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07
08
2007

Die Liste der Sieger mit dem Türken Mehmet Yurdadon, dem Österreicher Gerhard Hartmann und dem Chilenen Omar Aquillar sowie der Holländerin Carla Beurskens wurde bunter

30 Jahre „Pizzalauf“ in Darmstadt – Die Geschichte des Darmstädter Stadtlaufes in 2 Folgen – Teil 2

By GRR 0

Eine Serie starten wollte auch Wolf-Dieter Poschmann mit einem zweiten Sieg in Folge bei der sechsten Auflage des Stadtlaufs, doch er hatte die Rechnung ohne das ASC-Eigengewächs Kurt Oestreich gemacht, der überraschend den schnellen und tempoharten ZDF-Moderator im Spurt bezwang. Während für die Elite Darmstadt zum „Programm“ ist, gab es erstmals mit 200 Startern einen so genannten „Jedermannslauf“ für Hobby- und Freizeitläufer.

Die Liste der Sieger mit dem Türken Mehmet Yurdadon, dem Österreicher Gerhard Hartmann und dem Chilenen Omar Aquillar sowie der Holländerin Carla Beurskens wurde bunter. Erstmals gab es 1985 die „Stadtlauf-Zeitung“ als Beilage des Darmstädter Echo mit einem Umfang von 56 Seiten, mit einer Auflage von 160 000 Exemplaren. Und Hauptsponsor Darmstädter Echo machte seine Titelseite am Folgetag mit einem Foto vom Stadtlaufsieger Gerhard Hartmann auf.

Ein weiterer Meilenstein in der erfolgreichen Geschichte der Veranstaltung, die mehr als nur ein sportliches
Ereignis in der südhessischen Metropole wurde.

Unter schwülheißen Bedingungen ging der starke Äthiopier Berhanu Girma unter, dagegen „freute“ sich der chilenische 10 000 m-Südamerikameister Omar Aguilar über den unverhofften Spesenzuschuss auf seiner Europatournee. Bei den Frauen scheiterte die hohe Favoritin Carla Beurskens an zwei Deutschen: Kerstin Pressler gewann im Spurt vor Monika Schäfer.

Ab 1987 begann dann bereits der Siegeszug der Afrikaner. Den Anfang machte Kipkemboi Kimeli, ein bei Lauf-Entwicklungshelfer Walter Abmayr in Heidelberg stationierter junger Bursche, und das noch dazu in Streckenbestzeit. Erstmals wurde ein Computer für die Teilnehmererfassung und die Auswertung eingesetzt (der praktisch heute noch seine Dienste im Wettkampfbüro tut!). 600 Meldungen, darunter viele am Laufabend, brachten die Organisation ins Trudeln und die Veranstaltung konnte erst eine halbe Stunde später gestartet werden.

Ein Jahr später durfte Kipkemboi Kimeli sich erneut als Sieger feiern lassen – und wenige Monate später sogar als 10.000 m-Olympiadritter in Seoul. Bei den Frauen setzt sich in einem deutschen Duell die Göttinger Antje Winkelmann durch. Mit 847 Anmeldungen wurden erstmals Kapazitätsgrenzen für die Organisation an der Piazza deutlich, dem beengten, aber atmosphärischen Platz im Schatten der Stadtkirche.

1989 wurde letztmals ein „weiße“ Sieger beim Darmstädter Stadtlauf gefeiert: Der Südafrikaner Terry Thornten, der wegen der Apartheitpolitik seines Landes mit einem britischen Pass die internationalen Meetings besuchte, gewann das Männerrennen. Die Polin Irena Czuta holte sich nach dem Crosserfolg auf der Lichtwiese auch einen Sieg auf der Straße, und dies vor der Marathon-Weltklasseläuferin Carla Beurskens. Nicht minder begeisternd wurden „Fats and his Cats“ von der großen Zuschauerkulisse aufgenommen, Beleg für die großartige und wegweisende Konzeption der Darmstädter Macher.

Die Neunziger begannen mit einschneidenden Veränderungen
. Dem großen Interesse entsprechend musste am Ludwigsplatz gestartet werden, das Ziel direkt an das Wahrzeichen der Darmstädter, dem „Langen Ludwig“, verlegt. Der Darmstädter Stadtlauf war endlich im Herzen der Stadt gelandet. Und Sportlich? Ein kurzfristig nachgemeldetes Kenia-Duo mit Esther Kiplagat und Kipsubai Koskei durfte sich über die ersten Prämien freuen. Begeisterung bei der deutschen Rollschnelllauf-Elite. Sie durften erstmals vor großer Kulisse um den Sieg sprinten – und mussten dabei aber auch alle Schikanen der Läufer mit Pflaster und der legendären Treppe an der Piazza meistern. Anne Titze und Harald Hertrich waren dabei die prominenten Sieger.

