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09
03
2007

Die IAAF verlangt die Überprüfung der Streckenlänge – Wer soll das jemals wieder toppen?

Weltrekord im Halbmarathon in der Wüste. Nur geradeaus und kein Höhenunterschied. John Kunkeler als IAAF/AIMS Streckenvermesser(-kontrolleur) in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

By GRR 0

Am 9. Februar dieses Jahres holte der Kenianer Sammy Wanjiru seinen eigenen in Rotterdam 2005 aufgestellten Weltrekord (59:14 Min) und in der Zwischenzeit vom Äthiopier Haile Gebrselassie verbessert in Phoenix (Arizona) 2006 (58:56 Min) wieder zurück.

Nicht in London oder Berlin, nicht in Tokio oder Paris. Bei keinem Massenstart, sondern in einem kleinen abgelegenen Dorf 60 km außerhalb von Dubai in der Vereinigten Arabischen Emiraten.
Ganz klar eine Angelegenheit des Geldes.

Die Siegprämie von $ 20.000 plus eine weitere Prämie von $ 5.000 vom Kronprinzen Scheich Saud Bin Saqr Al Qasimi persönlich für den gelaufenen Weltrekord belegen dies.

Mit 3 Läufern unter einer Stunde wurde weiter bemerkenswertes geleistet. Sogar der 10. Finisher lief noch eine Endzeit (61:36 Min), womit sonstwo sehr häufig gewonnen wird.
Dass man mit viel Geld auch gute Zeiten erreichen kann, beweist auch London Jahr für Jahr.
Aber auch ein Weltrekord ?

Rekordstreckenführung

Der umsichtige Race-Direktor, ein Engländer namens Nathan Clayton, hatte sich vorher wohlweislich die Strecke ordentlich vermessen lassen. Der ehemalige Weltklasseläufer (Sieger London-Marathon 1982 2:09.24) und jetzige AIMS Generalsekretär Hugh Jones reiste am 25. Januar 2007 an, um den vorgeschlagenen Kurs zu vermessen. Mit einer kleinen, eher nicht direkt gewünschten Wendeschleife, wurde eine wahre Rekordstreckenführung auf glattem Asphalt in die Wüste gesetzt.

Vorbei am Palast des großzügigen Scheichs ging es auf größtenteils neu asphaltierten Wegen ohne Ecken und Kanten scheinbar immer nur geradeaus. Nur insgesamt 11 „geschmeidige“ Kurven sorgten für ein leicht wechselndes Panorama. Der Höhenunterschied betrug nicht sichtbare 3 m.

A-Grade IAAF/AIMS-Measurer

Sammy Wanjiru unterbot in Ras Al Khaimah die von Haile Gebrselassie aufgestellte Bestzeit um 3 Sekunden. Dieser Weltrekord, wie jeder neu aufgestellte Weltrekord, musste überprüft werden. Eine große Aufgabe, die mir als A-Grade IAAF/AIMS-Measurer anvertraut wurde.
Am 4. März reiste ich „stolz wie Oskar“ auf Einladung der Organisation des RAK-Halfmarathons von Berlin nach Dubai.

Auch wenn man die Bilder längst aus dem Fernsehen kennt; man ist trotzdem beeindruckt von der absurden Pracht. Die nicht sichtbare Kehrseite der Medaille: 85 % der dort wohnenden Menschen sind Leiharbeiter aus den armen Ländern, vorwiegend aus Bangla Desh.
Mit dem Geld der Ölprinzen haben diese Menschen in der Wüste eine Skipiste gebaut !

Am 5. März wurde zunächst mit einem 50 m Stahlband eine Vergleichsstrecke über 550 m angelegt. Damit wird das Fahrrad geeicht. Mit dem Rad würde ich es übrigens in Berlin nicht wagen auf der Straße zu gehen, noch weniger zu fahren. Die Bremsen funktionierten nur mit gutem Zureden. Bei einem Literpreis fürs Benzin von 20 Eurocent kein Wunder, dass man so gut wie keine Fahrräder auf der Straße sieht.
Den Jones-Counter hatte ich trotz bohrender Fragen der Zollbehörden unbeschadet ins Land gebracht. Die Anzahl von 11.431,65 Umdrehungen bedeutete einen Kilometer.

Bange Blicke des Race Directors

Vor einem großen Einkaufszentrum ging es los. Dort war ebenfalls die Ziellinie. Eine Schrecksekunde als kurz nach dem neunten Kilometer die Straßen von riesigen Bulldozern auf der Seite der Rennstrecke gesperrt war. Das Fahrrad wurde parallel zur gelaufenen Streckenführung auf die andere Straßenseite versetzt und nach der Baustelle wieder zurück auf die Originalführung. Eigentlich alles kein Problem bei den langen Geraden. Nur eine ungewollte Wendeschleife mag den Lauf etwas beeinträchtigt haben. Renntaktisch gesehen wohl eher weniger. Man hat die Konkurrenz gut im Visier. Ohne Beeinträchtigungen lotste die Polizei mich sicher wieder ins Ziel.

Bange Blicke des Race-Direktors.
Hat es gereicht? War es lang genug?

13,8 m zu lang

Insgesamt gab es 241.337 Umdrehungen. Diese geteilt durch 11.431,65 ergaben 21.111,3 m. Sogar 13,8 m zu lang ! Aufatmen ! Aus Sicht der IAAF wird hiermit der Weltrekord anerkannt werden. Nur bei Windstille und einem ähnlichen Streckenprofil wird dies zu toppen sein.
Oder wieder im nächsten Jahr in Ras Al Khaimah:
Dann aber bei bewölktem Himmel.

Bei der Vermessung am 5. März 2007 habe ich mir einen leichten Sonnenbrand geholt.

John Kunkeler

John Kunkeler ist eine ehrenamtliche „Allzweckwaffe“ im Laufsport, er ist natürlich Marathonläufer, Trainer, Betreuer, Vermesser und Initiator vieler Laufaktivitäten, sportlicher Leiter der RBB-Laufbewegung, auch der wöchentliche Nachtlauf vom Jazzclub Schlot ist seine Initiative.

Die Laufstrecken des BERLIN-MARATHON, des Vattenfall BERLINER HALBMARATHON, die neue IAAF WM-Marathonstrecke von 2009 u.a.m. sind sein „Werk“.

Er gehörte auch zu den Ausbildern des DLV/IAAF Ausbildungseminars für Strecken-Vermesser in Deutschland, die 2005 im Umfeld des BERLIN-MARATHON stattfand.

Wer ihn für eine neue Weltrekordstrecke "buchen" oder in seinem Jazzclub "Schlot" in der Chausseestraße 18, 10115 Berlin (Edisonhöfe) besuchen will:

John Kunkeler <"johnrun"@web.de>

https://www.kunstfabrik-schlot.de/

Schlot

author: GRR

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