Nur der Tor ist schneller - Achilles im Droemer-Knaur Verlag - Foto: Verlag
Achilles ermittelt beim BERLIN-MARATHON… Ein Kriminalroman von Dr. Hajo Schumacher und Michael Meisheit – Prof. Dr. Detlef Kuhlmmann
Dr. Hajo Schumacher kennen alle aus dem Fernsehen. Als Achim Achilles hat er Menschenmassen zum Laufen gebracht.
Mit seinen Achilles-Büchern hat er laufend Lauf-Geschichte(n) geschrieben. Jetzt mit 60 hat Hajo (zusammen mit Micheal Meisheit, dem Chefautor der TV-Serie Lindenstraße) ein neues literarisches Genre entdeckt. Als Achilles (ohne Vornamen) bleibt er aber so der Laufszene „kriminell“ weiter verbunden …
Wovon die Rede ist? Von dem neuen Kriminalroman mit dem Titel: „Nur der Tod ist schneller. Laufende Ermittlungen.“
Wer die 400 Seiten zu lesen beginnt, erfährt schnell, dass der Krimi im lokalen und sozialen Milieu des Berlin-Marathons und in Kapitel 42 dann tatsächlich auf der Strecke des Berlin-Marathons mit den Kilometer-Absätzen bei km 1 und 10 und 21,1 und 26 und 30 und 32 bis 38 und 42 spielt, bevor dann alles im Kapitel 42,195 aufgelöst wird:
„Die Welt steht still“, lautet kurz vor Schluss auf Seite 397 der entscheidende Satz. Warum in diesem Moment die Welt still steht? Das wird natürlich hier nicht verraten. Aber bis zum Stillstand der Welt wird alles von den beiden Autoren dramaturgisch höchst klug und spannend vorbereitet. Die Leichen sind bis dahin alle fein seziert – mehr noch:
Das Buch lässt sich – wer hätte das (nicht) gedacht – auch als eine Laufreise durch Berlin lesen:
Die “Laufenden Ermittlungen“ werden nämlich nicht nur im Landeskriminalamt in der Keithstraße geführt, sondern führen die Ermittler (d/w/m) auch mal in das Mommsenstadion nach Charlottenburg, in ein Apartment im Neuköllner Schillerkiez, zum Schlachtensee, auf das Tempelhofer Feld, der neuen „Berliner Freiheit“, vorbei am Türsteher im Berghain etc.
In Wirklichkeit geht es dabei immer und immer wieder um „JK“. Das Kürzel steht für „JustKick“. Das muss irgend so ein neues pulvriges Amphetamin sein, das in Berliner Läuferkreisen bei Jonas und seiner Running Crew leise die Runde macht und Ermittler Peer Pedes keine Ruhe lässt.
Autor Achilles lässt uns aber auch immer wieder teilhaben an seiner in harten Berliner Trainingsjahren erworbenen Laufkompetenz. Im Buch leuchtet sie zwischendurch mal aphoristisch, mal philosophisch und mal etwas von beidem in einem herrlichen Satz auf – köstliche Kostproben gefällig? Wie wäre es mit:
- Nur Anfänger glotzen ständig auf die Laufuhr (S. 9).
- Nicht der Weg ist das Ziel, sondern das Ziel ist das Ziel (S. 110).
- Laufen ist wie Zen. Und manchmal auch Kot-zen (S. 204).
- Der gerade Weg ist der schnellste, nicht nur beim Laufen (S. 217).
- Das Aushalten der Leere vor dem Start ist eine unterschätzte Teildisziplin des Marathons (S. 339).
- Das Schlimmste an Wettkämpfen ist der Glaube, am Ziel zu sein (S. 377).
Ein vorsichtiges Fazit: Das Buch ist als Kriminalroman tituliert. Wir können das Werk des jungen Autoren-Duos zumindest in Teilen aber auch auf ganz andere Weise lesen … als modernen Jugendstilroman mit der Einflussnahme von Social Media, als fade Familiengeschichte des Peer Pedes, als ukrainische Migrationsgeschichte von Uli und ihrem im Krieg verwundeten Bruder, als behäbigen Behördenroman aus dem Inneren des Berliner Landeskriminalamtes, als frivole Feierstory aus dem Berliner Clubleben, als Yellow-Press-Episode aus einem Berliner Villenviertel, als speziellen Sportroman mit Polizeimeisterschaft und Olympia-Qualifikation für Paris 2024 etc. etc. und nicht zuletzt als „brillanten Bildungsroman“ über ein bedeutendes Segment der Berliner Laufszene … mit dem „alten“ Achim Achilles mittenmang.
Achilles (mit Michael Meisheit): Nur der Tod ist schneller. Laufende Ermittlungen. Kriminalroman. München 2024: Droemer. 400 S.; 15,99 €; ISBN 978-3-426-30964-3
Prof. Dr. Detlef Kuhlmann
… war bis 2023 Leiter des Arbeitsbereichs Sport und Erziehung am Institut für Sportwissenschaft der Leibniz Universität Hannover und hat im Jahre 1990 zusammen mit Horst Milde den Berliner Literatur-Marathon begründet, den er seitdem moderiert. Für German Road Races (GRR) e.V. stellt er gelegentlich neue Laufbücher vor und erinnert an „Klassiker“.