Anna Hahner auf den letzten Metern in Wien. ©Victah Sailer
Anna Hahner: Erster großer Sieg in Wien – Vier Läufer, die in der Frühjahrs-Straßenlaufsaison überraschten (Teil 1)
Es ist erst gut zwei Jahre her, da lief Anna Hahner ein viel versprechendes Marathondebüt in Düsseldorf. Mit 2:30:14 Stunden verpasste die damals erst 22-Jährige die deutsche Olympia-Norm um lediglich 14 Sekunden.
Anna Hahner wurde damals vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) nicht für die Spiele in London vorgeschlagen, obwohl noch ein Platz im Marathon-Team frei gewesen wäre. Doch Anna Hahner, die für Run2Sky startet und in Gengenbach wohnt, ging auch nach diesem Rückschlag ihren Weg.
Im vergangenen Oktober steigerte sie sich beim Frankfurt-Marathon auf 2:27:55 Stunden und rückte damit in der Liste der schnellsten deutschen Marathonläuferinnen aller Zeiten bereits auf Position sieben nach vorne. Ihr bisher größter Triumph gelang ihr im April in Wien: Sensationell gewann Anna Hahner den Vienna City Marathon in 2:28:59. Damit sorgte sie für die Überraschung aus deutscher Sicht im Frühjahr.
Im Laufe des Frühjahrs änderte Anna Hahner ihre Pläne: Entgegen der ursprünglichen Absicht wird die inzwischen 24-Jährige nun nicht bei den Europameisterschaften in Zürich starten, wo im August mit einem Hitzerennen zu rechnen ist.
Finanzielle Gründe waren ausschlaggebend beim EM-Verzicht von Anna Hahner. Marathonläufer können über die klassische Distanz in der Regel nur zweimal im Jahr an den Start gehen. Bei den Europameisterschaften gibt es natürlich keine Startgelder – es sei denn, der nationale Verband gleicht dies irgendwie aus, was in Deutschland jedoch nicht der Fall ist -, und spätere Sponsoring-Angebote dürfte es im Normalfall nur bei einem Medaillengewinn geben.
Ihr Potenzial reicht sicher noch nicht, um eine realistische Medaillenchance in einem EM-Rennen zu haben.
Anna Hahner wird sich nun also, gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Lisa, auf einen Herbst-Marathon vorbereiten. Noch ist nicht bekannt, wo sie starten werden. Am vergangenen Wochenende zeigte Anna Hahner gute Form, als sie in Ludwigsburg einen 10-km-Lauf in 33:41 Minuten gewann, der zweitschnellsten Zeit ihrer Karriere. Lisa Hahner, die nach einer Fußverletzung noch Trainingsrückstand hat, folgte als Zweite mit deutlichem Abstand in 35:30.
Zum Laufsport fanden die Hahner-Zwillinge erst relativ spät, mit 17 Jahren. Das war damals ein Zufall. Denn sie gingen beide zu einem Vortrag des Musikers und Freizeit-Ausdauersportlers Joey Kelly in Fulda. Es ging unter anderem um das Thema Motivation, und dabei spielte das Laufen eine Rolle. „Das hat uns damals derartig motiviert, dass wir mit dem Laufen anfingen.
Zunächst rannten wir dreimal in der Woche für rund 30 Minuten", erzählt Anna Hahner. „Dann entdeckten wir, dass es Volksläufe gibt. Wir gingen an den Start – oft waren es 10-km-Rennen – und gewannen die Frauenwertung. Manchmal liefen wir auch Hand in Hand ins Ziel."
Sport hatten Anna und Lisa Hahner schon als Kinder betrieben, allerdings keinen Ausdauersport. Mit Tischtennis begannen sie als 8-Jährige. Für den TTC Mittelaschenbach spielten sie dabei in der höchsten Jugend-Liga – im Einzel als auch im Doppel. Mit elf Jahren begannen die Geschwister mit Jujutsu und brachten es dann in der Kampfsportart bis zum Braunen Gurt, der zweithöchsten Kategorie. Dann kam der Laufsport.
Nach einem Halbmarathon in Bad Hersfeld, bei dem sie 1:29 Stunden rannten, wurden sie von einem Trainer angesprochen und schlossen sich dem PSV Grün-Weiß Kassel an. Als 2008 die Deutschen Jugendmeisterschaften als Testwettkampf für die WM 2009 im Berliner Olympiastadion stattfanden, wurde Anna Hahner über 3.000 m Zweite.
„Lisa konnte damals nicht starten, aber sie war dabei. Es war faszinierend in dem Stadion zu rennen." Dieses Erlebnis war ein Knackpunkt für die damals 18-Jährigen und eine große Motivation für die weitere Entwicklung. In Trainingslagern des hessischen Verbandes lernten sie dann Wolfgang Heinig kennen. Der erfahrene Marathoncoach war bis Anfang 2013 ihr Trainer.
Im Frühjahr 2013 wechselten die Hahner-Zwillinge zu Renato Canova. Den italienischen Erfolgscoach, der eine Reihe von kenianischen Weltklasseläufern betreut, hatten sie bei einem Trainingslager in Kenia kennen gelernt. „Anna und Lisa betreiben ihren Sport sehr ernsthaft und mit großer Leidenschaft.
Für Athleten wie sie sind Zeiten von etwa 2:24 Stunden möglich. Es wird keine Leistungsexplosion geben, aber es ist möglich, dass sie sich jedes Jahr um etwa eine Minute steigern", sagt Renato Canova. In vier Jahren könnten sie damit dann auch bei einer Europameisterschaft eine Rolle spielen.
Anna Hahners Marathon-Leistungsentwicklung
2012 2:30:14 6. Düsseldorf
2013 2:27:55 8. Frankfurt
2014 2:28:59 1. Wien
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