Den Anstoß, einen Marathon im südöstlichen Schwarzwald zu veranstalten, gaben 1967 eidgenössische Langstreckenläufer. Roland Mall hatte als Vorsitzender der Sportvereinigung Donaueschingen zunächst einen 100 Kilometer-Lauf im Sinn
Der Schwarzwald-Marathon (am 13./14. Oktober) – eine Erfolgsgeschichte seit 1968 – Von Stefan Limberger-Andris – Teil 1
Der Schwarzwald-Marathon – im 40. Veranstaltungsjahr 2007 als weltältester Natur- und Frauenmarathon eine Legende. Und dies nicht nur in Europa. Trotz einiger Tiefen, zumeist extern verursacht, teils aber auch hausgemacht, hat der Lauf nie an Faszination und letztlich auch nicht an Attraktivität verloren.
Den Anstoß, einen Marathon im südöstlichen Schwarzwald zu veranstalten, gaben 1967 eidgenössische Langstreckenläufer. Roland Mall hatte als Vorsitzender der Sportvereinigung Donaueschingen zunächst einen 100 Kilometer-Lauf im Sinn. Die Idee war ihm nach dem 1. Waffenlauf der französischen Streitkräfte (FFA) gekommen, der von General Duchatel organisiert worden war. Beim Gespräch mit Heinz Koch, Präsident der Züricher Patrouilleure und Teilnehmer am Waffenlauf, festigte sich diese Idee zum Wunsch. Letztlich scheiterte die Verwirklichung des 100 Kilometer-Laufs an den ungenügenden Wegverhältnissen.
Doch aus dieser nicht-verwirklichbaren Idee entwickelte sich etwas Besonderes: Mall setzte auf die Marathon-Distanz. Das Einzigartige damals: Es sollten erstmals nicht nur Spezialisten der Läuferszene angesprochen werden. Für alle, die sich fit fühlten, sollte der Marathon-Disziplin der „Schrecken“ genommen werden.
Die Organisatoren des Schwarzwald-Marathons präsentierten sich als Vorreiter einer Idee, die in den 60er Jahren längst überfällig war. Mut, Durchsetzungs- und Überzeugungsfähigkeit, Organisationstalent und das Gespür, die richtigen Wege zur rechten Zeit einzuschlagen, zeichneten sie aus. Wie anders wäre es zu verstehen, wenn in einem Bericht der amerikanischen Zeitung „Stars and Stripes“ (September 1978) der Schwarzwald-Marathon gelobt wird: „(…) Der Schwarzwald-Marathon, einer der landschaftlich schönsten und populärsten Läufe Europas, misst 42 Kilometer. Er ist der erste internationale Marathon, der Kategorien für Frauen (1968) und Jugendliche (1977) anbietet (…)“ („… The Black Forest Marathon, one of the most scenic and popular runs in Europe, measures 42 kilometers.
It is the first international marathon to have categories for women (1968) and teenagers (1977) …“).
Der Schwarzwald-Marathon bleibt nunmehr seit vier Jahrzehnten seiner Linie treu, eine breit gefächerte Läuferklientel anzusprechen – auch wenn Werner Freytag, der jahrelang die Dokumentationen zum Lauf erstellte, 1985 bemängelte, dass „(…) in den letzten Jahren (…) der Eindruck entstanden (ist) (…) der Schwarzwald-Marathon sei in erster Linie eine Breitensportveranstaltung. Diese Einschätzung hat (…) ihre Berechtigung, wird aber (…) dem Veranstalter doch nicht ganz gerecht, starten doch nach wie vor Spitzen-Athleten, wenn auch nicht mehr in so großer Zahl wie in den ersten Jahren (…)“
Ein Mann der ersten Stunde, Roland Mall, suchte sehr früh Allianzen, um den Marathon-Gedanken und natürlich die eigene Veranstaltung voran zu bringen. Nicht etwa nur bei den sportlich aktiven Männern mittleren Alters. Mall erkannte die Frauen und älteren Männer sowie ausländische Läufer als bedeutende Klientel. Deutlich wird dies darin, dass sich bereits 1968 Damen beim Schwarzwald-Marathon melden durften, obgleich vom Deutschen Leichtathletik Verband (DLV) nicht offiziell erlaubt. Nachdem der DLV den ersten (inoffiziellen) Frauenlauf 1968 nicht moniert hatte, waren die Damen 1969 in den Antrag zur Veranstaltung einbezogen worden (Schreiben vom 10. Juli 1974 von Roland Mall an BLV-Sportwart Hans Motzenbäcker). DLV-Sportwart Fallack hatte damals die Genehmigung hierzu erteilt. Mall beruft sich bei der Befürwortung des Frauenmarathons auf Erfahrungen „(…) mit den finnischen Lotta-Mädchen im letzten Krieg (…)“. Diese Erfahrungen hatte er als Sportwart und Trainer der Ski-, Schwimm- und Leichtathletikabteilung 1948 in die Praxis übernommen. Er habe Feld-, Wald- und Wiesenläufe mit den Mädchen über zehn bis 20 Kilometer durchgeführt, ohne dass es dabei zu Ausfällen gekommen sei.
