die Funktionäre des DLV hatten seine Teilnahme zu torpedieren versucht, da man ihn für Rom „schonen“ wollte. Seine Teilnahmebestätigung bekam er telefonisch durch die schweizerischen Veranstalter, und er erreichte den Wettkampf erst wenige Stunden vor Beginn mit einer Transportmaschine, da alle offiziellen Flüge ausgebucht waren.
Im selben Jahr holte Hary Gold mit einer Zeit von 10,2 s nach drei Fehlstarts, wobei er einen selbst verursachte, über die 100 Meter bei den Olympischen Spielen in Rom (Zitat Armin Hary in einem Interview 2007: „Rom waren meine Spiele – ich wollte mich rächen, für alles, was sie mir angetan hatten.“).
Zudem wurde er zunächst Zweiter mit der 4-mal-100-Meter-Staffel (Bernd Cullmann, Armin Hary, Walter Mahlendorf, Martin Lauer). Die US-amerikanische Staffel, die als erste angekommen war, wurde 15 Minuten später wegen eines falschen Wechsels disqualifiziert, und Hary erhielt sein zweites olympisches Gold.
Ein Jahr danach war seine Karriere bereits zu Ende. Nach abermaligen Querelen wegen einer Spesenabrechnung und einer Knieverletzung durch einen Autounfall beendete er, frustriert durch das Verhalten der Funktionäre, 1961 seine Laufbahn und stieg ins Immobiliengeschäft ein. Nebenberuflich betätigt er sich als Autor von Kommentaren in der Welt am Sonntag. Wegen Beihilfe zur Untreue zu Lasten der katholischen Kirche wurde er 1981 erstinstanzlich zu einer Strafe von zwei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Dieses Urteil wurde jedoch nicht rechtskräftig. Hary wurde schließlich in zweiter Instanz zu einer Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde, und 20.000 DM Geldstrafe verurteilt.
Hary engagiert sich in einem 2004 begründeten Projekt für die Förderung jugendlicher Sporttalente aus sozial schwacher Umgebung oder anderen Problemfeldern. Für diese Initiative erhielt er 2008 das Bundesverdienstkreuz am Bande.
Sportliche Erfolge
- 1957: Deutscher Vizemeister 100 m
- 1958: Deutscher Vizemeister 100 m
- 1958: Europameisterschafts-Gold 100 m und 4 × 100-m-Staffel
- 1959: Deutscher Hallen-Meister 70 m
- 1960: Deutscher Meister 100 m und 200 m
- 1960: Weltrekord über 100 m (10,0 s)
- 1960: Olympia-Gold in Rom 100 m und 4 × 100-m-Staffel
Auszeichnungen
- 2000 Läufer des Jahrhunderts (Deutschland)
- 2000 Sportler des Jahrhunderts (Saarland)
- 2008 Bundesverdienstkreuz am Bande
Entnommen: "WIKIPEDIA"
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