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17
04
2016

Anja Scherl schafft Olympia-Qualifikation und überrascht mit Rang drei beim Hamburg-Marathon 2016, Meselech Melkamu bricht Streckenrekord, Tesfaye Abera gewinnt

By GRR 0

Anja Scherl hat sich beim Haspa Marathon Hamburg mit einem sensationellen dritten Platz in 2:27:50 Stunden für den olympischen Marathon in Rio qualifiziert.

Mit dieser deutschen Jahresbestzeit steigerte sich die 30-jährige Läuferin der LG Telis Finanz Regensburg gleich um 8:41 Minuten. Damit blieb sie deutlich unter der deutsche Olympianorm von 2:30:30 und erzielte die beste Zeit einer deutschen Marathonläuferin seit 2014.

In der Liste der schnellsten Deutschen aller Zeiten rückte sie mit ihrer Hamburger Zeit gleich auf Platz acht nach vorne.

In der Schlussphase des Rennens machte Anja Scherl noch zwei Plätze gut und erreichte damit Rang drei – es ist die beste Platzierung einer deutschen Läuferin bei dem Rennen seit dem dritten Platz der ehemaligen Marathon-Europameisterin Ulrike Maisch im Jahr 2009. Ihr reichten damals allerdings 2:34:28 für den Sprung auf das Podest.

Schneller als Anja Scherl lief eine deutsche Athletin beim Haspa Marathon Hamburg zuletzt 2002: Damals gewann Sonja Oberem mit 2:26:21.

Auch das hochkarätigste Resultat des Tages wurde bei den Frauen erzielt. Die Äthiopierin Meselech Melkamu gewann mit einer Streckenrekordzeit von 2:21:54. Damit verbesserte sie die bisherige Kursbestzeit, die ihre Landsfrau Netsanet Abeyo mit 2:24:12 vor vier Jahren aufgestellt hatte, um über zwei Minuten und erzielte die fünftbeste Zeit weltweit in diesem Jahr. Zweite wurde Titelverteidigerin Meseret Hailu (Äthiopien) in 2:26:26.

Meselech Melkamu und Anja Scherl stellten die Männer mit ihren Leistungen in Hamburg etwas in den Schatten.

Der Äthiopier Tesfaye Abera gewann das Rennen mit 2:06:58 Stunden vor den Kenianern Philemon Rono (2:07:20) und Josphat Kiprono (2:10:44). Schnellster Deutscher war Julian Flügel (Asics Team Memmert), der bei windigen Wetterbedingungen auf Platz 22 nach 2:17:10 im Ziel war.

Das Rennen der Frauen: Hohes Tempo von Beginn an

Meselech Melkamu bestimmte zusammen mit Titelverteidigerin Meseret Hailu von Beginn an das Tempo, wobei sich auch die Kenianerin Sarah Chepchirchir an ihre Fersen heftete. Doch schon kurz vor der 20-km-Marke löste sich Melkamu, die eine Bestzeit von 2:21:01 aufweist. Am Halbmarathonpunkt hatte sie mit 71:04 Minuten bereits 15 Sekunden Vorsprung auf Hailu und Chepchirchir.

Während Melkamu das Tempo auf der zweiten Hälfte trotz des teilweise starken Gegenwindes halten konnte, gelang dies den anderen beiden nicht annähernd. Für Hailu reichte es am Ende zwar noch zum zweiten Platz in 2:26:26, doch Chepchirchir wurde schließlich Siebente in 2:30:08.

„Ich denke, ohne den Wind wäre ich heute unter 2:20 Stunden gelaufen, denn die Strecke ist schnell. Das war eine der besten Leistungen meiner Karriere. Ich hoffe, das reicht für die Olympia-Nominierung“, sagte die 30-jährige Meselech Melkamu, die den afrikanischen Rekord über 10.000 m hält.

Lange Zeit auf Rang sieben lief Anja Scherl.

