Doch schon Ort und Zeitpunkt der Krisensitzung der Nada mit den Fachverbänden an diesem Freitag in Frankfurt sollen die Beteiligten geheim halten. Dabei gibt die Nada ohnehin genug Rätsel auf
Anhörung im Bundestag: Die Nada gibt Rätsel auf – Augustins Kopf wird nicht rollen – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)
BERLIN. Die Stiftung Nationale Anti-Doping-Agentur (Nada) gibt derzeit nicht das Bild einer souveränen und unabhängigen Kontrollinstanz für den deutschen Hochleistungssport ab.
Statt klarer Erklärungen bekamen die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, die dem Sportausschuss angehören, bei einer Anhörung am Mittwoch einen Wust von Zahlen zu hören. Auch wurden ihnen eine neue Nada – mit dem Vorsitzenden Armin Baumert als hauptamtlichem Krisenmanager – und eine neue Politik vorgestellt.
Doch schon Ort und Zeitpunkt der Krisensitzung der Nada mit den Fachverbänden an diesem Freitag in Frankfurt sollen die Beteiligten geheim halten. Dabei gibt die Nada ohnehin genug Rätsel auf. Etwa das, warum das Kontrollunternehmen PWC im vergangenen Jahr bei 385 geplanten Trainingskontrollen Athleten nicht antraf, warum Baumert wiederum von 201 Fällen sprach, in denen die Verbände hätten informiert werden müssen, warum Nada-Geschäftsführer Roland Augustin sagte, über diese 201 Fälle hätte die Nada informieren können, und warum er den Spitzenverbänden auf der Geheimkonferenz nur vierzig dieser Fälle vorlegen will.
Die Abgeordneten, so schien es allerdings, waren nicht so recht daran interessiert, dies alles herauszufinden. Sie reagierten milde darauf, dass bislang bei der Nada offenbar Chaos herrschte, welches nun in Hektik umgeschlagen ist. Der Vorsitzende des Ausschusses, Peter Danckert, mahnte zum Auftakt der Sitzung, man wolle kein Scherbengericht halten und solle das gemeinsame Ziel nicht aus den Augen verlieren.
Als nach der Sitzung ein Journalist Augustin fragte, warum denn die Meldungen der verpassten Kontrollen an die Verbände unterblieben seien, ging Danckert wie in seiner Zeit als Strafverteidiger dazwischen mit dem Rat: "Sie brauchen nicht zu antworten." Ist Augustin ein Angeklagter, der sich mit einer Antwort selbst belasten würde?
So jedenfalls kann man auch Armin Baumert verstehen, der 2002 nach den Olympischen Spielen als Leistungssportdirektor des Deutschen Sportbundes zurücktrat und nun innerhalb von wenigen Tagen zunächst Vorstandsmitglied, dann Vorstandsvorsitzender und hauptamtlicher Krisenmanager der Nada geworden ist.
"Roland Augustins Kopf wird nicht rollen", sagte er in Berlin. "Er ist ermahnt worden, und wir haben personelle Konsequenzen besprochen." Nun aber solle sich Augustin auf seine Kernkompetenz konzentrieren, die durch interne Reibereien und Belastungen von außen verschüttet gewesen sei. "Die Zeit des Ausprobierens ist vorbei", versprach Baumert.
Zum Neubeginn der chronisch unterfinanzierten Kontrollinstanz gehört die Aufstockung der Geschäftsstelle in Bonn von acht auf zehn Arbeitskräfte. Das Personal soll für das Kontrollsystem sowie für Kommunikation und Marketing eingestellt werden. Baumert selbst will an bis zu drei Tagen pro Woche in Bonn präsent sein und im Rahmen von Projektaufträgen Lücken schließen, wie er sagte.
Er sei erstaunt, dass unter den Athleten so viele Missverständnisse herrschten und dass selbst unter Fachleuten Begriffe wie "No-Show" und "Missed tests" ganz unterschiedlich definiert würden, sagte der Abgeordnete Swen Schulz von der SPD nach der Anhörung in Berlin.
Michael Reinsch
FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG (FAZ)
Freitag, dem 2. Februar 2007