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18
09
2007

Es ging knapp zu, nur neun Zentimeter hinter Obergföll landete Steffi Nerius auf Platz drei, sie war auch schon in Osaka Dritte geworden

Wieder gut gemacht – Christina Obergföll entschädigt sich für die WM – Golden League – Geteiltes Gold – Klatschen vom Band – Friedhard Teuffel im Tagesspiegel

By GRR 0

Berlin – Revanche? Ausgleich? Wiedergutmachung? Nach etwas davon muss sich dieses Wochenende angefühlt haben für Christina Obergföll. Am Samstag den DKB-Cup gewonnen mit 25 000 Euro Preisgeld und am Sonntag dann das Istaf gegen harte Konkurrenz. Vor allem hat sie dabei Barbora Spotakova aus der Tschechischen Republik hinter sich gelassen, gegen die sie in Osaka den Wettbewerb um die beste Speerwerferin der Welt verloren hatte.
„Eine Revanche gibt es nicht mehr, sie ist die Weltmeisterin und hat beim Saisonhöhepunkt gewonnen“, sagte Obergföll. Dennoch bedeuteten ihr die Erfolge an diesem Wochenende eine Menge: „Es ist eine kleine Entschädigung, mit den beiden Siegen habe ich Osaka ganz weggesteckt, davor saß es doch noch tief.“

Das zeigt, dass vielleicht niemand den WM-Titel so sehr von Christina Obergföll erwartet hatte wie sie selbst. Der Titel schien ihr in die Arme zu laufen, so gut war Obergföll in dieser Saison in Form und hatte beim Europacup in München sogar ihren eigenen Europarekord auf 70,20 Meter verbessert. Doch dann zeigte die 26 Jahre alte Offenburgerin Nerven, erreichte in Osaka nur knapp das Finale und erkämpfte sich dort noch die Silbermedaille. „Inzwischen denke ich, dass ich Silber gewonnen habe und nicht Gold verloren.“
Beim Istaf zeigte Obergföll diesmal gute Nerven und konnte am Ende zulegen, sie übertraf Spotakova um sieben Zentimeter. 64,58 Meter reichten ihr zum Sieg.

Es ging knapp zu, nur neun Zentimeter hinter Obergföll landete Steffi Nerius auf Platz drei, sie war auch schon in Osaka Dritte geworden. „Ich hatte ab dem zweiten Wurf Probleme mit meiner Patellasehne, da ging dann nichts mehr“, sagte die Leverkusenerin. Zufrieden war sie trotzdem. „Der Stadionsprecher hat die Aufmerksamkeit so auf uns Speerwerferinnen gelenkt, dass man sich gut aufgehoben gefühlt hat“, sagte Nerius und wusste, dass es ihnen damit besser ging als allen anderen Wurfdisziplinen. Die Veranstalter des Istaf hatten schließlich nur das Speerwerfen ins Programm aufgenommen. Istaf-Geschäftsführer Gerhard Jantezky hatte darüber hinaus in einem Tagesspiegel-Interview Zweifel daran geäußert, ob Diskuswerfen und Speerwerfen überhaupt noch zeitgemäß seien.
„Diese Formulierung fand ich schon sehr unglücklich“, sagte Nerius, „aber jetzt treffen sich ja die Vertreter der Golden League, um das Programm für das nächste Jahr zu besprechen. Da kann Herr Janetzky wieder etwas für die Werfer gutmachen.“ Friedhard Teuffel

Golden League – Geteiltes Gold -Jelena Isinbajewa und Sanya Richards erhalten je 500.000 Dollar aus dem Jackpot.