Die Olympia-Qualifikationszeit hatte sie von Anfang an im Blick. Und ihre Zwischenzeiten deuteten stets auf ein Ergebnis von unter 2:30 Stunden hin. Die Norm steht bei 2:30:30. Doch um sicher zu sein bezüglich des Rio-Tickets musste Anja Scherl schneller laufen als Anna Hahner, die in Berlin im vergangenen Jahr 2:30:19 erreicht hatte.

Als Siebente erreichte Anja Scherl die Halbmarathonmarke nach 73:57 Minuten. „Diese Zeit hat mich selbst überrascht und ich war ein bisschen erschrocken. Aber ich hatte bis 32 Kilometer gar keine Probleme, es war ein fantastisches Rennen für mich“, erzählte Anja Scherl, die vor ihrer Hochzeit unter dem Namen Anja Schneider bekannt war. Auch bei dem teilweise unangenehmen Gegenwind in der zweiten Hälfte des Rennens wurde Anja Scherl nicht langsamer. Nach 35 km war sie bereits Fünfte, dann machte sie auf den letzten fünf Kilometern noch zwei Plätze gut.

„Ich kann es noch nicht glauben, dass ich für Rio qualifiziert bin“, sagte Anja Scherl, der der Startplatz nicht mehr zu nehmen ist.

Zurzeit ist sie die Schnellste im Qualifikationszeitraum vor Lisa Hahner, die das Ticket nach Rio ebenfalls sicher hat. Zittern muss nun jedoch Anna Hahner. Besteht die Noch-Äthiopierin Fate Tola, die am Montag den Boston-Marathon läuft, einen Einbürgerungstest in diesem Monat, dürfte sie rechtzeitig vor der Nominierung die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten.

Dann würde Fate Tola als dritte deutsche Läuferin in Rio starten können.

Eine persönliche Bestzeit gab es in Hamburg noch für eine zweite deutsche Topläuferin: Mona Stockhecke (LT Haspa Marathon Hamburg) lief auf Rang zehn mit 2:33:43 und verbesserte sich damit um genau sieben Sekunden. „Man muss immer kämpfen beim Marathon, es ist nie einfach. Aber ich freue mich, dass ich mein Ziel erreicht habe und eine Bestzeit gelaufen bin“, sagte Mona Stockhecke.

Das Rennen der Männer: Zeit im Wind verloren

Vom Wind geprägt waren die Zwischenzeiten und damit die Entwicklung des Männerrennens. Der Rückenwind im Bereich zwischen den Kilometern 7 und 15 sorgte dafür, dass die Führungsgruppe mit einer 15-km-Zwischenzeit von 44:17 Minuten plötzlich auf Kurs war für eine Endzeit um 2:04:30. Der Streckenrekord des Kenianers Eliud Kipchoge, der vor drei Jahren mit 2:05:30 Stunden gewonnen hatte, schien in Gefahr.

Doch dieses Tempo ließ sich im weiteren Verlauf mit teilweise sehr viel Gegenwind nicht halten. Den Halbmarathonpunkt erreichte eine zehnköpfige Spitzengruppe mit drei Tempomachern nach 62:49 Minuten. Vor der 30-km-Marke kam Bewegung in die Gruppe, die sich halbierte. Vier Läufer und der kenianische Tempomacher Albert Kangogo lagen nach 30 km (1:29:29) in Führung, wobei der „Hase“ kurz danach aus dem Rennen ging.

Neben Tesfaye Abera und Philemon Rono waren zu diesem Zeitpunkt noch Abayneh Ayele (Äthiopien) und Yekeber Bayabel (Eritrea) im Rennen um den Sieg. In der Folge entwickelte sich ein Zweikampf zwischen dem 1,92 m großen Abera und dem deutlich kleineren Rono. Der Äthiopier schien sich nach 35 km abzusetzen, doch der Kenianer war auf dem 37. Kilometer wieder dran. Als Abera jedoch kurz vor 40 km erneut antrat, war Rono schließlich geschlagen.

