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28
04
2010

Ein richtiger Läufer – das gab er den Zuhörern seinerzeit zu verstehen – ist er nie gewesen.

Alan Sillitoe im Alter von 82 Jahren gestorben – Der Autor war 2004 Gast beim Berliner Literatur-Marathon

By GRR 0

Alan Sillitoe ist tot. Der britische Schriftsteller starb am 25. April 2010 in London. Lange vor dem Beginn der modernen Laufbewegung hierzulande und in aller Welt hat er den Roman „Die Einsamkeit des Langstreckenläufers“ (The Loneliness oft the Long-Distance Runner“) geschrieben.

Der Roman aus dem Jahre 1959 wurde sogar 1962 verfilmt und ist seitdem längst zu einem geflügelten Wort geworden, bei sich Läuferinnen und Läufer, aber auch dem Laufsport Fernstehende immer wieder fragen, was es denn mit dieser Einsamkeit auf sich hat: Sind Langstreckenläufer einsame Menschen? Suchen Langstreckenläufer die Einsamkeit? Egal, jeder mag diese Frage für sich beantworten …

Alan Sillitoe ging es in seiner Erzählung, die wie all seine Werke aus dieser Zeit auch mit der Bewegung „Angry Young Men“ in Verbindung gebracht wird, um noch etwas ganz anderes: Der Hauptfigur, dem 17-jährigen Colin Smith wird als Insasse einer sog. Besserungsanstalt das tägliche Lauftraining erlaubt, um sich auf die Landesmeisterschaft außerhalb der Gefängnismauern vorzubereiten. Im Falle des Sieges verspricht ihm der Gefängnisdirektor sogar die Förderung einer Profikarriere als Läufer.

Doch Colin nutzt das regelmäßige ausdauernde Laufen zum Nachdenken über sich und über die Vereinnahmung durch den Direktor. Colin Smith bleibt sich selbst treu, verzichtet auf den Sieg „für den Direktor“, indem er vor dem Ziel anfängt, auf der Stelle zu laufen, um andere Konkurrenten vorbei ziehen zu lassen … und nach der Entlassung gestaltet er sein Leben nach seinen eigenen Vorstellungen.

Der Langstreckenlauf taugt demnach nicht zur Instrumentalisierung, vielmehr taugt die Einsamkeit zur Selbstfindung.

Alan Sillitoe als laufliterarischer Protagonist machte im Jahre 2004 sogar dem Berliner Literatur-Marathon im Hebbel-Theater in Kreuzberg seine Aufwartung. Die Lesung, die immer im zeitlichen Vorfeld zum Berlin-Marathon (neuerdings in der Kunstfabrik „Schlot“) stattfindet, wurde damals in Kooperation mit dem Internationalen Berliner Literatur-Festival veranstaltet.

Dort waren neben Alan Sillitoe auch „Altmeister“ Gunter Herburger, Dieter Baumann und Tom Ockers vertreten ebenfalls die aus ihren eigenen laufliterarischen Werken vortrugen. Die Lesung und Lebenserinnerungen von Alan Sillitoe von damals bleiben allen Anwesenden unvergessen.

Ein richtiger Läufer  – das gab er den Zuhörern seinerzeit zu verstehen – ist er nie gewesen.

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

Sportwissenschaftler an der Leibniz Universität Hannover

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