Berlin – Zwei Damen haben bei der Schatzsuche der internationalen Leichtathletik bis zum Ende durchgehalten und gemeinsam eine Million Dollar gefunden. Die russische Stabhochspringerin Jelena Isinbajewa und die amerikanische 400-Meter-Läuferin Sanya Richards gewannen alle sechs Wettbewerbe der Golden League und stiegen am Sonntagnachmittag beim Istaf im Olympiastadion aufs Podium, als sich die Schatztruhe mit einem lauten Knarzen öffnete und den Blick auf die Goldbarren freigab. Jetzt teilen sich die beiden eine Million Dollar. Es war allerdings das letzte Mal, dass das Gold in Berlin vergeben wurde. Am 1. Juni 2008 wird das Istaf nicht mehr die Finalstation der Golden League bilden, sondern den Anfang machen.

Ein wenig müde wirkten viele Athleten, viele von ihnen waren erst am Samstag vom Golden-League-Meeting aus Brüssel eingeflogen, und mit ihren Zeiten und Weiten konnten sie sich selbst nicht mehr übertreffen. Isinbajewa und Richards nahmen jedoch noch einmal ihre ganzen Kräfte zusammen. Der Russin reichten 4,82 Meter zum Sieg im Stabhochsprung. Als ihr Sieg feststand und damit auch ihr Anteil am Jackpot ließ die Olympiasiegerin und zweifache Weltmeisterin traditionell Weltrekordhöhe auflegen, 5,02 Meter. Doch für eine neue Bestleistung passte einfach nicht alles zusammen. „Ich habe mich auf den Weltrekord konzentriert, aber vielleicht klappt es nächste Woche in Stuttgart“, sagte Isinbajewa. Am Wochenende findet dort das Weltfinale der Leichtathletik statt.

Isinbajewa ist nun um eine halbe Million Dollar reicher. „Ich habe schon genug Geld für das ganze Leben“, sagte sie. Mit der Hälfte ihres Gewinns möchte sie deshalb Kindern helfen, am liebsten in ihrer Heimatstadt Wolgograd. Mindestens genauso ihr Gold wert wie Isinbajewa war Sanya Richards, denn in ihrem 400-Meter-Rennen lief sie sogar der Weltmeisterin Christine Ohuruogu und der WM- Zweiten Nicola Sanders, beide kommen aus Großbritannien, davon und stellte mit 49,27 Sekunden eine neue Weltjahresbestleistung auf. „Ich werde das Geld in diesem Jahr richtig anlegen und etwas für meine Rente tun“, sagte Richards, die schon im vergangenen Jahr einen Teil des Jackpots gewonnen hatte, damals war es eine Viertelmillion.

Für die WM in Osaka hatte sie sich über 400 Meter nicht im Einzel qualifizieren können, hatte aber den Titel mit der Staffel gewonnen. „Ich war hier vorher sehr nervös, aber es hat geklappt, und es war ein tolles Publikum hier“, sagte sie.

Aus diesem Istaf ragte auch der Finne Tero Pitkämäki heraus, der den Speer 88,58 Meter weit warf und mit vier Meter Vorsprung gewann. Am Weltrekord versuchen wollte sich die Kroatin Blanka Vlasic im Hochsprung. Das hätte 2,10 Meter bedeutet. Die Weltmeisterin scheiterte an 2,06 Meter, gewann aber ihren Wettbewerb. „Das Wichtigste heute war der Sieg, nicht der Weltrekord“, sagte sie und hatte überhaupt einen ausgezeichneten Eindruck vom Istaf: „Ich wusste schon vorher, dass heute alles stimmt: das tolle Stadion, die Zuschauer, das Wetter und die farbenfrohe Laufbahn.“

Danny Ecker hatte zunächst kein gutes Gefühl. Nach seiner Bronzemedaille bei der WM in Osaka musste er erst mal wieder in Wettkampfstimmung kommen, Spannung und Konzentration aufbauen. Aber er hatte einen guten Helfer: das Olympiastadion. „Das ist mein Lieblingsstadion mit der tollen blauen Bahn – da bekommt man schnell ein gutes Wettkampfgefühl“, sagte Ecker, nachdem er die Stabhochsprungkonkurrenz für sich entschieden hatte. Mit seinem vierten Sprung machte er alles klar. Im ersten Anlauf übersprang er 5,86 Meter, nachdem er zuvor bei 5,81 Metern einen Fehlversuch hatte und diese Höhe dann ausließ. Zu seinem schärfsten Konkurrenten entwickelte sich Björn Otto, der es nach 5,81 Meter gleich mit einer Höhe von 5,91 Metern aufnahm, allerdings dreimal scheiterte.