Fast wäre 1991 die große Dominanz der Afrikaner gebrochen worden, als das einstige DDR-Ass Werner Schildhauer gegen den Kenianer Wilson Omwoyo regelrecht um den Sieg fighteten. Mit 1989 Anmeldungen wurde die 2000 Teilnehmer-Marke noch einmal knapp verpasst. Inzwischen kostete das Vorzeigeprojekt der (kurzen) deutschen Straßenlaufszene bereits 100 000 Mark. Beleg für die Spendierfreudigkeit der heimischen Industrie, aber auch für die Begeisterung für ein Event moderner Prägung.

Auch wenn der Kenianer Charles Omwoyo 1992 das Duell gegen den Tansanier Boay Akonay knapp gewann, die Aufmerksamkeit galt einer 19jährigen Läuferin: Tegla Loroupe verdiente sich in Darmstadt ihre ersten Sporen und sollte in ihrer späteren Karriere sogar Marathon-Weltrekord laufen. In die Analen des Stadtlaufs konnte aber auch Monika Schäfer eingehen, denn für die Oberhessin reichte es zum fünften Male „nur“ zu Rang zwei.

1993 wurde die 2000 Teilnehmer-Marke mit 2 231 Läufern geknackt.
Als Folge des Ansturms gab es gleich zwei Ausgabetermine für die Startunterlagen. Tegla Loroupe wiederholte ihren Vorjahreserfolg mit frappierender Leichtigkeit vor der noch für Rumänien startenden Luminita Zaituc.
Aus der attraktiven Baumwolltasche mit einigen Sponsoren-Give aways wurde 1995 eine aus Papier. Aus ähnlicher Materialgrundlage war aber auch die Prämie, die ein junger Läufer aus Simbabwe mit Zweitwohnsitz in Erbach im Odenwald einsammelte. Tendai Chimusasa ließ sich mit seinem fröhlichen Lachen als Stadtlaufsieger ebenso feiern wie letztlich mit starken Leistungen an vielen Orten Europas. Bei den Frauen hatte die ukrainische Europapokalsiegerin Tamara Koba die Nase vor Simona Staicu vorne.

Trotz Sturz erstaunte die Leistung des jungen Thomas Greger mit Rang vier. Mit 2 478 Anmeldungen registrierte der Stadtlauf-Computer einen fantastischen Teilnehmerrekord mit einem Frauenanteil von über 30 Prozent (!) – zudem eine Stimmung wie „nie zuvor“. Nicht zuletzt dank „Ska“, einer heimischen Band mit Jamaika-Rhythmen.

Umbauarbeiten auf dem Luisenplatz machten 1996 die Organisatoren mit einer Wendeschleife in der südlichen Elisabethenstraße erfinderisch. Der Sieger hieß dennoch Tendai Chimusasa, während es bei den Frauen einen deutschen Doppelsieg durch Luminita Zaituc und Claudia Dreher gab.
Lauf-„Schach“ wurde 1997 gespielt. Der von Taktik geprägte Lauf zwischen den beiden nicht verwandten kenianischen Namensvettern Gabriel und Anthony Kiprono und Tendai Chimusasa endete mit einem tollen Finish. Bei den Frauen lief Leah Malot aus Kenia mit Sommer-Basislager Heidelberg souverän zum Streckenrekord (15:04).

Stadtlauf heißt schlichtweg Sonnenschein, selbst im regenreichen Sommer von 1998! Und dazu lief Sunnyboy Tendai Chimusasa erneut auf das Podest. Bei den Frauen sprintete Irina Mikitenko vergebens gegen die Straßenlauf-Queen Leah Malot um den Titel. Sonnenschein auch bei den Stadtlauf-Machern: Teilnehmerrekord mit 2 482 Läufern, darunter auch 600 Schüler, die die Erweiterung des Programms auf drei Nachwuchskategorien erforderlich machten.