„Es war ein gutes Rennen für mich. Wir liefen in einer großen Gruppe und haben gut zusammengearbeitet, so dass wir anfangs sehr schnelle Zwischenzeiten hatten. Als ich später an der Spitze lief, war der Wind sehr stark“, sagte der 24-jährige Tesfaye Abera. Bezüglich der Olympia-Nominierung sagte der Äthiopier, der mit seiner Dubai-Siegzeit von 2:04:23 Stunden die Jahresweltbestenliste anführt: „Wichtig ist, dass ich zum Zeitpunkt der Nominierung noch der schnellste Äthiopier bin.“

Julian Flügel war zum dritten Mal in Folge bester Deutscher beim Haspa Marathon Hamburg.

Nach einer Muskelverletzung war er erwartungsgemäß noch nicht in Topform. „Die Zeit war nicht ganz so gut, aber es war mir vorher klar, dass es nicht zu einer Bestzeit reichen würde. Nach einem Muskelfaserriss hatte ich nur rund sechs Wochen Vorbereitungszeit“, sagte Julian Flügel, für den es am nächsten Wochenende beim Düsseldorf-Marathon spannend wird.

Unterbietet kein deutscher Athlet die Olympianorm von 2:14:00 Stunden wird Julian Flügel in Rio im Marathon starten.

Vor den insgesamt 12.567 Marathon-Läuferinnen und Läufer sowie zunächst 1.500
Staffelteilnehmern waren um 8.50 Uhr 89 Handbiker und 2 Rollstuhlfahrer auf die Strecke
gegangen, an der im Tagesverlauf bis zu 700.000 die Athletinnen und Athleten anfeuerten.

Schnellster Handbike-Fahrer nach 1:04:55 war der Niederländer Dr. Jetze Plat, vor dem Deutschen Vico Merklein und dem Belgier Dr. Jonas van de Steene. Bei den Handbike Frauen
sorgte Christiane Reppe aus Dresden mit einem neuen Streckenrekord in 1:13.37 für Aufsehen.

Mit Zielschluss um 15:30 Uhr waren offiziell 12.065 Marathonis und 6.000 Staffelteilnehmer im Ziel.

Ergebnisse

Männer:
1. Tesfaye Abera             ETH       2:06:58
2. Philemon Rono              KEN        2:07:20
3. Josphat Kiprono            KEN        2:10:44
4. Abayneh Ayele              ETH        2:11:49
5. Merhawi Kesete             ERI         2:12:21
6. Ezekiel Chebii               KEN        2:12:45
7. Ivan Fernandez             ESP        2:12:55
8. Abdelhadi El Hachimi     BEL        2:13:10

Frauen:

1. Meselech Melkamu    ETH        2:21:54
2. Meseret Hailu               ETH        2:26:26
3. Anja Scherl                GER        2:27:50
4. Monika Stefanowicz      POL        2:28:26
5. Madai Perez                 MEX        2:29:27
6. Kelly Arias                   COL        2:29:36
7. Sarah Chepchirchir       KEN        2:30:08
8. Adriana da Silva           BRA        2:31:23

Die schnellsten deutschen Frauen aller Zeiten

2:19:19    Irina Mikitenko (Wattenscheid)     Berlin       2008
2:24:35    Katrin Dörre-Heinig (Leipzig)        Hamburg  1999
2:25:37    Uta Pippig (Berlin)                       Berlin       1995
2:26:01    Luminita Zaituc (Braunschweig)    Frankfurt  2001
2:26:13    Sonja Oberem (Leverkusen)         Hamburg  2001
2:26:21    Sabrina Mockenhaupt (Köln)         Berlin       2010
2:26:44    Anna Hahner (Run2Sky)               Berlin       2014
2:27:50    Anja Scherl (LG Telis Finanz)         Hamburg  2016
2:27:55    Claudia Dreher (Riesa)                 Hannover  1999
2:27:58    Melanie Kraus (Leverkusen)          Berlin       2000

Uta Pippig lief 1994 beim Boston-Marathon 2:21:45 Stunden, jedoch erfüllt die Strecke nicht die für die Anerkennung von Rekorden nötigen Kriterien.

race-news-service.com

author: GRR

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