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2022

Alina Reh bezwingt Hanna Klein und läuft zur überzeugenden Titelverteidigung - Foto: wilfreid Raatz - wus media UG

Aller guten Dinge sind vier – Zum vierten Mal finden Deutsche Crossmeisterschaften in Löningen statt – erneut mit spannenden und zum Teil dramatischen Kämpfen um die Meistertitel. – Wilfried Raatz berichtet

By GRR 0

Die erfolgreichen Titelverteidiger Alina Reh und Samuel Fitwi Sibhatu sind die überragenden Sieger im Münsterland

Löningen, ein 5000 Einwohner-Städtchen im Oldenburger Münsterland, war nach 2011, 2014 und 2017 nun bereit zum vierten Mal Austragungsort der Deutschen Crossmeisterschaften, hat in beeindruckender Weise gezeigt, wie Crosslaufen in Deutschland geht.

Auf einem selektiven Wiesenkurs mit Strohballen-Hindernissen, zwei ins Wiesengelände gestaltete Kamelhügel und der interessant gesteckte Parcours an der Stadionschräge setzten sich die wahren Cross-Champions durch – allen voran Alina Reh vom SCC Berlin nach beherztem Kampf gegen Hanna Klein und ein dramatisches Finale zwischen Samuel Fitwi Sibhatu und Filmon Abraham waren die Würze, die Crosslaufen so interessant macht und besondere Tugenden abverlangt, die in dieser Ausprägung weder auf der Bahn oder der Straße gefordert sind.

Sie werden zusammen mit der in Südafrika weilenden 5000 m-Europameisterin Konstanze Klosterhalfen ein gewiss starkes deutsches Team bei den Cross-Europameisterschaften am 11. Dezember in Turin anführen.

„Ich hätte nie gedacht, dass ich hier gewinnen würde“, zeigte sich Alina Reh erstaunt über die erfolgreiche Titelverteidigung nach Sonsbeck, lagen doch merkliche Tiefschläge in der WM- und EM-Saison. „Mitte der Woche hätte ich am liebsten noch abgesagt, so matt habe ich mich gefühlt. Als ich dann aber vorne lag und der Abstand nicht geringer wird, dann gibt das doch Hoffnung und macht zuversichtlich!“ Die Art und Weise, wie die 25jährige nach den Tiefschlägen im Sommer, in Löningen auftrat, das imponiert und macht nicht nur bei den Außenstehenden Hoffnungen für die nunmehr anstehenden Europameisterschaften.

Dem Tempodiktat des Langstreckenass von der Schwäbischen Alb folgten zunächst zwar noch alle Medaillenkandidatinnen wie Hanna Klein, Miriam Dattke, Eva Dieterich, Caterina Kranz, Elena Burkard oder die U23-Favoritin Emma Heckel. Noch vor der Streckenhälfte hatte sich Alina zusammen mit Hanna Klein absetzen können, doch wenig später mußte auch ihre neue Trainingskollegin in Tübingen abreißen lassen. Am Ende waren es zehn Sekunden, die Alina Reh in beeindruckender Manier an Vorsprung herausgelaufen hatte. „Jetzt freue ich mich doch auf die EM und hoffe, dass auch Hanna mitkommen wird!“ so die letztjährige Überraschungsdritte von Dublin. Im Verbund mit Konstanze Klosterhalfen kann der DLV auf eine starke Truppe bauen, der in Turin alles zuzutrauen ist.

Erstmals konnte auch Hanna Klein das DM-Crossfeeling schnuppern und zeigte sich überaus zufrieden. „Dafür, dass es meine ersten Crossmeisterschaften waren, kann ich trotz der anspruchsvollen Strecke ein positives Erlebnis mitnehmen. Mehr ging wirklich nicht, denn mir fehlt die nötige Regeneration nach dem 15 km-Rennen in der Vorwoche. Mein Akku ist wirklich leer!“ Auf Rang drei folgte eine Miriam Dattke, die nach einer längeren Saisonpause vor wenigen Wochen erst wieder ins geregelte Training eingestiegen war. „Ich bin einfach glücklich, das hätte ich nicht erwartet“, so die Regensburgerin.

