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28
10
2007

Zu dem Sound von „Congratulations“, einem 60er-Jahre Hit von Cliff Richard, laufen wir gemeinsam die letzten Meter bis zur Ziellinie

Ein einzigartiges Marathon-Jubiläum: Bernd Hübner ist beim BERLIN-MARATHON immer dabei – Jetzt lief er seinen 100. Marathon in Berlin – Dr. Detlef Kuhlmann in CONDITION

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Der Berliner Bernd Hübner bestritt am Sonntag, dem 30. September den 100. Marathon seines Lebens. Das verdient Anerkennung und war super getimt: Bernd Hübner lief den 100. nämlich beim 34. real,- BERLIN-MARATHON … jenen größten Marathonlauf in Deutschland, den Bernd Hübner selbst als einziger Läufer der Welt von Beginn an immer mitgemacht hat.
Detlef Kuhlmann, ein langjähriger Freund von Bernd Hübner und selbst Marathonläufer, hat den Jubilar auf den 42, 195 km durch die Hauptstadt begleitet und seine Geschichte vom 100. Marathon exklusiv für CONDITION aufgezeichnet:

In einem solchen Moment möchte man am liebsten die Zeit für immer anhalten. Bei km 42 kurz hinter dem Brandenburger Tor und wenige Meter vor dem Ziel, auf der Straße des 17. Juni kommt Horst Milde, der Erfinder und langjährige Race Director des BERLIN-MARATHON plötzlich auf mich zu gerannt und überreicht mir einen Lorbeerkranz.
Zu dem Sound von „Congratulations“, einem 60er-Jahre Hit von Cliff Richard, laufen wir gemeinsam die letzten Meter bis zur Ziellinie. Freudentränen kullern. Ich kann sie nicht verbergen. Ich will sie gar nicht verbergen. Ich genieße die Leichtigkeit der letzten Schritte gemeinsam mit Horst, der den BERLIN-MARATHON zu dem machte, was er heute ist. Vor der Ziellinie wird mir ein Mikrophon gereicht: Ich soll meine Eindrücke schildern. Ich danke. Ich danke allen, die mich auf meinem Weg zu diesem 100. Marathon 33 Jahre lang begleitet und unter-stützt haben.

Dabei hatte der Tag wie immer bei einem der 33 BERLIN-MARATHON zuvor begonnen. Alles reine Routine: 5.30 Uhr Aufstehen. Mein Wettkampfgewicht beträgt 64,0 kg; meine Körpergröße von 1,76 cm hat sich über Nacht auch nicht verändert. Frühstück mit etwas Kaffee, fünf Scheiben Toast belegt mit einer Banane und Honig. In der S-Bahn am Mexikoplatz finden wir Sitzplätze. Die Beine haben noch genug zu tun, sollen sich ruhig noch ein Weilchen ausruhen, bevor es endlich losgeht. Tolle Stimmung schon im Startblock F. Kurz vor dem Start ertönt „Chariots of fire“ von Vangelis. Gänsehaut pur!

Der Startschuss fällt. Meine Laufreise beginnt. Langsam. Bei der Läuferdichte will gerade am Anfang jeder Schritt sicher gesetzt sein. Nicht auszuden-ken, wenn ich ausgerechnet beim 100. mit einer Verletzung aufgeben müss-te, nur weil mir einer von hinten in die Hacken tritt. Ich habe zum ersten Mal meine Digital-Camera dabei und versuche aus Läufersicht die Stimmung per Bild einzufangen. Dann die ersten bekannten Gesichter in Kreuzberg. Hübi-Rufe erklingen – kurz stehen bleiben für ein Erinnerungsfoto. Unterwegs gratulieren zahlreiche Läufer zum 100. Marathon – ein geiles Gefühl – die Stimmung an der Strecke ist wunderbar.