Standard sind längst auch die 10.000 Zuschauer, die 1999 Lokalmatadorin Petra Wassiluk zujubelten, auch wenn sie der Rumänin Simona Staicu nach einem packenden Rennen knapp unterlag. Bei den Männern stellte sich mit Laban Chege mit Streckenrekord (20:40) und Spurtvermögen vor.
Am Stadtlauftag lachte auch im neuen Jahrtausend die Sonne am Stadtlauftag und ein 21jähriger namens Thomas Omwenga überrumpelte bei seinem Sprint durch die Innenstadt die etablierten Sieganwärter Tendai Chimusasa und Laban Chege. Mit Lornah Kiplagat, der weltbesten Halbmarathonläuferin des Jahres, gelang den Organisatoren ein Coup und eine Sieggarantie, das Verfolgerduell gewann Simona Staicu gegen Petra Wassiluk.

Laban Chege holte nach 1994 und 1999 im Jahr 2001 den dritten Sieg, Publikumsliebling Tendai Chimusasa wurde nur Dritter. Trotz Klasseleistung reichte s für den 10 000 m-Meister Thomas Greger nur zu Rang vier. So sehr sich auch Petra Wassiluk an der Spitze mühte, am Ende hatten Restituta Joseph, Simona Staicu und auch ihre deutsche Konkurrentin Kathrin Weßel das bessere Ende.
Zum Auftakt des Darmstädter „Festival des Sports“ durfte Laban Chege 2003 den vierten Stadtlaufsieg holen, bei den Frauen schnappte bei wiederum bester Stimmung die zierliche 18 Jahre alte Catherine Chikwakwa aus Malawi dem ungarischen Stammgast Aniko Kalovics den Sieg vor der Nase weg.

2004 verlor der Stadtlauf gegen den parallel im Fernsehen laufenden, trostlosen EM-Kick der deutschen Nationalmannschaft an Teilnehmer und Stimmung.
Sieger gab es trotzdem: Stadtlauf-König Laban Chege musste sich, den fünften Sieg vor Augen, der Sprintfähigkeit seiner Landsleute Sammy Kipruto und Stanley Salil beugen, während Catherine Chikwakwa erneut vorne lag.

Zumindest bei den Frauen wurde die afrikanische Siegesserie 2005 durch die Polin Grazyna Syrek gebrochen. Bei den Männern hingegen das gewohnte Bild: Sammy Kipruto erwies sich im heißen Finale als Sprintschnellster, der Ukrainer Witaly Schafr überraschte als Dritter. Erstmals endete das Stadtlaufspektakel im Carree, einem Innenhof unweit des Luisenplatzes mit viel Stadionatmosphäre – ein weiterer Volltreffer für die Organisatoren um Wilfried Raatz.

Nach so manchem vergeblichen Anlauf durfe Abraham Tandoi endlich 2006 auf dem obersten Siegertreppchen stehen, während bei den Frauen Landsfrau Eunice Jepkorir der stark laufenden Ungarin Aniko Kálovics den Sieg gerade noch wegschnappte. Die trotz der auf drei Läufe ausgedehnten Schüler-Wettbewerbe waren einmal mehr ausgebucht und unterstrichen den nach wie vor hohen Stellenwert des Stadtlaufes. Wie übrigens eigentlich die gesamte Veranstaltung, die sich in einer völlig der Fußball-WM untergeordneten Zeit einen beachtlichen Raum behauptete.

Nach Grazyna Syrek durchbrach beim 30. Geburtstag nun auch Aniko Kálovics die afrikanische Siegesserie, während bei den Männern das After-Run-Gezänk um den nach Bahrain gewechselten gebürtigen Kenianer Mushir Salem Jawher für Dramatik sorgte, so dass erstmals ein Sieger der Ehrung durch Darmstadts OB fernblieb. Bei einer am Vorabend an der Piazza erstmals durchgeführten Pasta-Party durften viele Stammläufer ihre zumindest 15 Starts auf originelle Art belegen, mit nämlich einem Stapel Stadtlauf-Shirts. Ein Stadtlauf-Oldie ließ es sich dann auch nicht nehmen, mit einem Renndress aus früheren Startnummern zu starten.

Zum Jubiläum zog sogar Stadtlaufchef Wilfried Raatz erstmals (!) die Laufschuhe an, um zusammen mit Charlotte Teske und dem früheren EAA-Generalsekretär und heutigen ASC-Vorsitzenden Till Lufft die eigens zum 30. Geburtstag kreierte „da Franco-Pizzastaffel“ mitzulaufen. Als Staffelstab diente origineller Weise eine Pizza-Attrappe…

https://www.asc-darmstadt.de/
Darmstädter Stadtlauf

30 Jahre „Pizzalauf“ in Darmstadt – Die Geschichte des Darmstädter Stadtlaufes in 2 Folgen – Teil 1
Pizzalauf – Teil 1

author: GRR

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