Als Weigl sich im Herbst mit DLP-Geschäftsführer Frank Kowalski und Frank Lebert, Marketing-Manager von Nike Deutschland, traf, hörte er zunächst viel Lob für die erste Auflage der Meisterschaft vergangenen Oktober.
Schnelles Ende – Münchens Marathon darf nicht mehr deutsche Meisterschaft sein – Thomas Hahn in der Süddeutschen Zeitung
So ganz versteht Gernot Weigl die Welt immer noch nicht.
Er hätte wirklich gerne eine abschließende Erklärung gefunden dafür, dass der München-Marathon, den er veranstaltet, nicht auch für die nächsten zwei Jahre im Rang einer deutschen Meisterschaft steht, wie es mit dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) eigentlich vereinbart war. Aber weiterhin sind für ihn nur die äußeren Umstände klar: Er hatte einen Vertrag mit dem DLV über drei Jahre, an den ein jährlich neu zu verhandelnder Vertrag mit der DLV-Vermarktungsgesellschaft DLP gekoppelt war.
Dieser Vertrag betraf das Engagement des US-Sportartikel-Riesen und DLV-Partners Nike. Als Weigl sich im Herbst mit DLP-Geschäftsführer Frank Kowalski und Frank Lebert, Marketing-Manager von Nike Deutschland, traf, hörte er zunächst viel Lob für die erste Auflage der Meisterschaft vergangenen Oktober, und dann plötzlich die Forderung des Sponsors, für seine Werbeaktivitäten beim Marathon nur noch die Hälfte bezahlen zu müssen.
100 Prozent Leistung zum halben Preis? Das machte Weigl nicht mit.
Als Reaktion auf seine Weigerung hat Weigl Ende Dezember den abschließenden Bescheid vom DLV bekommen, unterzeichnet von Geschäftsführer Georg Kemper: „Da (..) der wirtschaftliche Erfolg einer deutschen Meisterschaft ein wesentliches Kriterium ist für die Vergabe (…), bitten wir um Verständnis, dass wir die Deutsche Marathon-Meisterschaft 2007 nicht in München durchführen werden.” So schnell können verheißungsvolle Geschichten enden. Die Titelkämpfe 2007 werden nun wahrscheinlich im Frühjahr in Mainz stattfinden.
Weigl wirkt nicht sonderlich geknickt. Er sagt: „Wirklich schade.” Und: „Wir akzeptieren das.”
Und: „Der München Marathon wird weiterhin blühen und gedeihen.” Aber der Verlust bringt Probleme mit sich. Weigl muss einen neuen Ausrüster finden, vor allem aber könnte es sein, dass er ehemals interessierte Sponsoren nicht mehr für seinen Lauf begeistern kann, nachdem er ihnen unter dem Diktat von Nike für das vergangene Jahr absagen musste.
Die Amerikaner mögen es nicht, wenn ihre Partner mit Firmen werben, die Konkurrenten auf dem erweiterten Lauf-Markt sind. „Das ist eine peinliche Situation”, findet Weigl.
Die Geschichte stört nicht nur die Münchner, die gesamte Vereinigung Deutscher Straßenrennen, German Road Races (GRR), ist empört. Die GRR-Spitze tobt. Sie mochte die Idee noch nie, die Meisterschaft über einen längeren Zeitraum an eine Stadt zu vergeben und akzeptierte die Entscheidung nur aus Loyalität zu den Münchnern.
Nun zürnt Horst Milde, Renndirektor des Berlin-Marathons und GRR-Sprecher: „Was hier vor und hinter den Kulissen unter Umgehung der maßgeblichen Fachgremien passiert, das verurteilen wir aufs Schärfste. Der DLV beugt sich dem Druck seiner Wirtschaftspartner und verschachert seine Deutschen Meisterschaften.”
Geheimer Vertrag
Vor allem Mildes These vom willfährigen Nike-Adlatus DLV wirkt einleuchtend nach Weigls Erfahrung. Der Vertrag des DLV ist ja ohnehin schon fast legendär: Nach Olympia von Athen 2004 kam er zustande, Präsident Clemens Prokop feierte ihn als Errungenschaft.
Sehr gut dotiert soll dieser Kontrakt sein, aber die Inhalte bleiben im Verborgenen. Es heißt, dass ihn selbst im DLV nur drei Leute kennen, und wenn man mit Frank Lebert darüber spricht, bleibt auch er bei seinen Auskünften sehr vage. Vermutungen gibt es trotzdem; die gehen dahin, dass es Nike vor allem darum ging, Zugriff auf den reichen deutschen Laufmarkt zu bekommen.
Das Engagement in München ergab unter diesem Aspekt Sinn, dass es der Firma nun zu teuer war, wieder weniger. „Da blicken wir nicht durch, was hinter den Kulissen ist”, sagt Weigl. „Das ist alles so unrund.”
Wenigstens ging es immer höflich zu bei dieser früh geschiedenen Partnerschaft. Auch Prokop klang Weigl gegenüber im Oktober so, als gefalle ihm die Meisterschaft in München. Und der letzte Brief des DLV endet mit einer Danksagung.
Aber das ändert nichts daran, dass Gernot Weigl einen kleinen Neuanfang organisieren muss.
Thomas Hahn
SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
Freitag, dem 5. Januar 2007
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