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21
01
2018

8. Berliner Läufertreffen im Schlot ©Horst-Dieter Bellack

Winterschlaf in Berlin – von wegen! – Dr. Erdmute Nieke berichtet Impressionen von Theorie und Praxis – Läufertreffen und Winterwaldlauf

By GRR 0

Falls jemand annehmen sollte, das Berliner Läufer*innen-Leben sei im Januar im Winterschlaf, der hat sich gründlich geirrt.

Dritte Kalenderwoche des Jahres 2018 und schon stehen zwei Termine an.

Mittwoch, 17. Januar 2018 das 8. Läufertreffen in der Kunstfabrik Schlot und der 46. Winterwaldlauf im Spandauer Forst am 21. Januar 2018.

Es ist Sonntag Abend und ich bringe meine Impressionen zu Papier – nein – zu Computer.

Gleich nach Neujahr waren wir mit Freunden zum Jazz im Schlot, sie blätterten im Monatsprogramm und meinten, hier ist was für Dich: Läufertreffen… Klar, da gehe ich mal hin.

Mittwoch, kurz vor 18 Uhr, komme ich an und treffe gleich an der Garderobe den ersten Lauffreund vom LT Bernd Hübner. Klar, wir brauchen einen ganzen Tisch. Der füllt sich, Läufer*innen ohne Laufsachen sehen irgendwie anders aus. Ein Thema beim Essen und Trinken sind klar auch die Krankheiten und Zipperlein von diesem und jener.

Um 19 Uhr begrüßen uns John Kunkeler und Horst Milde. Dann werden zwei Sportfunktionäre ausgezeichnet. Es folgt ein Fachvortrag „Laufstil und Lauftechnik – psychologisch betrachtet". Es referiert Prof. Dr. Alexander Weber (Bad Lippspringe) und seine ehemalige Schülerin, die Psychologin Katja Cordts-Sanzenbacher (Berlin).

Doch irgendwie scheinen die Beiden das Publikum vorher nicht wirklich wahrgenommen zu haben. Es sind die Urgesteine der Berliner Marathonszene gekommen. Auf die Frage, wer arbeiten geht, melden sich höchstens ein Dutzend Leute, dabei ist das Schlot mit bestimmt 150 Leuten gut gefüllt. Die Kellnerinnen haben jedenfalls gut zu laufen. Hier sind die Laufsüchtigen versammelt.

Die Vortragenden meinen jedoch, uns zum Laufen motivieren zu müssen mit netten Geschichten und durchaus bekannten Theorien. Auf die Frage, wer nach einem Trainingsplan läuft, melden sich höchstens noch fünf Leute. Bei diesem Publikum hätte ich mir von Psycholog*innen andere Fragestellungen gewünscht.

Was mache ich, wenn mir der Hausarzt das Laufen verbietet und das aber seit 40 Jahren mein Lebenselixier ist oder wenn der Lauffreund verstorben ist, mit dem ich eigentlich schon immer gelaufen bin oder wie wichtig ist es, eine Patientenverfügung zu haben (das waren Themen an unserem Tisch).

Jedenfalls bin ich meinen Hübis an diesem Abend sehr dankbar, dass sie mich zu einer Laufsüchtigen gemacht haben und ich dafür keine teures Programm bei einem Lauftherapeuten einkaufen musste. So kann ich mein Geld am Abend für zwei schöne alk-freie Hefe und eine leckere Tomatensuppe ausgeben und breche bald nach dem Vortrag auf, denn der Wecker klingelt am nächsten Morgen – ich gehöre ja zu den „noch Arbeitenden" – früh.

Heute, Sonntag, trafen sich gut 100 unerschrockene Läufer*innen bei null Grad und grauem Wetter hinter dem Johannesstift, um pünktlich um 10.30 Uhr beim  — nach Silvester riechenden – Startschuss (Originalton von Max, einem noch ziemlich kurzem Läufer – vielleicht erste oder zweite Klasse) eine, zwei, drei oder vier Runden durch den Spandauer Forst zu laufen.

Tapfere Helfer*innen an der Stecke feuern uns an, sich dabei die Kälte vertreibend. Der Weg führt über eine schöne Naturstrecke mit zauberhaft vermoosten alten Bäumen und einem großen Sumpf. Zum Glück weisen die Helfer*innen allen den Weg, denn an einer Stelle wäre der Weg geradeaus sehr nass. Auf Runde eins und zwei ist es noch recht voll, auf Runde drei wird es schon leerer, ich merke die Weihnachtspfunde, die lassen mich heute nicht wirklich schneller werden.

Auf Runde vier lobt mich der Kampfrichter, dass ich nicht aufgebe. Die Besonderheit des Laufes: Ich kann mich nach jeder 2,5 km Runde entscheiden, ob ich ins Ziel laufe oder weiter renne. Gewertet werde ich auch, wenn ich „abkürze". Aber ich habe den Schweinehund besiegt. Für die Helfer*innen wäre es wahrscheinlich weniger kalt gewesen, wenn mein Schweinehund gewonnen hätte.

Bei km 8,5 vollkommene Stille und Einsamkeit am Sumpf entlang, frische Luft und erste piepende Vögel geben mir das berühmte Glücksgefühl. Dann kommt der Schlussradfahrer von hinten und hat so ganz subtile Tricks, mich doch noch ein wenig zu beschleunigen. Danke!

Und Danke an all die Helfer*innen, die bei dieser fiesen Kälte für uns da waren. Danke an den VfV Spandau 1922 e.V. für Euren Einsatz.

Ach so, fast hätte ich es vergessen: Leider trage ich es immer noch: Das # FREE DENIZ T-Shirt, auch heute wieder. Ein Läufer zeigte den Daumen hoch, als er mich überholte. Hoffentlich muss ich zum nächsten Wettkampf dieses Shirt nicht mehr tragen!

Kurzum: Winterschlaf – ist nicht bei den Berliner Läufer*innen. Möge das neue Laufjahr ein gutes und gesundes werden.

Dr. Erdmute Nieke

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