Enttäuschend war dagegen der Auftritt von Tim Lobinger, der bereits bei 5,71 Meter scheiterte. Weltmeister Brad Walker überwand die 5,81 Metern ebenfalls, musste danach allerdings verletzungsbedingt aufgeben. Nach Osaka war der Sieg ein weiterer Höhepunkt für Ecker nach mäßigen Jahren zuvor. „Das entschädigt für die Hungerstrecke davor, denn nach den 6 Metern 2001 lief es nicht mehr richtig“. Jetzt hat er wieder Spaß am Springen und jede Menge Motivation. „Ich bin bereit für nächstes Jahr und kann noch etwas zulegen“, sagt Ecker, „ein Olympiasieg ist auf jeden Fall möglich.“

Klatschen vom Band – Die Leichtathletik ist nicht mehr die größte sportliche Nummer, da muss sie schon um jeden Zuschauer kämpfen. Das Istaf wollte den Abschwung aufhalten.

Berlin – Eine Bank als Titelsponsor hatte die Karten für den ganzen Oberring aufgekauft, etwa 30 000 Tickets, und selbst unter die Leute gebracht. Schon vor einigen Tagen meldeten die Veranstalter daher ein ausverkauftes Berliner Olympiastadion mit 70 000 Zuschauern. Es kamen – nicht einmal 60 000, aber immer noch mehr als bei allen anderen Leichtathletik-Meetings.

Das Zahlenspiel von 70 000 Gästen zum 70. Geburtstag des Istaf ist dennoch nicht aufgegangen. Woran das lag? Die Bank hatte die Karten bundesweit vertrieben, vor allem in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Fast 800 Busse sollten die Zuschauer nach Berlin bringen, der Reisepreis lag bei 17 Euro pro Person. Gut möglich, dass sich viele gedacht haben, für 17 Euro so schnell nicht mehr nach Berlin zu kommen und diesen sonnigen Herbsttag lieber in der Stadt als im Stadion verbrachten.
Ein Teil des Publikums schien sich bisher auch nicht unbedingt für die Leichtathletik begeistert zu haben, das Klatschen vom Band war im Olympiastadion manchmal lauter als das der Zuschauer. Dafür herrschte beim Start der Laufwettbewerbe ein lautes Gemurmel anstatt der bei der Leichtathletik üblichen konzentrierten Stille.

Eine misslungene Probe für die WM 2009, bei der das Stadion neun Tage lang gefüllt werden will? Das sah Stefan Thies anders, er ist Sprecher des WM-Organisationskomitees: „Es sind wahrscheinlich noch nie so viele Leute von außerhalb zum Istaf gekommen und noch nie so viele Jugendliche. Das kann das Publikum für 2009 werden.“ Zum 70. Geburtstag des Istaf kam noch ganz besonderer Besuch. Elfriede Rahn-Kaun etwa, die älteste lebende Teilnehmerin des Istaf mit 93 Jahren, die bei Olympia 1936 Bronze im Hochsprung gewonnen hatte. Oder Erika Borchadt, die unter ihrem Mädchennamen Biess beim Istaf 1939 den 75-Meter-Lauf gewonnen hatte.
Die beiden wurden in einem Oldtimer durch das Stadion gefahren. Hinter ihnen folgten in Cabriolets andere Größen der Leichtathletik wie die Olympiasieger Heidemarie Ecker-Rosendahl, Rosemarie Ackermann, Edwin Moses und Sergej Bubka.
Bessere Gäste als sie hätte sich das Istaf eigentlich nicht aussuchen können.

Friedhard Teuffel
Der Tagesspiegel
Montag, dem 17. September 2007

author: GRR

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