Für die bislang die internationale Berglaufszene (zumindest die Bergaufstrecken) bestimmenden Ahmet Arslan und Jonathan Wyatt wurden die 26. Weltmeisterschaften in Kamnik zum „schwarzen Sonntag“
Andrea Mayr triumphiert, Afrikas Läufer stürmen zum Berglauf-Gipfel
Afrikas Läufer dominieren nicht mehr nur den Bahn-, Straßen- und Crosslauf sondern nun auch den Berglauf: Sechs afrikanische Läufer platzierten sich bei den Weltmeisterschaften in Kamnik (Slowenien) unter den besten Acht. Die Athleten aus Eritrea und Uganda sind spätestens seit dem Weltchampionat unweit von Ljubljana auch im internationalen Berglauf das Maß der Dinge.
Für die bislang den Berglauf bei Welt- und Europameisterschaften bestimmenden Nationen wie Italien, Türkei und Frankreich hat zumindest bei den Männern und Junioren eine neue Zeitrechnung begonnen. Stars wie der vierfache Europameister Ahmet Arslan (Türkei) und der sechsfache Weltmeister Jonathan Wyatt (Neuseeland) erlitten als Siebenter und Achter hinter gleich sechs afrikanischen Läufern eine herbe Niederlage. Alleine die Frauenklasse ist durch Andrea Mayr (Österreich), die zum dritten Mal Weltmeisterin wurde, sowie den Medaillengewinnerinnen Valentina Belotti (Italien) und Europameisterin Martina Strähl (Schweiz) fest in europäischer Hand. Aus einer insgesamt schwachen deutschen Mannschaft ragen alleine die Junioren heraus, die hinter der Türkei überraschend die Silbermedaille im Team-Wettbewerb gewinnen konnten.
Für die bislang die internationale Berglaufszene (zumindest die Bergaufstrecken) bestimmenden Ahmet Arslan und Jonathan Wyatt wurden die 26. Weltmeisterschaften in Kamnik zum „schwarzen Sonntag“, denn mit fast zwei Minuten Rückstand hinter den wie entfesselt zum 1.660 m hohen Ziel hinaufstürmenden Afrikanern aus Eritrea und Uganda blieben lediglich die Plätze sieben (Arslan) und acht (Wyatt). Nur der international noch nicht in Erscheinung getretene US-Läufer Joe Gray schaffte es noch, in die afrikanische Phalanx einzubrechen und unter die Top Ten zu gelangen. „Das ist eine neue Qualität im Berglauf“, sagte der deutsche Berglaufberater Wolfgang Münzel, zugleich einer der Direktoren im Berglauf-Weltverband (WMRA). „Damit müssen wir uns natürlich künftig stärker auseinandersetzen. Warum soll es gerade beim internationalen Berglauf anders sein als auf der Straße oder auf der Bahn?“
Diese Situation im Berglauf hatte sich bereits im vergangenen Jahr bei den Weltmeisterschaften in Campodolcino (Italien) abgezeichnet, als Uganda und Eritrea die Wettbewerbe der Männer und Junioren bereits eindrucksvoll mit scheinbar spielerischer Leichtigkeit auf einem allerdings bergauf-bergab führenden Kurs dominierten. Neu ist hingegen die Stärke auf Bergauf-Strecken wie hier in Kamnik. Allerdings haben sich die Kräfteverhältnisse eher zugunsten von Eritrea verändert: Über die 12-km-Strecke mit einer Höhendifferenz von 1.295 m gewann Samson Gashazghi in 56:25 Minuten, dicht gefolgt von Teklay Weldemariam (56:28), der wie im Vorjahr auf Rang zwei einlief.
Der Titelverteidiger Geoffrey Kusuro (Uganda) wurde diesmal Dritter. Dass allerdings nicht alle Wünsche bei den Afrikanerin unweit der slowenischen Hauptstadt in Erfüllung gingen, das mag am Beispiel von Martin Toroitich, dem WM-Zweiten von 2008, verdeutlicht werden, denn dieser wurde 90. und vermasselte Uganda die mögliche Team-Silbermedaille, die überraschend an die US-Amerikaner, dicht gefolgt von Abonnementsmeister Italien, ging. Hier gewann Eritrea.
Hinter den Erwartungen zurück blieben die deutschen Männer, die in der Mannschaftswertung lediglich auf Rang elf einliefen. „Wir mussten natürlich auf die bei den Langdistanz-Weltmeisterschaften eingesetzten Athleten wie Timo Zeiler und Marco Sturm sowie auf Manuel Stöckert verzichten, damit waren die Voraussetzungen für eine gute Team-Platzierung kaum gegeben“, sagte Berglauf-
Chef Münzel, der erkennen musste, dass das nationale Niveau kaum ausreicht, um ohne drei wichtige Leistungsträger international noch konkurrenzfähig zu sein. Für die beste Einzelplatzierung sorgte dabei der 20-jährige René Stöckert als 44.
Andrea Mayr, die in Wien inzwischen als Ärztin in einem Krankenhaus arbeitet, hat trotz der Doppelbelastung einmal mehr gezeigt, dass sie die Nummer eins ist: Auf der 8,5-km-Strecke mit einer Höhendifferenz von 1.035 m lief sie einen imposanten Vorsprung heraus. Andrea Mayr war nach 49:30 Minuten im Ziel und lag deutlich vor der Italienerin Valentina Belotti (50:08).
race-news-service.com/Wilfried Raatz