Irina Mikitenko startet in Mannheim durch in Richtung Marathon-Debüt – Alexander Lubinas Lauffreude zwingt Carsten Eich in die Knie – Über 700 Starter und 10.000 Zuschauer am Mannheimer Wasserturm
Der Tag der Marathonläufer – 10 km DM in Mannheim
Mannheims Schokoladenseite, der „Wasserturm“, der stattliche Jugendstilbau inmitten einer herrlichen Grünanlage mit Wasserfontänen und Wasserkaskaden und den umgebenden rundgebauten Arkaden, hätte kaum festlicher geschmückt sein als es an diesem herrlichen Spätsommer-Samstagnachmittag war.
Auch wenn Baden-Württembergs Landesvater Guenther H. Oettinger wegen der Amtseinführung des früheren Sport- und Kulturdezernenten Dr. Peter Kurz ins Oberbürgermeisteramt im nur einen Steinwurf entfernten Congresszentrum Rosengarten weilte, die Straßen rund um den Friedrichsplatz und die Prachtallee Augustaanlage gehörten den besten deutschen Straßenläufern, oder anders herum gesagt, denjenigen, die sich um die Titel eines 10 km-Meisters bewarben.
Und es waren viele, mehr als doppelt so viele als es im Vorjahr in Regensburg waren. 775 Meldungen aus 230 Vereinen standen in den Meldelisten, bewarben sich um die insgesamt 31 Titel der Aktiven, Junioren und Senioren. Und es sollte der Tag der Wattenscheider werden, denn drei von vier der wichtigsten Goldmedaillen gingen an die Blau-Weißen aus dem Bochumer Stadtteil.
Allen voran Alexander Lubina und Irina Mikitenko, komplettiert durch das Frauenteam des TVW, für das nach langer Verletzungspause Birte Bultmann und die 1500 m-Spezialistin Kerstin Werner punkteten.
Angetan waren alle von dem 2,5 km-Rundkurs, der augenscheinlich schnell und attraktiv zugleich war. Und eingebettet in das kulinarisch-musikalische Arkadenfest, so dass gleich 10.000 Zuschauer Augen- und Ohrenzeuge waren, wie es um den Zustand der deutschen Läuferzunft bestellt ist. Auch wenn Spitzenleistungen letztlich in Mannheim rar waren, es sollte vielmehr für einige unter ihnen um die Generalprobe für eines der zahlreichen Marathonangebote im Herbst werden.
Allen voran natürlich die beiden 10 km-Meister Irina Mikitenko und Alexander Lubina. Während Lubina nach dem missratenen Debüt bei den Titelkämpfen im Rahmen des Gutenberg-Marathons wieder neue Hoffnungen schöpft, weiß Irina Mikitenko noch nicht, was sie in zwei Wochen auf den Straßen Berlins erwartet. Doch sie gibt sich zuversichtlich. Schließlich weiß sie, dass die Trainingsresultate in der hessischen Heimat Hassenroth oder im Höhentrainingslager in St. Moritz das eine, das Rennen durch die Bundeshauptstadt das andere sind. „Die 10 km habe ich genossen, ich hoffe, dass es in Berlin auch so sein wird!“
Die Wattenscheiderin wollte dabei nicht so schnell laufen, als sie es letztlich mit 32:34 Minuten tat. „Die Zuschauer haben mich so angespornt, dass ich doch noch einmal zugelegt habe. Ich kann mit einem guten Gefühl in Berlin starten!“
Susanne Hahn jedenfalls weiß, wie sich ein Marathon anfühlt. Vor allem, wenn es sich dabei um einen unter wenig leistungsansprechenden Bedingungen wie in Osaka handelt und dieser gerade einmal zwei Wochen zurück liegt. „Mir fehlte natürlich noch die Spritzigkeit, auch wenn ich in Osaka am Ende mehr gejoggt bin“. Die Saarbrückerin war allerdings nicht unzufrieden mit ihrem Auftritt, schließlich war sie es, die mit einer starken zweiten Hälfte die lange Zeit klar auf dem zweiten Rang laufenden Simret Restle noch etwas in Bedrängnis bringen konnte.
Im weiteren Verfolgerfeld tauchte nach längerer Verletzungspause wieder Birte Bultmann auf. „Das war doch heute wieder ein guter Anfang. Nach der langen Pause kann ich diesen Schwung für die Cross-Saison mitnehmen und freue mich schon heute darauf. Dahinter liefen schon die beiden 21jährigen Katharina Becker und Kristina Bokern mit 34:51 bzw. 35:14 ins Ziel. Und noch ein Jungtalent stellte sich in Mannheim wieder dem Starter: German Road-Races-Preisträgerin Julia Viellehner durfte nach 35:36 Minuten und Rang neun schon wieder hoffnungsfroher in die Runde blicken. „Beim Darmstadt-Cross im November möchte ich fit sein. Dann hoffe ich wenigstens auf eine gute Wintersaison, wenn es schon mit dem Sommer nichts wurde!“
Auch Katharina Heinig, die Tochter von Marathonass Katrin Dörre-Heinig, ist erfolgreich nach langwieriger Verletzungsphase ins Laufgeschehen zurückgekehrt: Als Fünfte der Juniorinnenklasse und Vierzehnte im Gesamteinlauf wurden für die 18jährige 36:16 notiert. Erfreuliche Ansätze also bei einigen jungen Läuferinnen.
„Es hat wirklich Spaß gemacht“, gestand Alexander Lubina. Klar, wenn man am Ende der lachende Dritte in einem Führungstrio ist. Denn der Wattenscheider sicherte sich dank eines engagierten letzten Kilometer den Titel vor dem somit entthronten Carsten Eich, der gerne zum Abschluss seiner langen und unbestritten erfolgreichen Karriere doch noch einen Titel eingefahren hätte. „Ich habe einen Moment nicht aufgepasst“, so der „Vorruheständler“, wie er sich selbst bezeichnete, über die entscheidende Attacke seines um neun Jahre jüngeren Konkurrenten. Für Alexander Lubina soll es in Berlin allerdings schon in Richtung 2:15 gehen.
Eine Hintertür mit einem Zurück auf die Bahn lässt der deutsche Crossmeister von 2004 allerdings noch offen, schließlich sei Marathonlaufen schon eine ordentliche „Quälerei“.
Dass auch 10 km eine harte Angelegenheit sein können, das musste Embaye Hedrit erfahren, der wie auch beim Halbmarathon auf dem Bronzeplatz einkam. „Ich verstehe das nicht. Ich wollte eigentlich gewinnen, und dann heute so ein schlechtes Rennen!“ Auf Rang vier taucht mit Falk Cierpinski der Sohn des zweifachen Olympiasiegers Waldemar Cierpinski vor Carlo Schuff und einem sich überschwänglich freuenden Florian Neuschwander auf.
Bei den startfleißigen Mastersläufern gefiel vor allem Eduard Scherer als Tagesbester sowie (hinter Irina Mikitenko als W 35-Erste) die W 45-Siegerin Katharina Kaufmann.
Wilfried Raatz