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2014

Siegerehrung beim Halbmarathon 2014 durch Brett Larner. ©Brett Larner

Ageo bleibt ein Phänomen – Auch 2014 beeindruckt der Ageo City Halbmarathon wieder durch eine einmalige Leistungsdichte. Helmut Winter berichtet

By GRR 0

Am letzten Sonntag setzte sich bei der 27. Auflage des Ageo City Halbmarathons in der Provinz Saitama nördlich von Tokyo die Serie einer beeindruckenden Leistungsbreite fort.

Als Topläufer hatte man wieder das japanische Lauf-Unikum und den Vielstarter Yuki Kawauchi eingeladen, ansonsten setzte sich das Teilnehmerfeld weitgehend aus Schülern von High Schools und College-Studenten zusammen, die traditionsgemäß in Ageo einen letzten Qualifikationstest für die Ekiden-Staffelläufe um die Jahreswende herum absolvieren.

Und auf welchem Niveau diese Läufer agieren, ist an dieser Stelle in den letzten Jahren regelmäßig berichtet worden, so dass wir uns bei der Schilderung von Details kurz fassen können. Aber man wiederholt sich gerne, wenn man die einmalige Leistungsbreite dieser Veranstaltung herausstellt, die – und das ist gleichfalls bemerkenswert – so gut wie ausschließlich von heimischen Sportlern erbracht werden.

Im Gegensatz zu den letzten Jahren herrschten diesmal nahezu perfekte äußere Bedingungen, die von den jungen Männern wieder zu außergewöhnlichen Leistungen genutzt wurden, wobei aber die Rekordniveaus aus den Vorjahren in diversen Kategorien nicht ganz erreicht werde konnten. Dabei sind es weniger die Zeiten der Sieger und Erstplatzierten – die werden bei anderen Veranstaltungen besonders durch Ostafrikaner deutlich unterboten -, sondern es ist die einmalige Leistungsbreite, die Ageo immer wieder auszeichnet. Auch 2014!

Durch die Maßnahme der Provinzregierung, die Erstplatzierten durch eine Teilnahme am Halbmarathon im kommenden Frühjahr großzügig zu fördern (man fliegt Business-Class, etc.), steigt allerdings in Ageo auch in der Leistungsspitze das Niveau an.

Topstar Kawauchi nutzte den Lauf zwei Wochen nach seinem durchwachsenen Auftritt im Sturm beim New York Marathon zu einem „Formtest", bereits am kommenden (!) Wochenende geht er beim Kyoto-Marathon an den Start. Yuki belegte bei der starken Konkurrenz in 1:02:55 nur Platz 10, was allerdings im Rahmen seines Programms an Wettbewerben durchaus beeindruckend war.

Um den Lauf zu gewinnen, hätte er allerdings seine Bestzeit (1:02:18) unterbieten müssen, denn Koki Takada von der Waseda University und Takashi Ichida (Daito Bunka University) liefen als Erste 1:02:02 und 1:02:03 und lösten das Ticket für die USA-Reise. Bis zur Hälfte des Rennens lag man sogar auf einer Endzeit von deutlich unter 1:02 Stunden. Durch seinen Sieg entschädigte sich Takada für das letzte Jahr, wo er als Dritter der Studenten die Reise denkbar knapp verpasste.

Wie in den Vorjahren ist die Liste der Platzierten und deren Zeiten deutlich beeindruckender. Für den 50. Platz musste man 1:04:09 laufen, für Platz 100 sogar 1:05:02, 300 Läufer blieben unter 1:08:05. Wie unglaublich diese Zahlen sind, verdeutlicht ein Blick auf die Männerfelder bei größeren Läufen in Deutschland, wie den Paderborner Osterlauf oder den Berliner Halbmarathon im Frühjahr. In Berlin wäre man mit 1:08:05 auf Platz 27 (!!!) gelandet, in Paderborn sogar auf Platz 7.

Und dabei wurden die Topzeiten in Berlin und Paderborn fast ausschließlich von Ostafrikanern erzielt. Man kann sich nur wiederholen: Das ist schlichtweg unglaublich! Die japanischen Schüler und Studenten laufen vom Niveau in der Leistungsbreite die deutschen Topveranstaltungen in Grund und Boden!

In der Tabelle sind die wichtigsten Zahlen im Vergleich mit den Vorjahren und mit dem Berliner Halbmarathon 2014 und dem Paderborner Osterlauf 2014 aufgelistet. Diese Zahlen muss man kaum kommentieren, zumal bei den beiden deutschen Läufen die Ostafrikaner noch fleißig mithelfen, das Leistungsniveau an der Spitze hoch zu halten.

Auch wenn man die Jahresbestenliste der deutschen Männer für 2014 hernimmt, findet man für Platz 9 eine Zeit von 1:06:24; diese Zeit unterboten am letzten Sonntag an einem Tag in Ageo über 200 junge Japaner …

Über die Gründe für dieses außergewöhnliche Leistungsniveau, das in der Breite auch mit dem führenden Läufernationen Ostafrikas mithalten dürfte, ist schon an diversen Stellen geschrieben worden. Viel interessanter ist aber der Aspekt, dass dies bis heute kaum einen Einfluss auf die absolute Elite in Japan hat. International sind Japans Männer nach wie vor nicht in der Weltspitze zu finden.

Auch über dieses Phänomen ist viel spekuliert worden. Leistungsbreiten wie sie in Ageo zu finden sind – und Ageo ist keinesfalls eine Ausnahme – sollten langfristig diesen Status ändern helfen. Ein Füllhorn junger hoch begabter Talente steht jedenfalls in Japan bereit.

Der Autor dankt Brett Larner (Tokyo) für vielfältige Diskussionen zum Thema in den letzten Jahren.

Helmut Winter

Zeiten des ersten Läufers sowie der Erstplatzierten innerhalb von Platz 10 bis 300 beim Ageo-Halbmarathon in den Jahren 2009 bis 2014. Dazu im Vergleich die Zeiten für den Berliner Halbmarathon (B 2014) und den Halbmarathon beim Paderborner Osterlauf (PB 2014)

 

Platz

2009

2010

2011

2012

2013

2014

B 2014

PB 2014

1

1:03:44

1:01:47

1:02:37

1:02:46

1:02:45

1:02:02

59:14

1:02:16

10

1:04:41

1:03:46

1:03:44

1:03:31

1:03:23

1:02:55

1:02:11

1:16:49

50

1:05:54

1:05:04

1:05:13

1:04:51

1:04:07

1:04:09

1:12:20

1:25:49

100

1:06:52

1:06:10

1:06:16

1:05:53

1:04:49

1:05:02

1:17:21

1:31:36

200

1:08:18

1:08:10

1:08:03

1:07:48

1:06:08

1:06:21

1:20:56

1:36:43

300

1:10:08

1:10:40

1:10:13

1:10:25

1:07:51

1:08:05

1:23:15

1:41:06

27. Ageo City Halbmarathon – Top 5 der Männer

1.

Koki Takada

Waseda University

1:02:02

2.

Takashi Ichida

Daito Bunka University

1:02:03

3.

Naoki Kudo

Komazawa University

1:02:18

4.

Shinichiro Nakamura

Waseda University

1:02:30

5.

Hazuma Hattori

Toyo University

1:02:31

10.

Yuki Kawauchi

Saitama Prefektur

1:02:55

author: GRR

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