Der Swiss Alpine Marathon Davos ist beliebt wie eh und je. Für die 21. Austragung rechnen die Organisatoren mit 4600 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Im Hauptrennen zeichnet sich sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen ein Dreikampf an der Spitze ab.
Der Swiss Alpine Marathon Davos – Ein Stück Kultur und zwei mögliche Dreikämpfe – Die Davoserin Jasmin Nunige startet gleich in zweifacher Rolle zum K78: als Lokalmatadorin und nach dem überlegenen Vorjahrestriumph auch als Kronfavoritin.
Der Swiss Alpine Marathon Davos hat Tradition. Seit der ersten Durchführung im Jahre 1986 hat sich jedoch vieles verändert. Einerseits wandelte er sich sukzessive von einer Tagesveranstaltung zu einem Wochen-Happening, anderseits wurde das Streckenangebot stetig erweitert. Inklusive des Mini-Bewerbes vom Freitagabend umfasst der Bergklassiker mittlerweile neun Wettkämpfe. Halbwegs neu ist der C42; er figurierte zwar schon in der jüngsten Vergangenheit im Programm, mutiert bei dieser Austragung indes zu einem Kultur-Marathon.
Auf den 42 Kilometern von Tiefencastel nach Davos befinden sich zahlreiche Sehenswürdigkeiten, so zum Beispiel die Kirche Mistail, das Landwasser-Viadukt, die Zügenschlucht, der Knappenweg beim Schmelzboden, das Walserdorf Monstein, das Kirchner-Haus auf dem Wildboden und das Kirchner-Museum. „Die landschaftlich reizvolle Strecke gefällt den Läuferinnen und Läufern“, weiss OK-Präsident Andrea Tuffli. „Ich kann mir gut vorstellen, dass sich der neue C42 zu einem Geheimtipp unter den Marathonis entwickelt.“ Mit den erwarteten 250 Athletinnen und Athleten fällt das Teilnehmerfeld vorerst aber eher gering aus, und die anderen Bewerbe erfreuen sich mit Ausnahme des Team Single einer zum Teil deutlich grösseren Nachfrage. An der Spitze der Anzahl Gemeldeten steht unangefochten der K78, gefolgt vom K42 und dem K21.
Boschung fordert Fattore heraus
Im Mittelpunkt stehen zweifelsohne die Rennen über die Königsdistanz. Obwohl mit dem Russen Grigory Murzin der Vorjahressieger und mit vier Triumphen (2000, 2002, 2003 und 2005) der Rekordgewinner fehlt, ist bei den Männern ein erlesenes Feld am Start. Die Rolle des Kronfavoriten kommt dabei zweifelsohne Mario Fattore zu; der Italiener fügte Murzin vor 24 Monaten eine schmerzhafte Niederlage bei. Letztes Jahr gab er das Rennen verletzungsbedingt auf und möchte sich diesmal nur allzu gerne wieder in die Siegerliste eintragen lassen. Einen Strich durch die Rechnung machen könnte ihm Moritz Boschung, der sich nach eigenen Aussagen in einer exzellenten Form befindet und den ersten Rang anstrebt. Sollte ihm dieses Vorhaben gelingen, wäre der Senn aus dem Freiburgischen der erste Schweizer Sieger seit Peter Gschwend im Jahre 1998.
Der mögliche Zweikampf an der Spitze des über 1000-köpfigen K78-Feldes könnte sich aber durchaus zu einem Dreikampf entwickeln. Fattores Landsmann Lorenzo Trincheri startet zwar erstmals am anspruchsvollen Bergklassiker, zählt in der Ultraszene indes zu den erfahreneren Läufern. Vielleicht in die Preisgeld-Ränge – der Erste erhält 4000, der Zweite 2000 und der Dritte 1000 Franken – könnte es Markus Kellenberger schaffen. Der im Fürstentum Liechtenstein als Pfarrer tätige Solothurner machte in der Region Davos/Albulatal schon des öftern positiv auf sich aufmerksam. Das selbe trifft auf den Deutschen Thomas Miksch zu, der sich im Vorjahr als Vierter unmittelbar vor dem Gottesmann klassierte.
Wieder keine Revanche
Spannend präsentiert sich die Ausgangslage auch bei den Frauen, wo mit der Davoserin Jasmin Nunige und der Deutschen Maria Bak jene zwei Athletinnen wieder dabei sind, die das Ziel bei den letzten zwei Austragungen als Erste erreichten. Während Nunige vor einem Jahr einen Solotriumph feierte, musste Bak den Sieg zwölf Monate davor mit Monica Casiraghi teilen – obwohl die Italienerin wegen einer Fehlleitung langsamer war. Bak sinnte nach diesem Vorfall selbstverständlich nach Revanche, musste bei der Jubiläumsaustragung jedoch wegen einer Verletzung absagen. Und heuer verzichtet Casiraghi auf Grund eines Formtiefs auf den Start. Gleichwohl ist eine Italienerin mit Chancen auf eine Top-Platzierung dabei. Monica Carlin bestreitet zwar erst seit kurzem regelmässig Ultraprüfungen, deutete in ihrem Heimatland mit drei Erfolgen bei ebenso vielen Starts indes an, dass trotz der Unerfahrenheit auf der Strecke auch am Swiss Alpine Marathon Davos mit ihr zu rechnen ist.