Der DSV hatte daraufhin 1951 den Damen-Skilanglauf in dessen Programm aufgenommen und Meisterschaften ausgeschrieben. Dies geschah eineinhalb Jahrzehnte bevor Dr. van Aaken sich theoretisch mit dem Langstreckenlauf der Frauen befasste.
Ein weiterer Schritt, die weibliche Läuferklientel für den Schwarzwald-Marathon zu sichern, waren die Bemühungen Malls, den Frauenmarathon sportmedizinisch abzusichern. Er hatte 1969 bei einem medizinischen Kongress in Freiburg die Idee eines Sportpasses vorgebracht und den Kontakt zu Professor Ernst Jokl (UNESCO-Präsident, University of Kentucky, Lexington, Kentucky) gesucht, der sich mit Alterssport und möglichen Todesfällen beim Laufen beschäftigte.
Die Sportmedizin zeigte weiter Interesse am Schwarzwald-Marathon. Bereits vor 1978 begleitete die Abteilung Sport- und Leistungsmedizin des Klinikums der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg die Veranstaltung wissenschaftlich und hatte auch 1978 wieder über Dr. Georg Huber bei einem Vortrag zum Thema „Läufer leben länger“ am 21. April 1978 in Bad Dürrheim mit dem LSG-Vorsitzenden Helmut Schofer Kontakt aufgenommen. Schofer stellte dem Institut aktive Langstreckenläufer über 35 Jahre in Aussicht, die bereit waren, sich für Untersuchungen zur Verfügung zu stellen.
Die Organisatoren waren von Anfang erfolgreich im Bemühen um Internationalität, und dies bereits beim 2. Schwarzwald-Marathon 1969. Das Ausschreibungsheft war auf deutsch und französisch aufgelegt. Von 1971 bis 1973 wurde die Ausschreibung erweitert um englisch. Italienisch wurde von 1974 bis 1976 aufgenommen, danach tauchte bis 1980 in den Auschreibungsheften nur noch deutsch, englisch und französisch auf. Seit 1981 ist die Ausschreibung weitgehend in deutsch gehalten. Erstmals erfolgte 1983 die Ausschreibung in Faltblatt-Form.
Roland Mall lag von Anfang an richtig mit seiner Initiative. Die Beteiligung an der Auftaktveranstaltung des Schwarzwald-Marathons in Bräunlingen am 5. Oktober 1968 war enorm: 653 Läufer und 51 Läuferinnen aus fünf Nationen hatten sich gemeldet. Als erste Marathon-Siegerin der Welt schrieb sich Marthel v.d. Berge (Münster/Westfalen; 4:19,57) in die Bestenliste ein. Bei den Herren siegte Peter Bhend (Schweiz; 2:36,05). Mall konnte zudem 1970 auf die Unterstützung der Interessengemeinschaft älterer Langstreckenläufer (IGÄL) bauen. In einem Telegramm (11. Oktober 1970) des IGÄL-Vizepräsidenten an den Donaueschinger heißt es: Herzlichen Dank „(…) für diese großartige Veranstaltung, die sich würdig in die große Reihe der internationalen europäischen Marathonläufe einreiht!
Die internationale Schwarzwald-Marathonveranstaltung ist zahlenmäßig die größte auf dem europäischen Kontinent und die bedeutungsvollste im Hinblick auf den Volkssportcharakter (…) Roland Mall ist ein europäischer Pionier für eine echte Ausweitung des Volkssportgedankens.“
Bereits 1970 erntete der Schwarzwald-Marathon weitere Anerkennung.
Mit dem Alain Mimoun Marathon-Nationencup (Sieger Deutscher Leichtathletikverband) und dem Dr. Paul Martin Marathon-Seniorencup (Svenska Marathon Sällskapet Stockholm) wurden zwei internationale Preise ins Programm aufgenommen. Beinahe unglaublich, welche Bedeutung der Lauf innerhalb von nur drei Jahren erreicht hatte. Erstmals nahmen mehr als 1000 Läufer teil, die Presse (Badische Zeitung, 12. Oktober 1970) sprach von rund 1200 Läufern und von der größten Marathonveranstaltung der Welt (Boston 1152 Teilnehmer). Der Erfolg des Schwarzwald-Marathons hielt an: Zum Coupe des Nations (Alain Mimoun) und dem Coupe der Senioren (Dr. Paul Martin) gesellte sich 1971 der Militär-Marathonpokal General Thofelt, Schweden (1928 Amsterdam). Diese drei Cups der Olympiasieger wurden allerdings nur noch 1972 gemeinsam bei einer Veranstaltung vergeben. Danach ersetzt die Fürstenberg Marathon-Trophy für internationale Clubteams den Coupe des Nations (Alain Mimoun).
