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08
01
2007

Deutlich an der Spitze liegen der Grand-Prix von Bern mit 22'798 Finishern (+18,6 Prozent) und die Genfer Escalade 20'229 (+5,8 Prozent).

Schweizer Lauf-Szene 2006 boomt weiter – 67 Laufveranstaltungen wiesen über 1.000 Teilnehmende aus, auch das ein Rekord in einem Land das keine 8 Millionen Einwohner zählt. Heinz Schild berichtet

By GRR 0

Seit Herbst 2005 haben German Road Races und Swiss Runners, die Vereinigung der grössten und schönsten Running Events der Schweiz, eine Zusammenarbeit.

Im GRR Flyer 2006 und 2007 mit allen Veranstaltungsdaten des gesamten Laufjahres sind auch die Schweizer Kollegen mit ihren Läufen vertreten.

Heinz Schild war nicht nur jahrzehntelang beim Schweizer Rundfunk für die Information Bern zuständig, sondern er begründete den Grand Prix von Bern, den jetzt sein Sohn Michael als Race Director übernommen hat, und den Jungfrau Marathon. Bei unzähligen Laufveranstaltungen der Schweiz war Heinz Schild als Sprecher tätig.

Natürlich ist er selbst noch ein äußerst erfolgreicher Altersklassenläufer.

Zur Schweizer Laufszene nimmt Heinz Schild im folgenden Beitrag Stellung.

Horst Milde

 

Der Lauf-Boom in der Schweiz ist ungebrochen.

 

 

Bei den 90 grössten Veranstaltungen wurden insgesamt 271'000 Finisher gezählt – die Steigerungsrate gegenüber dem Vorjahr beträgt hier 3,6 Prozent. Allerdings scheint, ähnlich wie in Deutschland, auch in der Schweiz der Sättigungsgrad auf der Marathon-Distanz erreicht zu sein.

Hingegen verzeichnen gut organisierte, stimmungsvolle Running-Events nach wie vor erstaunlich hohe Zuwachsraten. So wachsen die vier grössten Strassenläufe weiter:

Der Grand-Prix von Bern (10 Meilen) und die Escalade in Genf liegen klar an der Spitze, gefolgt vom Zürcher Silvesterlauf und dem Schweizer Frauenlauf in Bern mit total über 80'000 Läufer/-innen. Interessant eine andere Zahl:

67 Laufveranstaltungen wiesen über 1.000 Teilnehmende aus, auch das ein Rekord in einem Land das keine 8 Millionen Einwohner zählt.

Die Grössten der Schweiz legten zu

 

Die 10 Grössten der Schweiz legten auf hohem Niveau total um 3,4 Prozent zu. Das gleiche Bild bei den Top-50: Hier beträgt die Zuwachsrate 3,5 Prozent.
Das heisst: Nicht nur Grossveranstaltungen wachsen weiterhin; entscheidend für den Erfolg sind derOrganisationsgrad, das Ambiente, die Schönheit der Strecke – Preis und Leistung müssen stimmen.

 

Die Deutschen

 

Deutlich an der Spitze liegen der Grand-Prix von Bern mit 22'798 Finishern (+18,6 Prozent) und die Genfer Escalade 20'229 (+5,8 Prozent). Aber auch kleinere Veranstaltungen haben zugelegt. So hat zum Beispiel der Klassiker der Schweiz, der Strassenlauf von Murten nach Freiburg/Fribourg, wieder Schub (plus 9 Prozent).

Aus deutscher Sicht interessant: Vor allem in den Grenzgebieten profitieren die Veranstalter vom nahen Ausland. So stammt rund ein Drittel der Teilnehmenden des Genfer Strassenlaufes aus Frankreich. Besonders in der deutschsprachigen Schweiz freut man sich über die stark steigenden Zahlen aus Deutschland.

So stellt das nördliche Nachbarland sowohl am Jungfrau-Marathon als auch am Swiss Alpine-Marathon nicht nur das klar grösste Ausländer-Kontingent, die deutschen Läuferinnen und Läufer strömen sogar weit zahlreicher nach Interlaken und Davos als jene aus der Romandie, der französischsprachigen Schweiz!

 

Schmale Spitze

 

Eigentlich müsste der Laufboom sämtliche Gesundheitspolitiker und Sponsoren ins Schwärmen bringen. Doch (auch) diesseits des Rheins wird von der Politik, den Banken und den Medien nach wie vor auf den Schausport gesetzt.
Die Euro 08 lässt grüssen.

Wie Deutschland weist auch die einwohnermässig zehnmal kleinere Schweiz nur eine sehr schmale Spitze im Langstreckenlauf auf. Wären da nicht der brillante Viktor Röthlin, Vize-Europameister von Göteborg im Marathon, sowie der 10’000-m-Schweizer Rekordler Christian Belz, welche europäische Spitzenklasse verkörpern, es sähe trist aus in der eidgenössischen Laufszene.
Beispiel Nummer 1: Hinter Röthlin (2:11:50) klafft fast eine 14-Minuten-Lücke bis der zweite Schweizer in der Bestenliste auftaucht. Und nur gerade neun Schweizer unterboten die 2:30-h-Marke.