Ablösung auf dem Scalettapass
Neben den Favorisierten figurieren auf der Teilnehmerliste die Namen zahlreicher Prominenter ausserhalb der Laufszene. Zum einen ist dies Joey Kelly von der einst weltbekannten, singenden Kelly Family; er hat sich für den K78 eingeschrieben. Ebenfalls über die Königsdistanz geht der aktuelle Santésuisse-Direktor und künftige Swiss-Olympic-Geschäftsführer Marc-André Giger an den Start. Den Anlass von der anderen Seite lernt Sportarzt Beat Villiger kennen, der den Läuferinnen und Läufern bei den vergangenen Austragungen auf dem Scalettapass stets medienwirksam in die Augen schaute und nun den K42 absolviert.
Seine Funktion auf dem zweithöchsten Punkt der Strecke nimmt der frühere Spitzenlangläufer Andy Grünenfelder ein. Der Chefarzt Anästhesie/Sportmedizin der Klinik Gut in St. Moritz steht bereits im Vorfeld der Veranstaltung im Einsatz: Beim Breitensportanlass in den Bündner Bergen hat die Ende des vergangenen Jahres gegründete Vereinigung Alpine Swissnet in der Vorbereitungswoche ihren ersten Auftritt. Zum einem mit einem Seminar zum Thema Sportmedizin – es ist Fachleuten vorbehalten und findet am Donnerstag statt –, zum andern mit dem Medical Park (Donnerstag und Freitag).
Swiss-Ski-Teams in Favoritenrolle
Während der Swiss Alpine Marathon Davos für zahlreiche Hobbysportlerinnen und -sportler den Saisonhöhepunkt darstellt, bildet er für einige Langläuferinnen und Langläufer von Swiss-Ski eine willkommene Abwechslung zum Trainingsalltag im Sommer. Die 85 Kilometer mit 2660 Höhenmetern – wovon drei Abschnitte laufend und je einer mit dem Bike und den Inline-Skates zurückgelegt werden – teilen sich denn auch heuer wieder drei Teams des Schweizerischen Skiverbandes unter sich auf. Die Frauenequipe tritt dabei sogar in der Rolle der Vorjahressiegerinnen an.
Schöne Erinnerungen helfen bei grosser Herausforderung
Die Davoserin Jasmin Nunige startet gleich in zweifacher Rolle zum K78 : als Lokalmatadorin und nach dem überlegenen Vorjahrestriumph auch als Kronfavoritin.
„Das war einmalig, ein Supererlebnis.“ Jasmin Nunige erinnert sich bestens an den letztjährigen Jubiläumslauf. Dies nicht zuletzt deshalb, weil ihr in den Trainingseinheiten immer wieder die eine oder andere Sequenz in den Sinn kommt. Besonders nachhaltig bleiben in ihrem Gedächtnis der Durchlauf in Bergün vor einer stimmungsvollen Kulisse, das Passieren der auf 2632 Metern Meereshöhe gelegenen Keschhütte und der emotionale Zieleinlauf haften. Auf den 78 Kilometern waren lediglich 14 Männer schneller als Nunige, die nach 6:59:42 Stunden an den Ausgangspunkt zurückkehrte.
Stets mit eigenem Rhythmus
Als viel umjubelte Siegerin würde sie sich heuer gerne wieder feiern lassen. „Natürlich ist ein erneuter Triumph das Ziel. Um ihn zu verwirklichen, muss aber ausnahmslos alles stimmen.“ Neben persönlichen, den Rennverlauf prägenden Faktoren wie beispielsweise Verpflegung, Wettkampfeinteilung und mentale Einstellung denkt die 33-jährige Davoserin auch an die zahlreichen unbeeinflussbaren Komponenten während einer Ultraprüfung. Und selbstverständlich an den Formstand der Konkurrentinnen. „Wenn mir ein gutes Rennen gelingen würde, zwei oder drei Läuferinnen indes stärker wären, so könnte ich meine Leistung gleichwohl als zufriedenstellend einstufen“, erklärt sie. Nunige beabsichtigt denn auch auf der ganzen Strecke den eigenen Rhythmus zu laufen und sich nicht von der Gegnerschaft beeinflussen zu lassen.
„Alles weitere ist Zugabe“
Obwohl das Interesse im Frauenrennen speziell ihr gelten wird, fühlt sich die Lokalmatadorin nicht unter Druck gesetzt. „Mit dem letztjährigen Sieg habe ich mir einen grossen Wunsch erfüllt“, verrät sie, „alles weitere ist jetzt noch Zugabe.“ Dass sich Nunige vor ihrer dritten Teilnahme am K78 (2003 wurde sie bereits Zweite) derart locker gibt, ist nicht zuletzt auf die ausgezeichnete Verfassung zurückzuführen. Im Gegensatz zum Vorjahr, als sie Ende Juni beim Graubünden-Marathon von Chur aufs Parpaner Rothorn triumphierte, sollte die zweifache Mutter diesmal beim Heimrennen in Hochform auflaufen. Wenn das keine verheissungsvollen Aussichten sind …