1974 kam für ein Jahr der Damen-Länderpreis Helmut-Rang-Pokal hinzu. 1976 und 1977 waren Cupstifter: S.D. Joachim Fürst zu Fürstenberg – Clubteams Männer; der Schwarzwald-Baar-Kreis – Clubteams Frauen; General Thofelt, Präsident des Nationalen Olympischen Komitees von Schweden, Präsident der UIPMB – Club für Militärteams; die Stadt Bäunlingen – Clubteams über 40 Jahre; Otto Brühlmann, Zentralvorstandsmitglied: Schweizerischer Leichtathletikverband – Tagessiegerin; die Stadt Donaueschingen – Tagessieger. 1979 kam der Marthel v. d. Berge-Preis (1. Marathonsiegerin der Welt) hinzu. Auch die Einführung des Deutschen Marathon-Testabzeichens 1971 war ein Meilenstein. Der Erfolg hielt an und erreichte 1978 mit 106 gemeldeten Mannschaften in den vier Cupkonkurrenzen ein internationales Rekordergebnis. Bis 1977 hatten seit Veranstaltungsstart 1968 insgesamt 16526 Läuferinnen und Läufer am Schwarzwald-Marathon teilgenommen. Im Jahr 2000 wurden die Fürstenberg-Marathon-Trophy für Männermannschaften, die Schwarzwald-Marathon-Trophy für Frauenmannschaften und der Bräunlinger Marathon-Cup für Senioren ab Jahrgang 1960 und älter ausgetragen.
Der DLV hatte 1974 durch eine Verbandsinitiative des Vorsitzendens des Badischen Leichtathletik Verbandes (BLV) H. Rang als zweiter Landesverband der International Association of Athletics Federations (IAAF) den Marathonlauf der Frauen in dessen Programm aufgenommen, allerdings noch ohne Meisterschaft. Der Schwarzwald-Marathon hatte eine derart gute Reputation, dass 1974 die Weltpremiere eines Frauen-Marathon Länderkampfes veranstaltet werden durfte.
BLV-Kreisvorsitzender Rolf Rapp hatte 1974 bei einer Kreisversammlung angefragt, ob die Sportvereinigung Donaueschingen (SVD) die „1. Deutsche Marathonmeisterschaft für Frauen“ übernehmen wolle. Daraufhin hatte sich die SVD am 5. März 1974 um die Ausrichtung dieser Veranstaltung im Jahr 1975 beworben – eine Weltpremiere. Hervorgehoben wurde, dass der Schwarzwald-Marathon seit 1968 (inoffiziell) Marathonläufe für Frauen durchführe. Daraus resultiere eine bereits dreistellige Damen-Kartei. Die Damenzulassung habe die Veranstaltung international bekannt gemacht, unter anderem gebe es Meldungen aus den USA (mit Genehmigung der Amateur Athletic Union (AAU)). Seit 1972 bediene man sich der elektronischen Auswertung der Ergebnisse. Als Manko wurden zwar die 300 Meter Höhenunterschied zwischen Start und Kilometer 14 angesehen, diese würden jedoch durch den hohen Ozongehalt in 860 Meter über NN in etwa ausgeglichen. Angeregt wurden eine Qualifikationszeit von 4:40 Stunden, eine international offene Ausschreibung sowie die Herabsetzung des Alters auf 18 Jahre. Wegen Unklarheiten bei der Ausschreibung bat Roland Mall im Juli 1974 BLV-Sportwart Hans Motzenbäcker um Unterstützung, die 1. Deutsche Damen-Marathonmeisterschaft durchführen zu dürfen.
Ende 1974 war weitgehend klar, dass die SVD die „1. Deutsche Marathonmeisterschaft für Frauen“ übernehmen könnte. Roland Mall sagte Hans Motzenbäcker rund neun Monate vor der achten Auflage zu, die Veranstaltung übernehmen zu können. Mall regte eine Startmöglichkeit ab 18 Jahren an. Das bei Männern vorgeschriebene Alter von 21 Jahren hielt er für überholt. Zudem regte er eine Altersklasseneinteilung von zehn Jahren an, die neue DLV-Regelung mit fünf Jahren bei aerobischen Dauersportarten sei nicht aktuell. Mit dem Computer 6001 von Kienzle würde es keine Schwierigkeiten bereiten, die Meisterschaftsbewerberinnen eine Stunde vor dem Start zum 8. Schwarzwald-Marathon starten zu lassen.