Unauffällig, aber mit einer erstaunlichen Tempohärte erreichte Caterina Cranz Rang vier vor Eva Diterich. Schwer tat sich die wiedergenesene Elena Burkart und erreichte nach Rang zwei auf der Kurzdistanz beim Darmstadt-Cross in der Vorwoche nur Rang acht. Dazwischen lagen die starken U23-Juniorinnen Emma Heckel und Mia Jurenka, die gleichaltrige Annika Vortmeier lag direkt hinter Elena. „Am Donnerstag bin ich erst aus den USA gekommen, nächste Woche geht es noch einmal zurück zu einem 5000 m-Hallenrennen nach Boston. Dann kann ich mich erst mit der Cross-EM beschäftigen!“

Die 20jährige Regensburgerin war vor Wochenfrist bei den US-College Nationals lediglich 38. geworden („hätte schon etwas besser sein können“), durfte sich aber mit dem Team der University of New Mexico über Rang zwei freuen. „Was mich dann in Turin erwartet, das kann ich nur schwer einschätzen, schließlich starte ich ja in einer neuen Altersklasse!“. Vor Jahresfrist hätte es für Emma kaum besser laufen können, denn mit der Bronzemedaille legte sie den Grundstock zum Mannschaftsgold für Deutschland.

Mit Dramatik pur lässt sich das Langstreckenrennen der Männer umschreiben, denn bis in die Schlussrunde der 9800 m langen Distanz lagen mit dem Titelverteidiger Samuel Fitwi Sibhatu, Markus Görger und dem um das Tempo bemühte Filmon Abraham gleich drei Athleten nur einen Meter voneinander getrennt an der Spitze. Dann ging Markus Görger, der vor zwei Wochen in souveräner Manier den Cross in Pforzheim gewonnen hatte, wegen Magenprobleme plötzlich aus dem Rennen und die beiden Kontrahenten mit Wurzeln in Eritrea spurteten den Sieg und damit die Meisterschaft unter sich aus. Für Samuel Fitwi wurden 29:28 gestoppt, Filmon Abraham folgte eine Sekunde dahinter. „Ich befinde mich im Marathontraining auf Sevilla, deshalb bin ich mit meiner erfolgreichen Titelverteidigung und der Qualifikation für die Europameisterschaften sehr zufrieden“, gestand der 26jährige bei einem seiner letzten Starts für die LG Vulkaneifel, bevor er für die Saison 2023 das Trikot von Silvesterlauf Trier überziehen wird. Zusammen mit Filmon wird er jedoch noch zuvor das deutsche Männerteam in Turin anführen.

Dramatisches Rennen um den Langstreckentitel der Männer mit v.l. Filmon Abraham, Markus Görger und Samuel Fitwi Sibhatu – Foto: Wilfried Raatz – wus-media UG

Der kampfstarke Davor Aaron Bienenfeld wurde für seine unermüdliche Tempoarbeit bis zur Streckenmitte mit Rang drei belohnt. Spannend ging es um die Ränge vier bis sechs zu, der eher zu den Mittelstrecken tendierenden Sam Parsons wurde mit 30:08 Vierter knapp vor den mit 30:11 zeitgleichen Patrick Karl und Maximilian Thorwirth. Der 5000 m-WM-Starter Mohamed Mohumed verlor zeitig den Anschluss an die Spitze und wurde nur Achter.

Nach seinem furiosen Auftritt bei der EM-Qualifikation für den Mixed-Staffel-Wettbewerb beim Darmstadt-Cross war Jens Mergenthaler auch auf der 4 200 m langen Mittelstrecke nicht zu schlagen. Nach einem beeindruckenden Lauf von der Spitze weg lief er nach 12:39 Minuten als Meister über die Ziellinie, erst elf Sekunden später folgte Marius Probst und weitere sieben Sekunden mit Maximilian Pingpank die weiteren Medaillengewinner. „Ich habe mit stärkerer Gegenwehr gerechnet. Ich bin froh, dass ich heute beweisen konnte, dass mein Sieg in Darmstadt keine Eintagsfliege war!“

Bei den U20-Starts ging es ebenso um die begehrten Plätze im deutschen Team für die Europameisterschaften. In souveräner Manier gewann bei den Mädchen die letztjährige U18-Meisterin Kira Weis, während bei den Jungen mit Kurt Lauer, Benjamin Dern, Lukas Ehrle und Constantin Carls die Schnellsten gerade einmal sieben Sekunden auseinanderlagen und den Kern der EM-Mannschaft bilden werden.

Die gleiche Zeitdifferenz trennten auch die schnellsten U23-Läufer mit Florian Bremm vor Paul Specht, Tim Assmann und Benedikt Brem an der Spitze.

Wilfried Raatz

 

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