 

Vor 25 Jahren waren es 21…

 

Bei den Frauen ein ähnliches Bild, nachdem die 27-jährige Claudia Oberlin (Bestzeit 2:34:09) verletzt ausgefallen ist, wird die Bestenliste von der Marathon-Newcomerin Maja Neuenschwander mit 2:44 angeführt. Dem Laufboom zum Trotz zeigen sich bedenkliche Lücken. Auf den Plätzen 3 und 4 der Marathon-Bestenliste tauchen mit Elisabeth Krieg und Fabiola Rueda-Oppliger zwei Seniorinnen der Klasse F45 resp. F40 auf…

Neue Perspektiven könnten sich immerhin mit einem viel versprechenden Trio ergeben:
Vera Notz-Umberg, Mirja Jenny-Moser (5000m: 15:59) und vor allem der OL-Weltmeisterin Simone Niggli-Luder, welche bei ihrer Marathon-Premiere an der Jungfrau gleich auf Platz 3 gelaufen ist. Ob und wann diese drei Läuferinnen ernsthaft auf die 42,195-km-Distanz wechseln ist allerdings offen.

 

Interessantes Projekt

 

Für 2007 kündigt sich ein interessantes Gemeinschaftsprojekt an: Vize-Europameister Viktor Röthlin erhält in Christian Belz einen idealen Trainingspartner und die Schweiz vielleicht sogar ein Marathon-Traum-Duo. Belz, der ursprünglich von der Steeple-Strecke kommt, will endgültig von der Bahn auf die Strasse wechseln und hofft hier auf einen Durchbruch.

Wo die Feuertaufe stattfindet ist noch nicht entschieden, vielleicht profitiert der Zürich-Marathon von der neuen Konstellation.

Interessant auch die Entwicklung bei den Marathon-Organisatoren, wo es Parallelen zu Deutschland gibt: Während Läufe auf den Distanzen zwischen 7 km bis Halbmarathon boomen, ist der Trend auf der Marathonstrecke rückläufig. Besonders schmerzlich mussten das Zürich, Lausanne und Genf erfahren, welche zwischen 13 und 23 Prozent der Finisher einbüssten.
Ganz krass der Basel City-Marathon, der bei seiner Zweitauflage beinahe einbrach, dafür aber auf der Halbmarathon-Distanz kräftig zulegte. Nun will sich mit dem im Oktober geplanten Lucerne-Marathon ein zwanzigster (!) Schweizer Veranstalter auf einer landschaftlich reizvollen Strecke im Wettbewerb um möglichst hohe Teilnehmerzahlen beteiligen…

 

Populäre Landschaftsläufe

 

Zwei Veranstaltungen ragen in der Schweizer Marathon-Szene neben dem bereits etablierten Zürich-Marathon heraus: Der Jungfrau-Marathon und der Swiss-Alpine-Marathon. Fast will es scheinen, dass die gegenseitige Konkurrenz, was Qualität und Quantität betrifft, befruchtend wirkt. Beide Gebirgsläufe behaupten sich auf hohem Niveau.

Klar aufsteigende Tendenz hat auch der vergleichsweise noch kleine Zermatt-Marathon, welcher ebenfalls mit einem Prachts-Panorama und 28 Viertausendern brillieren kann. Jungfrau, Zermatt und der LGT-Marathon in Liechtenstein wollen mit einer Dreier-Wertung, dem Mountain-Marathon-Cup enger zusammen arbeiten.

In Interlaken wird es am 8. September zudem im Rahmen des 15. Jungfrau-Marathons zu einem Vergleich mit den weltbesten Bergläufern kommen. Erstmals ist die Langdistanz-Berglauf-Weltmeisterschaft in dieses Rennen integriert.

Ein kleines Organisations-Team reiste im letzten Sommer eigens in die USA, um am berühmten Pikes-Peak-Marathon in Colorado Springs, wo die Berglauf-WM 06 statt fanden Mass zu nehmen. „Organisatorisch konnten wir in den Rocky Mountains zwar nichts hinzu lernen“, lautete der ernüchternde Kommentar.

 

Die Top-10 der Schweiz

 

1. Grand-Prix von Bern 25'234 (22'798)
2. Escalade Genf 23’634 (20’329)
3. Zürcher Silvesterlauf 17’444 (15’197)
4. Frauenlauf in Bern 14'727 (13'295)
5. 20 km de Lausanne 14'553 (12'469)
6. Luzerner Stadtlauf 12'684 (11'633)
7. Greifenseelauf 13'216 (11'074)
8. Sola-Stafette Zürich 9'436 (9'226)
9. Lausannne-Marathon 9'638 (8'660)
10. Murtenlauf 8'434 (7’484)
(in Klammer Finisher)

Marathons (Finisher über 42’195 km)

 

1. Zürich-Marathon 5’054
2. Jungfrau-Marathon 3’891
3. Swiss Alpine-Marathon 2’026*
4. Lausanne-Marathon 1’654
5. Marathon de Genève 1’065
* nur K78, K42 und C42 (alle Kategorien: 4'178)

Marathon-Bestenliste

Männer:
1. Viktor Röthlin 2:11:50
2. Eticha Tesfaye ETH 2:12:40
3. Philip Rist 2:25:31
4. Christoph Seiler 2:27:23
5. Martin Ploner 2:27:51

Frauen:
1. M.Neuenschwander 2:44:24
2. Bernadette Meier 2:47:57
3. Elisabeth Krieg 2:48:24
4. Fabiola Rueda 2:49:29
5. Corinne Zeller 2:49:45

Heinz Schild

https://www.swissrunners.ch/

author: GRR

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