Der Schwarzwald-Marathon erhielt schließlich für den 11./12. Oktober 1975 den Zuschlag. Ehrengäste waren u.a. Baden-Württembergs Ministerpräsident Dr. Hans Filbinger, Regierungspräsident Dr. H. Person, Ilse Bechthold (DLV-Vizepräsidentin), Hans Axmann (DLV-Breitensportwart) und Landrat Dr. Gutknecht. Siegerin dieser „1. Deutschen Marathonmeisterschaft für Frauen“ und Baden-Württembergischen Frauenmeisterschaft am 11. Oktober 1975 wurde Christa Vahlensieck (TV Barmen; 2:45:43).
Die erfolgreiche Organisation vermochte es schließlich, 1976 den Schwarzwald-Marathon als eine Veranstaltung des Badischen Leichtathletikverbandes (Kreis Villingen-Donaueschingen) zu plazieren.
Ein weiterer Meilenstein war die Einbeziehung der Jugend und Schüler 1977. Beim DLV-Verbandstag wurde eine durch Landessportwart Motzenbäcker und H. G. Siegeris (TV Pfaffenweiler) beantragte Jugend- und Schülermeisterschaft im Rahmen des Schwarzwald-Marathons amtlich zugelassen. Zur „1. Jugend- und Schülermeisterschaft“ am 9. Oktober 1977 waren 49 Jugendliche, darunter sechs Mädchen, gemeldet. 1984 erfolgte eine Neuregelung der Jugendstarts durch den DLV. Roland Mall bemängelte die Einschränkungen des DLV (nur noch die A-Jugend durfte starten, die B-Jugend nur nach Nachweis auf Grundlage der Deutschen Leichtathletik-Ordnung (DLO), wenn eine Qualifikation einer Deutschen Jugend-Meisterschaft erfolgt war). Diese Zäsur werde zur Folge haben, dass der Schwarzwald-Marathon in den deutschen Bestenlisten kaum mehr in Erscheinung treten werde.
Ende der 70er Jahre hatte der Schwarzwald-Marathon den Zenit erreicht, gemessen an der Teilnehmerzahl. 2509 Meldungen waren 1978, dem Jahr des Großen Preises der internationalen Schwarzwald-
Meisterschaft (ein weiteres Mal 1979) bewältigt worden. Der Läuferboom jener Tage hatte natürlich weitere Veranstaltungen aus dem Boden schießen lassen. So kam es 1978 auf BLV-Ebene zu Diskussionen, ob sich das Starterfeld beim Schwarzwald-Marathon auf geringerem Niveau wie die Jahre zuvor, bei etwa 2000, einpendeln sollte. Bernd Schmitz, Vorsitzender des Hegau-Kreises, hatte den Wunsch nach mehr Veranstaltungen wie etwa dem Nürburgringlauf geäußert, der 1979 zum zweiten Mal ausgetragen werden sollte.
Schmitz war der Meinung, dass dieser Lauf 1979 durchaus am gleichen Tag wie der Schwarzwald-Marathon ausgetragen werden könnte. Vermutlich Roland Mall schrieb 1978 an BLV-Pressewart Werner Freytag, dass ein um 25 bis 28 Prozent niedrigeres Meldeergebnis beim Schwarzwald-Marathon wegen des großen Organisationsaufwands nicht akzeptabel sei. Bereits seit 1974 seien 2000 Meldungen stets übertroffen worden. Es komme auf eine sportgerechte Abwicklung der Organisation und die Abgrenzung zum Spektakel an. Die absolute Läuferzahl sei nicht primär. Werner Freytag bestätigte die Meinung Malls.
In den 80er Jahren erkannten die Organisatoren, dass der Schwarzwald-Marathon nur dann dauerhaft überlebensfähig bleiben kann, wenn für Teilnehmer neue Anreize geschaffen und das Management noch professioneller werden würde. Als Wertungslauf des 1. Nationalen Spiridon-Cups im Straßenlauf wurde der Schwarzwald-Marathon 1980 aufgenommen, ein Jahr später werden die Baden-Württembergischen Meisterschaften ausgerichtet.
1983 kam es zu den Süddeutschen Meisterschaften und den Baden-Württembergischen Meisterschaften.
https://www.schwarzwald-marathon.de/
Schwarzwald Marathon
wird fortgesetzt…
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unter GRR Historie:
Schwarzwald Marathon 40 Jahre