Am Hermannplatz in Neukölln reißt die Wolkendecke auf und die Sonne lässt sich kurzzeitig blicken. Samba-Bands – Jazzbands heizen uns ordentlich ein. Unter der S-Bahn-Brücke am Innsbrucker Platz steppt der Bär. Es wird getrommelt und schallt in höchster Phonstärke den Läufern entgegen. Wenige Meter weiter ist Party im 1. Stock eines Miethauses angesagt. Wir winken uns zu, kennen uns gar nicht – cool. Auf der Hauptstraße in Steglitz wartet meine Frau Moni mit einer Cola auf mich, kurz danach erfahren wir, dass Haile Gebrselassie neuen Weltrekord (2:04:26 Std.) gelaufen ist. Wahnsinn!
Vor uns liegen noch 18 km, aber die Zeit ist mir heute egal. Ich will nur finishen und die Stimmung genießen. Immer wieder feuern mich Zuschauer mit „Hübi-Rufen“ an. Einmalig. Es macht richtig Spaß heute zu laufen. Am Wilden Eber gebe ich ein Interview für die ARD. Wir müssen uns allerdings zwei Minuten gedulden, bis wir auf Sendung sind. Macht nichts. Hunderte Läufer ziehen vorüber. Bei Km 40 noch ein ARD-Interview, diesmal mit Werner Damm.
Die letzten 195 Meter .. die Stimmung ist auf dem Siedepunkt … von den Tribünen erschallen „Hübi-Rufe“ …

Dieser 100. Marathon ist nun zu Ende. Er hätte ewig dauern können. Doch den Gefallen tut er mir nicht. Jetzt muss ich selbst erst einmal begreifen, was ich hier und heute erleben durfte. Unvergleichbar und unvergesslich. Selbst die Szenen danach: Auf der Bühne am Brandenburger Tor die Ehrung für 100 die Marathonläufe, die Aufnahme von 110 neuen Jubilee-Club-Mitgliedern, die heute zehnmal BERLIN-MARATHON gefinisht haben.
Gegen Mitternacht die Abschlussparty mit dem neuen Weltrekordler Haile Gebrse-lassie. Ich immer noch mittenmang …

Und wie geht’s nun weiter? Der BERLIN-MARATHON ist die Blue Line meines Lebens. Das ist seit 33 Jahren so. Das soll auch weiterhin so bleiben. Die ersten 100 Marathons sind geschafft. Jetzt können die nächsten Hundert kommen. Ich möchte alle Marathonläufe so intensiv genießen wie mei-nen 100. Wie heißt es doch so schön: Erlebnis steht über dem Ergebnis.
Deswegen ganz am Ende, wenn es denn überhaupt jemanden noch interessiert, meine mit dem Chip offiziell gemessene Zeit: 4:15:57 Std.

BERND HÜBNER , kam über den Rudersport zum Laufen.

Als am 13. Oktober 1974 am Rande des Grunewalds der 1. BERLIN-MARATHON gestartet wurde, war der heute 60-jährige (Bestzeit 2:27:04 Std.) schon dabei … und wollte dort eigentlich nie wieder mitlaufen: Jetzt ist der gebürtige Neuköllner der einzige Läufer der Welt, der immer dabei war … und noch viele weitere Jahre beim BERLIN-MARATHON dabei sein möchte.
Bernd Hübner, von seinen Freunden und Fans nur „Hübi“ gerufen, ist auch in mehreren Funktionen ehrenamtlich für den Laufsport tätig: Er selbst organisiert in Berlin einen Sonntagslauftreff für jedermann und jedefrau, veranstaltet für den Verein PRO Sport Berlin 24 e.V. den Havellauf am Wannsee, einen der schönsten Landschaftsläufe Deutschlands, und darüber hinaus ist „Hübi“ ehrenamtlich bei SCC RUNNING zuständig für den sog. Jubileeclub, in dem alle diejenigen „kostenlos und lebenslänglich“ Mitglied werden können, die mindestens zehnmal den BERLIN-MARATHON gefinisht haben.
Bernd Hübner ist mit seinen 34 Teilnahmen – wenn man so will – der „Alterspräsident“ des Jubileeclubs, zu dem mittlerweile knapp 2.000 Läuferinnen und Läufer gehören. Zusammen mit Prof. Dr. Detlef Kuhlmann hat Bernd Hübner im letzten Jahr seine Laufbiografie als Buch veröffentlicht (Meyer & Meyer: Aachen 2006).

Der Titel lautet: „BERLIN-MARATHON. Eine Liebeserklärung“. Das Nachwort dafür hat Horst Milde, der langjährige Race Director des BERLIN-MARATHON verfasst. Darin heißt es an einer Stelle: „Bernd Hübner ist unverzichtbar mit seiner großen Hilfswilligkeit bei allen Aktivitäten und Veranstaltungen für den Laufsport in Berlin und die Laufbewegung ganz allge-mein.
Das macht Bernd Hübner für den Veranstalter, die Medien, die Öffent-lichkeit und die Zuschauer sehr wertvoll und unvergleichlich

Dr. Detlel Kuhlmann
CONDITION 10/2007

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