Gefeierter Sieger in Hannover: Amanal Petros. - Foto: Norbert Wilhelmi / Veranstalter
Amanal Petros (SCC Berlin): Die Europarekorde sind das nächste Ziel
Amanal Petros ist Deutschlands Langstrecken-Rekordläufer. Als erster Athlet hat der 27-Jährige die nationalen Rekorde über 10 km (27:32), im Halbmarathon (60:09) und im Marathon (2:06:27) gebrochen und hält diese sogar zeitgleich.
Der Marathon-EM-Vierte von München 2022 brach am Sonntag beim ADAC Marathon Hannover den Streckenrekord mit 2:07:02. Die drei schnellsten Zeiten in der deutschen Marathon-Alltime-Liste stammen nun alle von dem Läufer des SCC Berlin, der zudem der einzige deutsche Athlet ist, der bei einem der international bedeutenden nationalen Marathonrennen den Streckenrekord hält.
Nach dem Rennen in Hannover gab Amanal Petros das folgende Interview:
Der Sieg in Hannover war Ihr erster in einem Marathon. Wie bewerten Sie diesen Erfolg und wie haben Sie das Rennen erlebt?
Amanal Petros: Es war auch mein erster City-Marathon in Deutschland und dieser Erfolg bedeutet mir wirklich sehr viel. Sicherlich ist das auch der bisher größte Sieg meiner Karriere. Das gibt mir sehr viel Motivation für die nächsten Rennen. Die Atmosphäre an der Strecke war hervorragend und ich hätte nicht gedacht, dass der Kurs so derart flach und schnell ist. Da die Pace in der Spitzengruppe aber nicht so konstant war, ermüdete meine Muskulatur früher. Aber ich bin trotzdem sehr gut durchgekommen. Ich kann mir vorstellen, noch einmal auf dieser schnellen Strecke zu laufen, um dann eine noch schnellere Zeit zu erzielen.
Ihre Zeit von 2:07:02 Stunden sollte reichen für die Olympia-Qualifikation, oder?
Amanal Petros: Ich glaube auch, dass es reichen wird. Es ist wohl eher unwahrscheinlich, dass drei nationale Konkurrenten Zeiten unter 2:07 laufen. Aber eigentlich beschäftige ich mich damit nicht, es spielt keine Rolle. Denn ich konzentriere mich einfach nur darauf, so schnell zu laufen wie möglich.
Wie sind die Planungen für die nächste Zeit?
Amanal Petros: Jetzt werde ich mich erst einmal erholen. Dann würde ich gerne in Herzogenaurach Ende April entweder über 5 km oder 10 km laufen. Ich will weiter meine Grundschnelligkeit verbessern. Meinen nächsten Marathon laufe ich voraussichtlich in Berlin.
Amanal Petros setzt sich die nächsten Ziele. – Foto: Norbert Wilhelmi / Veranstalter
Berlin ist ein weiterer sehr schneller Marathon.
Amanal Petros: Ja, ich möchte mich weiter steigern. Ich denke, eine Zeit von unter 2:06 Stunden müsste im nächsten Marathon möglich sein, wenn die Bedingungen stimmen und die Konkurrenz auch stärker ist. Aber eigentlich habe ich sogar schon ein Ergebnis von unter 2:05 im Kopf.
Was sagen Sie zu der starken Entwicklung der deutschen Läufer?
Amanal Petros: Wir haben in den letzten Jahren eine tolle Entwicklung gemacht, aber sie ist noch lange nicht zu Ende. Manchmal ist es auch eine Sache des Kopfes. Es ist wichtig, dass die mentale Einstellung stimmt, dann kommt auch die Leistung. 2016 haben wir eine 2:13er-Zeit von Hendrik Pfeiffer gefeiert (er unterbot in Düsseldorf sensationell im Debüt die Olympia-Norm, d. Red.). Dann habe ich mir gesagt, wenn dein Trainingspartner eine solche Zeit läuft, dann schaffe ich das auch. 2019 bin ich bei meinem Debüt 2:10:29 gelaufen, ein Jahr später dann 2:07:18. Jetzt ist es anders herum, Hendrik wird sich sagen: warum sollte ich nicht unter 2:10 laufen können. Und ich bin sicher, dass er diese Zeit läuft. Das gilt aber auch für andere. Filimon Abraham ist jetzt 2:08:22 gelaufen. Und Richard Ringer wird sicherlich unter 2:08 laufen. Ich rechne auch mit mehr Zeiten im Bereich von 2:06. Wir schaukeln uns gegenseitig hoch, da wird noch einiges passieren.
Arne Gabius, der 2015 den deutschen Rekord auf 2:08:33 verbessert hatte, war wohl der Ausgangspunkt dieser Entwicklung.
Amanal Petros: Arne hat ganz bestimmt eine sehr große Rolle gespielt. Er hat gezeigt, dass es geht und war ein Vorbild für uns. Ich habe damals ab und zu auch mit ihm trainieren können. Das war eine Motivation. Genauso hoffe ich, dass ich jetzt für Athleten ein Vorbild und Motivator sein kann, wenn es für sie zunächst darum geht, Zeiten von 2:08 oder 2:09 zu erreichen.
Als Sie 2020 zum zweiten Mal in Iten in Kenia trainierten, schlossen Sie sich der Gruppe von Julien Wanders an, die vom Italiener Renato Canova betreut wird. Der Schweizer Europarekordler über 10 km und im Halbmarathon galt damals als kommender europäischer Langstrecken-Star, Sie waren vergleichsweise eher ein Nobody. Inzwischen ist es ganz anders. Julien Wanders steckt gerade in einem Tief und Sie laufen deutsche Rekorde.
Amanal Petros: Ja, das stimmt – das ist Sport, es kann immer mal Auf und Ab gehen. Wir verstehen uns alle sehr gut in der Gruppe und versuchen immer, uns gegenseitig zu unterstützen und zu helfen. Ich bin dankbar, dass ich diesen Anschluss zu Julien damals gefunden habe, das hat mir bei meiner Entwicklung enorm geholfen. Die Ziele verändern sich dadurch auch. Bei mir sind es inzwischen nicht mehr so sehr die deutschen Bestzeiten sondern die Europarekorde über 10 km, im Halbmarathon und im Marathon.
Interview: Jörg Wenig / Race News Service